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„Es kommen weder Kriminelle noch Monster“

Stadträte vollziehen Schulterschluss und machen Weg frei für Anschlussunterbringung von Flüchtlingen

GR Kirchheim in der Stadthalle mit Flüchtlingsthematik und anderen Punkten
GR Kirchheim in der Stadthalle mit Flüchtlingsthematik und anderen Punkten

Quer durch alle Fraktionen vollzogen die Stadträte den Schulterschluss mit der Verwaltung: Auf dem Lindorfer Dreschplatz und im Kirchheimer Hafenkäs werden noch in diesem Jahr erste Häuser für die Anschlussunterbringung anerkannter Flüchtlinge errichtet.

Irene Strifler

Kirchheim. Den sozialen Frieden gewahrt wissen wollte Natalie Pfau-Weller, die als erste Rednerin für die CDU das Wort ergriff. Sie sprach die Hoffnung auf gute Integration durch möglichst kleine Unterkünfte aus. Im Übrigen forderte sie eine Kurskorrektur der städtischen Wohnbaupolitik: Dringend müssten mehr Grundstücke auf den Markt, notfalls auch verbunden mit einer Erleichterung der Bauauflagen.

„Die Menschen, die wir hier unterbringen müssen, sind anerkannte Flüchtlinge“, appellierte Ulrich Kübler von den Freien Wählern daran, die Pfeiler des weltweit geachteten Deutschen Grundgesetzes nicht infrage zu stellen. Mit sorgenvollem Blick auf den Landtagswahltermin am 13. März warnte er vor dem Irrglauben, eine Partei, die in aller Munde aber noch nicht im Landesparlament sei, werde die Problematik besser lösen.

Die vielen freien Wohnungen in Kirchheim – von 700 ist offiziell die Rede – hatte Albert Kahle (FDP/KiBü) im Blick. Es wäre eine Lösung, darin Menschen unterzubringen. Daraus erwachse dann echte Integration statt Ghettoisierung. Ihm war wichtig, dass die Stadt auf den Bau der geplanten Gebäude verzichte, sofern es ihr gelänge, stattdessen Wohnungen anzumieten. Auf eine entsprechende Kampagne der Oberbürgermeisterin im Verbund mit der Dekanin hatte sich allerdings kein einziger Hausbesitzer gemeldet, wie umgehend mitgeteilt wurde.

Von einer „Willkommenskultur im Land“ spürte SPD-Fraktionsvorsitzender Walter Aeugle nicht mehr viel. Daher warnte er davor, die Kirchheimer Bürger zu überfordern. Aus diesem Grunde sollten keinesfalls soziale Brennpunkte geschaffen werden. Im konkreten Fall stellte er daher den ergänzenden Antrag, es dauerhaft bei maximal zwei Häusern in Lindorf und in Jesingen zu belassen.

Andreas Schwarz von den Grünen begrüßte ausdrücklich das Vorgehen der Stadt, zunächst mit kleineren Wohneinheiten zu beginnen. Das sei ein Ergebnis der ausführlichen Diskussionen mit den Bürgern und den Verantwortlichen vor Ort, und nur so könne Integration gelingen. Darüber hinaus müssten am Güterbahnhof mindestens 20 Prozent Sozialwohnungen geschaffen werden und durch die Vergrößerung des Langen Morgens auch hier zusätzlicher Wohnraum gefördert werden.

Dass es nicht nur um Häuserbau, sondern um das Selbstverständnis der Stadt gehe, merkte die Vorsitzende der Frauenliste an, Dr. Silvia Oberhauser. „Es kommen weder Kriminelle noch Monster, sondern Menschen, die dieselben Bedürfnisse wie wir haben“, betonte sie und lobte die Planung der Verwaltung als weitsichtig, mutig und vor allem ehrlich.

Hans Kiefer von der CIK forderte alle zu einem offenen Diskurs auf und betonte: „Gegen die diffuse Angst hilft nur, diese Menschen kennen- und achten zu lernen.“ Mehr Dezent­ralität als in der aktuellen Planung enthalten sei, gehe gar nicht.

Abschließend berichteten die beiden Ortsvorsteher der Teilorte aus ihren Ortschaftsratssitzungen. Stefan Würtele aus Lindorf leitete den Wunsch des Gremiums weiter, auf die Bebauung des Dreschplatzes in Lindorf zu verzichten, da dort die Gefahr eines „Dorfes im Dorf“ gesehen werde. Stattdessen solle die Verwaltung ein anderes Grundstück daraufhin überprüfen, ob dort 30 Flüchtlinge angesiedelt werden könnten.

„Die Anzahl ist uns zu hoch“, berichtete auch Reinhold Ambacher, stellvertretender Jesinger Ortsvorsteher, vor allgemeinem Unbehagen bei dem Gedanken, auf dem dortigen Sportplatzgelände bald 136 Flüchtlinge untergebracht zu wissen. Sollten die Gebäude gleichzeitig hergestellt werden, sei sinnvolle Integration – für die es im Teilort bereits gute Beispiele gebe – nicht mehr möglich.