Kirchheim

Schreiben gegen das Vergessen

Menschenrechte Amnesty International bittet um Briefe für politische Gefangene auf den Philippinen, in Äthiopien und im Iran.

Kirchheim. Amnesty fordert in vielen Ländern dazu auf, an Regierungen Briefe zu schreiben. Internationale Appelle können so dazu beitragen, die Freilassung von Gefangenen zu erreichen oder die Haftbedingungen zu erleichtern. Auch das Verbleiben spurlos verschwundener Menschen konnte so schon aufgeklärt werden. Im Oktober ist die Kampagne für Gefangene auf den Philippinen, in Äthiopien und im Iran.

Am 5. März 2010 wurde Darius Evangelista unter Raubverdacht festgenommen. Zeugen gaben an, Zivilkräfte hätten ihn zu einer Polizeiwache in Manila gebracht. Mithäftlinge hörten aus dem Raum, in den er geführt wurde, Schreie. Später sei Darius Evangelista in das Büro eines hochrangigen Polizisten gebracht worden. Als man ihn abführte, soll ein Polizist gesagt haben: „Seht zu, dass ihr ihn loswerdet“. Dies war das letzte Mal, dass Evangelista gesehen wurde.

Im August 2010 wurde im Fernsehen ein Video ausgestrahlt, das Darius Evangelista nackt auf dem Boden liegend und sich vor Schmerzen krümmend zeigte, während ein Polizeibeamter immer wieder an einer Schnur zog, die an seinen Genitalien befestigt war. Andere Personen, darunter auch uniformierte Polizeibeamte, sahen zu. Wegen der großen Aufmerksamkeit leitete die Behörde für interne Polizeiangelegenheiten eine Ermittlung ein. Lediglich ein hochrangiger Polizist wurde aus dem Dienst entlassen, zwei weitere Polizisten für 60  Tage suspendiert. Drei mutmaßliche Tatverdächtige befinden sich weiterhin auf freiem Fuß.

Der Journalist Eskinder Nega wurde im September 2011 in ­Äthiopien festgenommen, nachdem er regierungskritische Artikel geschrieben hatte, in denen er den Schutz der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit forderte. Im Juni 2012 wurde er wegen terroristischer Straftaten schuldig gesprochen und zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Nega ist den Behörden schon lange ein Dorn im Auge. Er wurde bereits acht Mal aufgrund seiner Arbeit als Journalist festgenommen. Sowohl er als auch seine Frau Serkalem Fasil, die ebenfalls Journalistin ist, waren zwischen 2005 und 2007 inhaftiert. Serkalem Fasil brachte im Gefängnis ihren Sohn Nafkot zur Welt.

Vor seiner Festnahme hatte Eskinder Nega eine Rede gehalten. Er sprach dabei über die Notwendigkeit, friedlich für Reformen zu demonstrieren und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass „dieses Jahr das Jahr sein könnte, in dem Äthiopier nicht mehr aufgrund ihrer politischen Überzeugungen inhaftiert werden“. Amnesty International betrachtet Nega als gewaltlosen politischen Gefangenen und geht davon aus, dass er nur aufgrund seiner Tätigkeit als Journalist inhaftiert wurde. Das Verfahren gegen ihn wies grobe Unregelmäßigkeiten auf. So wurde ihm der Zugang zu seinem Rechtsbeistand und seinen Angehörigen zu Beginn seiner Inhaftierung verweigert.

Der Menschenrechtsanwalt Abdolfattah Soltani musste am 7. Juni 2016 in das Teheraner Gefängnis zurückkehren, nachdem er wegen des Todes seiner Mutter kurz entlassen worden war. Zuvor hatte Soltani die Haftentlassung mehrmals beantragt, um Zeit mit seiner Mutter verbringen zu können, doch die Gefängnisbehörden hatten die Entscheidung stets hinausgezögert. Da er im Gefängnis nicht angemessen medizinisch versorgt wird, befürchten seine Ärzte, dass Abdolfattah Soltani einem erhöhten Herzinfarktrisiko ausgesetzt ist. Soltani leidet zudem an einem Bandscheibenvorfall und an Verdauungsstörungen, weshalb er 2013 in die Notaufnahme eingeliefert werden musste. Seine Frau beantragt fast wöchentlich eine vorübergehende Haftentlassung aus gesundheitlichen Gründen. Soltani wurde 2012 unter anderem wegen „Verbreitung von Propaganda gegen das System“ und „Gründung einer illegalen Gruppe“ zu 13 Jahren Haft verurteilt. Die Vorwürfe beziehen sich auf seine Menschenrechtsarbeit. pm

Info In allen Fällen bittet Amnesty International um Briefe an die entsprechenden Stellen. Vorformulierte Briefe können im Weltladen in der Dettinger Straße abgeholt werden.