Kirchheim

Der Chor bleibt bis zum Herbst verdunkelt

Martinskirche Die Außensanierung bleibt sowohl im Kosten- als auch im Zeitplan. Nur die Chorfenster fallen aus dem Rahmen – in jeder Hinsicht. Von Andreas Volz

Ein provisorisches Triptychon sorgt für Licht und Farbe vor dem verdunkelten und „verbauten“ Chor der Kirchheimer Martinskirche.
Ein provisorisches Triptychon sorgt für Licht und Farbe vor dem verdunkelten und „verbauten“ Chor der Kirchheimer Martinskirche. Die Scheiben der Mittelfenster lagern derzeit in Würzburg.Foto: Carsten Riedl

Innen oder Außen? Mitunter wechseln die Perspektiven schnell. Das gilt auch für die Sanierung der Kirchheimer Martinskirche. Aktuell wird an der zweiten Hälfte des zweiten Bauabschnitts gearbeitet: Nach dem Dach als erstem Bauabschnitt ist jetzt die Außensanierung an der Reihe. Diese stellt den zweiten Bauabschnitt dar, und das Gerüst ist längst vom Norden in den Süden „gewandert“. Sobald auch dort alle Steine saniert oder gar ausgetauscht sind, ist für die Martinskirche also der zweite große „Brocken“ geschafft. Was dann noch folgen soll, ist die Innensanierung.

So weit die Theorie, die in der Praxis bereits überholt zu sein scheint. Denn schon seit Januar haben Kirchenbesucher das Gefühl, als sei die Innensanierung bereits in vollem Gange: Fast der gesamte Chor - eines der ältesten erhaltenen Bauwerke Kirchheims - ist mit einem raumhohen Gerüst verstellt. Lediglich an der Kanzelseite ist noch „Luft“ vorhanden. Zumindest sind die beiden Epitaphe für die einstigen Obervögte Konrad Widerholt und Sebastian Welling noch frei sichtbar.

Mit der Sicht ist das allerdings so eine Sache, denn der gesamte Chor ist abgedunkelt. Das liegt daran, dass ihm die natürliche Lichtquelle entzogen wurde: Die drei mittleren Chorfenster, die aus den Jahren 1883 beziehungsweise 1904 stammen, sind derzeit in eine Würzburger Werkstatt ausgelagert. Übergangsweise wurden die Scheiben durch Bretter ersetzt.

Ursprünglich war geplant, die Glasfenster bereits im Mai wieder einzusetzen. Das verzögert sich nun aber bis Ende Oktober oder Anfang November. Einerseits ließ sich jetzt erst durch genauere Untersuchungen in Würzburg feststellen, dass die Scheiben weitaus stärker sanierungsbedürftig sind als zunächst angenommen. Andererseits gibt es noch ein völlig unerwartetes Problem, wie Pfarrer Jochen Maier berichtet: „Das Maßwerk ist stark beschädigt, also der Stein. Es war zwar vorgesehen, dass man auch das Maßwerk sanieren muss, aber längst nicht in dem Umfang.“

Marketing-Berater Werner Dresel ergänzt: „Spannend wird das beim Wiedereinsetzen. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass die Öffnungen im Stein nicht immer passgenau waren. Manche Scheiben waren da seit über hundert Jahren regelrecht ,reingequetscht‘.“ Bis zum Wiedereinsetzen vergeht nun allerdings wesentlich mehr Zeit als gedacht. Deshalb lässt sich auch die beabsichtige Ausstellung zur Reformationsgeschichte im Herbst nicht im Chor der Martinskirche verwirklichen. Ausweichquartier soll das Kornhaus werden.

Es gibt derzeit also viel Improvisation. Das gilt auch für die bunten Fenster, die ebenfalls einen befristeten „Ersatz“ erhalten haben: Gemeinsam mit Konfirmanden sowie mit weiteren interessierten Gemeindemitgliedern hat Pfarrer Maier ein neues Triptychon geschaffen - drei großflächige, hochformatige Bilder, die eher abstrakt gehalten sind und vor allem durch ihre Farben wirken. Trotzdem haben die Bilder auch eine inhaltliche Aussage, die den Titeln durchaus gerecht wird: Die „Mitte des Lebens“ wird flankiert von den „Brüchen des Lebens“ (links) und vom „Fluss des Lebens“.

Das alles passt sogar zur Kirchensanierung: Mit dem zweiten Bauabschnitt ist diese in der Mitte angekommen - und nach wie vor ist alles im Fluss. Bleibt nur zu hoffen, dass es keine allzu großen Brüche gibt. Die Hoffnung ist bislang berechtigt: Zumindest bei den Kosten sind keine Ausreißer durch die Chorfenster zu befürchten. „Die werden zwar teurer“, sagt Jochen Maier, „aber insgesamt dürften wir im Rahmen bleiben, weil die Außensanierung an anderen Stellen günstiger ausfällt.“

Und die Innensanierung? Trotz des Gerüsts im Inneren des Chors fallen die Fenster komplett unter das Stichwort „Außen“. Die Innensanierung hat also noch gar nicht begonnen. Erste konkrete Überlegungen dazu sollen im Sommer starten. Dabei geht es um Konzeptionelles - um alles, was über die „notwendigen Arbeiten“ wie Elektrik, Beleuchtung, Beschallung oder Heizung hinausgeht. Nur so viel ist sicher: Der dritte Bauabschnitt soll möglichst schnell folgen, wie Jochen Maier anmerkt. „Vom Oberkirchenrat wurden wir angemahnt, gerade wegen der Elektrik die Innensanierung nicht weit aufzuschieben.“