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„Ich habe mit weitaus mehr Gegenwind gerechnet“

Ordnungsamtsleiter Marcus Deger über die neuen Tempo-30-Zonen

Motorisierte Verkehrsteilnehmer dürfen die Stuttgarter Straße und die Paradiesstraße seit einigen Wochen nur noch mit einer Geschwindigkeit von 30  Stundenkilometern befahren. Ordnungsamtsleiter Marcus Deger erklärt, wie das Tempolimit angenommen wird.

Marcus Deger
Marcus Deger

Herr Deger, Kirchheim ist um zwei Tempo-30-Abschnitte reicher. Gab es schon die ersten Beschwerden?

MARCUS DEGER: Die gab es. Vier Personen haben sich über die Neuregelung der Geschwindigkeit in der Stuttgarter Straße und der Paradiesstraße beschwert. Die Anzahl hat mich überrascht. Ich hatte mit weitaus mehr Gegenwind gerechnet.

Was haben die Messungen mit den Radardisplays ergeben?

DEGER: Bei den Messungen zwischen 25. Februar und 9. März kam heraus, dass 85 Prozent der Fahrer in der Stuttgarter Straße mit einer Geschwindigkeit von unter 39 Stundenkilometern unterwegs waren. Besser wäre es, wenn der Großteil der Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit unter 36 Stundenkilometern fahren würde. In der Paradiesstraße ist das der Fall. Ich denke, in der Stuttgarter Straße bekommen wir das auch hin.

Und wie?

DEGER: Es wird in den Bereichen der neuen 2,1 Kilometer langen Tempo-30-Strecke mit mobilen Radaranlagen der Verkehr überwacht. Der damit entstehende Kontrolldruck wird sicherlich dazu beitragen, dass die vorgeschriebene Geschwindigkeit künftig noch besser eingehalten wird.

Tempo 30 war die Voraussetzung für ein Lkw-Durchfahrtsverbot. Lässt sich jetzt schon sagen, ob tatsächlich weniger Laster unterwegs sind und Autofahrer die 30er-Abschnitte meiden?

DEGER: Erste Feedbacks von Bürgern deuten darauf hin, dass die Lkw-Zahlen in einem gewissen Maß zurückgegangen sind. Mit Blick auf die Autofahrer versuchen wir einen entsprechenden Trend über die Geschwindigkeitsdisplays zu ermitteln. Es wird aber noch dauern, bis verlässliche Ergebnisse vorliegen. Es könnte aber durchaus ein Nebeneffekt des Tempolimits sein, dass der eine oder andere Autofahrer auf die Autobahn oder die Landstraße ausweicht. Insgesamt würde sich das positiv auf das Verkehrsaufkommen in den Ortsdurchfahrten auswirken.

Aber das Lkw-Verbot ist letztlich nicht der einzige Grund, weshalb das Tempolimit eingeführt wurde.

DEGER: Das ist richtig. Nach geltender Gesetzeslage sind Kommunen verpflichtet, bei einer Überschreitung der Lärmgrenzwerte – von 70 Dezibel am Tag und 60 Dezibel bei Nacht – entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um den Lärmpegel und die mit ihm einhergehenden Belastungen für die Bevölkerung zu minimieren. Da Lärmwerte in Höhe von über 73 Dezibel berechnet worden sind, waren wir also gezwungen zu handeln.

Wie hat sich die Geräuschsituation durch Tempo 30 verbessert?

DEGER: Der Lärmpegel kann bei Tempo 30 um etwa 2,5 Dezibel gesenkt werden. Das klingt nach wenig, aber Studien belegen, dass eine Senkung der Lärmwerte in Höhe von 2,5 Dezibel den tatsächlichen Verkehr in der subjektiven Wahrnehmung halbiert.

Hat sich auch die Verkehrssicherheit erhöht?

DEGER: In den neuen 30er-Abschnitten ist es für Fußgänger einfacher und sicherer geworden, die Straße unabhängig von den Ampeln zu queren. Ich denke, dass angesichts des demografischen Wandels Tempo 30 auch älteren Autofahrern entgegenkommt, die vielleicht nicht mehr so reaktionsschnell sind wie jüngere. Vorteile ergeben sich natürlich auch bei Unfällen, die bei Tempo 30 bei Weitem nicht so große Schäden nach sich ziehen wie bei Tempo 50. Und die Fahrer können besser wahrnehmen, was auf Gehwegen passiert. Das erhöht die Sicherheit. Es ist aber zu früh, um zu sagen, ob sich die Unfallzahlen in der Stuttgarter Straße und der Paradiesstraße verringert haben.