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„Sie hat Französisch in der Seele“

Austausch Für ein halbes Jahr ging die zehnjährige Marla Trautmann nach Frankreich. Sie besuchte die Schule, lernte die Sprache und gewann eine neue Familie dazu. Von Melissa Seitz

Der Austausch verbindet: Marla (links) und ­Louise sind durch „Aleff“ zu besten Freundinnen geworden.Foto: Markus Brändli
Der Austausch verbindet: Marla (links) und ­Louise sind durch „Aleff“ zu besten Freundinnen geworden.Foto: Markus Brändli

Mit neun Jahren in ein unbekanntes Land mit fremder Sprache - Für Marla Trautmann aus Ötlingen kein Problem. Mit den Worten „Mama, Papa, ich will eine andere Sprache lernen“ kam die Neunjährige eines Tages von der Schule nach Hause. Das wollte sie nicht etwa in einer AG oder einem Kurs machen, sondern im Land selber. „Wir waren erst einmal überrascht“, sagt Marlas Mutter, „ich hätte mich das mit neun nicht getraut.“ Davon ließ sich die Schülerin aber nicht abhalten. Nach Recherchen im Internet ist die Familie fündig geworden.

Der Verein „Allef“ organisiert Sprach- und Kulturaustausche für Kinder im Alter von acht bis zehn Jahren. Für Marla war klar: „Ich will da mitmachen und nach Frankreich gehen.“ Gesagt, getan. Familie Trautmann bewarb sich also bei dem Austauschprogramm.

Mit einer einfachen Bewerbung war es aber nicht getan. „Wir mussten sogar einen Lageplan mitschicken, um zu zeigen, wie wir wohnen“, erklärt Sonja Trautmann. Schließlich müssen die beiden Austauschkinder ja zusammenpassen. Ein Kind aus einer ländlichen Gegend sollte nicht gerade in eine Großstadt kommen. Nach einigen Interviews mit Marla und der Familie wurde für die Ötlingerin eine Austauschpartnerin gefunden: Die gleichaltrige ­Louise Normand aus der Nähe von La ­Rochelle in Westfrankreich.

Sprachbarrieren gab es nicht

„Wir haben die Familie Normand an einem langen Wochenende besucht“, sagt Oliver Trautmann, „Schließlich will man ja wissen, wo das eigene Kind hinkommt.“ Schon beim ersten Treffen war klar: Marla und Louise passen einfach zusammen. Mit Händen und Füßen haben sich die beiden damals verständigt - aber es funktionierte. „Ich weiß noch, dass wir sie abends im Bett ermahnen mussten, endlich mal ruhig zu sein und zu schlafen“, erklärt Sonja Trautmann, „Marla wollte am liebsten sofort dort bleiben.“

Im September reiste Marla für den Austausch dann nach Frankreich. „Ich habe mich gleich wohlgefühlt“, sagt sie und grinst. Bei den vielen Ausflügen, die die Familie Normand mit ihr machte, blieb keine Zeit für Heimweh. Eine Umstellung war das Leben in Frankreich trotzdem: „In der Schule essen die Kinder erst mittags, und in der Familie wird abends warm gegessen, das kannte ich nicht so“, erklärt Marla. Am besten haben der Grundschülerin die Pausen gefallen, denn hier konnte sie mit ihren neuen französischen Freunden spielen. Die Verständigung war kein Hindernis. Im Nu lernte Marla Französisch und passte sich an. Ihre Mutter ist begeistert: „Sie hat jetzt Französisch in der Seele, genau so wie ­Louise Deutsch in der Seele haben wird.“

Louise zu Besuch in Ötlingen

Inzwischen ist Marla zehn Jahre alt und seit Februar wieder zurück in Deutschland - aber natürlich nicht allein. Louise darf jetzt ein halbes Jahr bei Familie Trautmann leben. Als Marla sie in perfektem Französisch fragt, wie es ihr bis jetzt in Deutschland gefällt, grinst Louise und zeigt beide Daumen nach oben. „Am meisten habe ich mich auf euch gefreut“, sagt die Französin und strahlt ihre Gastfamilie an. Aber auch auf den Rummel in Kirchheim war sie gespannt, denn so etwas gibt es in ihrer Heimatstadt nicht.

„Für Marla war das eine gute Chance“, sagen ihre Eltern rückblickend, „für Kinder in so einem jungen Alter ist es einfacher, sich in eine neue Umgebung einzugewöhnen.“ Und das wird an Marla deutlich: Sie spricht inzwischen perfekt Französisch, hat eine neue Freundin und Familie dazugewonnen und ist mit zehn Jahren richtig eigenständig.

Austausch mit dem Verein „Allef“

Der Verein organisiert einen sechsmonatigen Schüleraustausch für Kinder von acht bis zehn Jahren zwischen Deutschland, Frankreich und England.

Die Kinder leben wie Geschwister in ihren Familien zusammen. Nachdem der eine Schüler ein halbes Jahr im Ausland war, kommt der Austauschpartner ebenfalls ein halbes Jahr in seine Gastfamilie. Zwischen den beiden Aufenthalten ist eine Pause von zwei Wochen.

Nicht jedes Kind wird für den Austausch angenommen. Ein Auswahlverfahren muss jede Familie durchlaufen, um am Programm teilzunehmen. Außerdem wird die Familie durch einen Mitarbeiter des Vereins in ihrem eigenen Zuhause gründlich unter die Lupe genommen.

Rund um die Uhr sind Betreuer für das Austauschkind da, aber auch für die Familie zuhause. sei