Kirchheim

Ein Turbo für die 112

Rettungsdienst Feuerwehr und DRK schließen mit der gestrigen Inbetriebnahme ihrer integrierten Rettungsleitstelle eine Sicherheitslücke im Kreis. Knapp 1,9 Millionen Euro für neue Datentechnik. Von Bernd Köble

Der Buzzer ist nur Attrappe. In der integrierten Leitstelle in Esslingen läuft seit 18. Januar der Probebetrieb. Landrat Heinz E
Der Buzzer ist nur Attrappe. In der integrierten Leitstelle in Esslingen läuft seit 18. Januar der Probebetrieb. Landrat Heinz Eininger (links) und Esslingens OB Jürgen Zieger (rechts) bei der Inbetriebnahme mit Vertretern von Feuerwehr, DRK und Landratsamt.Foto: Carsten Riedl

Der Rems-Murr-Kreis hat vor knapp zwei Jahrzehnten den Anfang gemacht. Gestern hat der Kreis Esslingen als einer der letzten im Land nachgezogen. Die integrierte Rettungsleitstelle von DRK und Feuerwehr, die gestern offiziell ihren Betrieb aufnahm, verspricht mehr Sicherheit und schnellere Hilfe in Notfällen. Wenn im März in Bruchsal die letzte Einrichtung auf die neue Technik umstellt, wird das Netz in Baden-Württemberg vollends geschlossen sein.

Seit Beginn des Probebetriebs am 18. Januar heißt es in der Esslinger Leitstelle neben dem Landratsamt: miteinander statt nur nebeneinander. Hand in Hand arbeiten DRK und Feuerwehr bereits seit 2008. Seit dem Umzug aus der Stadt in die neue Feuerwache in den Pulverwiesen sitzen beide Partner im selben Raum. Das Problem: Die europaweit geltende Notrufnummer 112 konnte bisher nur an vier Arbeitsplätzen der Feuerwehr entgegengenommen werden. Die Kollegen des DRK arbeiteten mit eigener Datentechnik, die lediglich mit der direkten Rufnummer oder denen für den ärztlichen Notdienst oder den Krankentransport kommunizierte. Die Folge: Mehr als 18 000 Vermittlungen zwischen Notrufannahme und DRK-Rettung pro Jahr, die jetzt ebenso wegfallen wie mögliche Engpässe in der Notrufleitung. Etwa dann, wenn nach schweren Unfällen oder Bränden unzählige Anrufe gleichzeitig eingehen.

Landrat Heinz Eininger, der als oberster Feuerwehrchef im Kreis gemeinsam mit Esslingens OB Jürgen Zieger gestern den symbolischen Starknopf drückte, spricht vom „Flaschenhals,“ der nun beseitigt ist. Seit Januar läuft die 112, die europaweit kostenlos in jedem Mobilfunknetz funktioniert, an allen Arbeitsplätzen in der Leitstelle auf. Gleichzeitig sind nun sämtliche Mitarbeiter im selben Datennetz unterwegs und damit auch für das, was kommt, gerüstet: Das Thema E-Call, die automatische Datenübertragung von Fahrzeugen im Straßenverkehr, ist das Zukunftsthema in der Branche. Als technisch letzter Schritt soll ab Jahresmitte die Umstellung auf Digitalfunk erfolgen. Damit wären die Rettungskräfte mit der Polizei auf einer Wellenlänge, die diese Technik schon seit Längerem nutzt.

Eines ist geblieben: In der Esslinger Leitstelle wird rund um die Uhr gearbeitet. An acht Regelarbeitsplätzen, von denen tagsüber fünf und in der Nacht drei besetzt sind. Elf weitere stehen für den Katastrophenfall zur Verfügung. Auf den Monitoren tanzen Zahlenreihen und Adresszeilen, leuchten digitale Karten, die Einsatzorte und Rettungsfahrzeuge genau lokalisieren. Acht Mitarbeiter der Feuerwehr und 24 DRK-Kräfte teilen sich hier den Schichtbetrieb. Die Gesichter wirken angespannt. Im Moment ist alles ruhig, doch im Notfall muss es schnell gehen. Den Anrufer in der Leitung halten, beruhigen, Details abfragen und notfalls lebensrettende Handgriffe erklären.

Hinter den Mitarbeitern liegen 16 turbulente Monate. Technische Umrüstung, Schulungen - alles während des laufenden Betriebs. Das bedeutet: etliche Überstunden. Die lange Übergangsphase ist auch der Sicherheit geschuldet. „Experimente verbieten sich in diesem Bereich“, sagt Landrat Heinz Eininger. Warum es überhaupt so lange gedauert hat? „Wir hätten an diesem Punkt gerne schon vor zehn Jahren gestanden“, räumt Eininger ein. Damals waren wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend. Man wollte abwarten, bis die alte Leitstellentechnik abgeschrieben war. 2015 fiel im Kreistag die Entscheidung zum Umbau. Die Investitionskosten von knapp 1,9 Millionen Euro teilen sich Kreis und DRK hälftig. Das Land schießt 280 000 Euro zu.