Kirchheim

Unwetter verschonen Musiknacht

8 000 Gäste pendeln trotz Regens begeistert zwischen 68 Bands und 50 Bühnen

Die Musiknacht am Samstag ist mit einem „Blauen Auge“ davon gekommen. Allen Wetterkapriolen zum Trotz verregnete es den Kirchheimern ihr größtes Fest nur mittelmäßig.

Musiknacht 2016
Musiknacht 2016

Kirchheim. Die Megaparty in der Kirchheimer Innenstadt lockte 8 000 Besucher an – und die feierten und tanzten bis in die Morgenstunden. Voice-of-Germany-Teilnehmer John Noville spielte mittags bei fast „karibischen Temperaturen“ Reggae-Musik vom Feinsten. Auch am Abend sah zunächst alles bestens aus, die Sonne zeigte sich mitsamt einer Spur von blauem Himmel. Über den aufziehenden grauen Wolken spannte sich östlich der Innenstadt ein prächtiger Regenbogen. Die Straßen und Gassen waren proppevoll, die Musiknacht brummte.

Als nach 20 Uhr der Regen kam, zeigte sich schnell, dass die Gastronomen und Locations mit Pavillons oder Zelten das große Los gezogen hatten. Die Besucher drängten sich unter allem, was irgendwie Schutz vor dem Regen bot, vor allem unter Arkaden und noch dem kleinsten Fenstervorsprung. Unter den Pavillons der Ton- und Lichttechniker ballten sich Menschentrauben, was manchmal den Sichtkontakt zwischen Bühne und Technik erschwerte, der Show aber nicht weiter schadete. Trotz Regenschirmen und durchnässter Klamotten war die Stimmung bei den Besuchern hervorragend, ausgelassen und fröhlich. Da wurde mitgegroovt, gesungen und gewippt, die Musik riss die Leute mit. Wurscht, was da von oben kommt! Kirchheim tanzte sogar auf Tischen und Bänken.

 Fast 70 Bands auf 50 Bühnen, das war wieder einmal einzigartig. Die Veranstalter Andreas Kenner und Michael Holz bewiesen wie jedes Jahr ein glückliches Händchen bei der Auswahl unter all den Gruppen, die sich um die Musiknacht rissen. Als „gesetzt“ galten Highlights wie die „Bang Bags“, die mit ihrer Rock ‘n Roll Show auf der Open-Air-Bühne vor dem Stadtkino Party machten.

Rappelvoll bis spät in die Nacht war es auch auf dem „Platz der kleinen Freiheit“ bei der Stiftsscheuer. Erster Einheizer hier: Calo Rapallo, seit 30 Jahren einer der ganz großen Rockmusiker der Region. Später ging’s dort voll ab zur Musik der Kirchheimer Band „Tonic“.

Als 1a-Stimmungsgarant gilt „James Bomb“ aus Göppingen, eine Coverband mit Rockklassikern der 60er- und 70er-Jahre. Sie füllte den Platz vor dem „Queens“ in der Dettinger Straße. Bombenstimmung auch auf dem Schlossplatz, wo wie in jedem Jahr „Dicke Fische“ aufspielten. Sie verblüfften nicht nur mit bekannten, aber ungewöhnlich neu interpretierten Stücken, sondern auch mit ihrem effektvollen Rhythmusinstrument: einer simplen Holzkiste, auch Cajón genannt.

Frauenpower auf dem Marktplatz: Viele Fans (Männlein und Weiblein) kommen extra wegen „Miss Foxy“ zur Kirchheimer Musiknacht. Das sind vier sexy Ladys mit Musik im Blut, die unverkennbar, aber im ganz eigenen Stil Songs zum Beispiel von Pink, ­Adele oder Amy Winehouse auf die Bühne bringen. Fast schon eine Big Band brachte auf der Bühne an der „Maf“ (Rossmarkt) die Leute in Wallung. „Biko & the Damaged Labor Horns“ aus Stuttgart traten mit Rock, Blues und Soul Coversongs an und begeisterten unter anderem mit der Mega-„Röhre“ ihrer Sängerin Nicole Ebinger.

Das Schöne an der Kirchheimer Musiknacht sind aber nicht nur die teils altbekannten Musikbands aus der näheren und weiteren Umgebung, sondern auch die lokalen „Eigengewächse“. Zum Beispiel „Blurred“, die am Rabelplatz aufspielten und natürlich „Die Zwei zu Dritt“ im Stadtkino, wo sich die Fans nicht nur wetterbedingt gegenseitig auf die Füße traten. Das Kirchheimer Urgestein „Kobler & Friends“, unterstützt von David Hanselmann: auch da drangvolle Enge vor der Bühne. Irische Folk-Musik beim „Time Out“ in der Sonnenstraße, hier fiddelten die „Tecksas Tunes“, die „vom Fuße der Teck“ stammen. Der musikalischen Vielfalt bei der Musiknacht waren kaum Grenzen gesetzt – vom Schlager über Deutschrock, Pop, Rock und Jazz.

Kirchheimer Musiknacht, das ist wie ein riesiges Büffet mit unzähligen Delikatessen. Jeder sucht sich aus, was ihm schmeckt oder was er mal probieren möchte. Großer Andrang deshalb auch am Widerholtplatz, wo unter anderem „Teflon Fonfara“ mit seinen „Asian Stars“ und Weltmusik auftrat, man könnte auch sagen: indisch angehauchter Elektropop mit Didgeridoo und Tanpura (das ist eine elektrische Sitar). Für Liebhaber der leiseren Töne war der Saal im Kornhaus richtig. Dort bot „Zweivontausend“ deutsche Musik im Liedermacherstil. Und wie immer bei der Musiknacht geht der Spaß nach Mitternacht weiter: In den bekannten Party Locations rund um die Innenstadt und in der Stadthalle ging’s bei den „Zum-Schluss-Partys“ ab bis in die Morgenstunden mit bekannten DJs, in der Stadthalle mit der Gute-Laune-Band „Knutschfleck“.

 

Fotos: Torsten Wenzler

Weitere Bilder gibt es in der Fotostrecke im Internet unter der Adresse www.teckbote.de.

Musiknacht-Splitter

Andreas Kenner, einer der Musiknachtmacher, zeigte sich bei der Eröffnung vor dem Rathaus am Mittag optimistisch: „Kirchheim ist 1690 abgebrannt, 1693 war es wieder aufgebaut. Eine solche Stadt sagt doch die Musiknacht nicht wegen ein bissle Regen ab!“

8  000 Besucher zählte Musiknacht-Organisator Michael Holz trotz des Wetters. Viele kauften sich ihr Ticket aber erst an der Abendkasse. Die Geldscheine wurden aufgrund des Dauerregens ziemlich durchnässt. Holz legte kurzerhand Handtücher in seinem Büro aus und trocknete darauf das Papiergeld.

Kirchheims Oberbürgermeisterin eröffnete die 19. Kirchheimer Musiknacht zusammen mit Andreas Kenner. Angelika Matt-Heidecker war wegen der „legendären Veranstaltung“ deshalb extra tausend Kilometer aus ihrem Urlaubsort in Frankreich angereist.

Andreas Kenner spielte in alter Tradition bei den „Rumblers“ mit, seine Auftritte mit Bluesharp (Mundharmonika), hier in der wahrscheinlich dienstältesten Oldie Beatband Esslingens, sind Kult.

Michael Holz kam erst morgens um halb sieben in die Federn. Wegen des Regens kontrollierte der „Chef“ am Ende noch mal alle Bühnen und steckte selbst die Starkstromleitungen aus.