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„Wenn‘s so kommt, kriegen wir‘s hin“

Prallvolle Stadthalle bei öffentlicher Ratssitzung zur Anschlussunterbringung für Flüchtlinge

Viele standen noch auf den Treppen, als die öffentliche Gemeinderatssitzung in der Kirchheimer Stadthalle begann. Der Saal war voll besetzt. Security-Kräfte wiesen zusätzliche Zuhörer ab. Innen bot ein mehrstündiger Info-Marathon Antworten auf viele Fragen und ließ Verständnis für die Politik der Stadt wachsen.

GR Kirchheim in der Stadthalle mit Flüchtlingsthematik und anderen Punkten
GR Kirchheim in der Stadthalle mit Flüchtlingsthematik und anderen Punkten

Kirchheim. Als „die größte Herausforderung seit Langem“ bezeichnete Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker die Aufgabe der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen. Um die größte Herausforderung ihrer Amtszeit handelt es sich auf jeden Fall. Mit vereinten Kräften nahm die Verwaltung die Herausforderung an und ging vor über 500 Leuten in die Informationsoffensive.

Muss Kirchheim Flüchtlinge aufnehmen?

7,7 Prozent der Flüchtlinge, die im Kreis Esslingen eintreffen, muss Kirchheim aufnehmen, führte die Stadtchefin aus. Zwar wolle sie Ängste nicht wegdiskutieren, aber angesichts dieser Aufgabe bestehe schlicht und einfach die Verpflichtung, offen und differenziert mit dem Thema umzugehen.

Wie viele Flüchtlinge leben in Kirchheim?

Im Jahr 2017 müssen in Kirchheim geschätzt 1 710 Flüchtlingen untergebracht werden, davon 680 längerfristig in einer Anschlussunterbringung. „Wenn‘s so kommt, kriegen wir‘s hin“, meinte Bürgermeister Günter Riemer. Es gibt aber auch Szenarien, die von höheren Zahlen ausgehen, etwa von einer Gesamtzahl von 2 850 Flüchtlingen. Außerdem ist der Familiennachzug nicht berücksichtigt.

Wo sollen Flüchtlinge wohnen?

Stadtplaner Gernot Pohl erläuterte, dass die vorläufige Unterbringung als Aufgabe des Kreises provisorischen Charakter hat, wie zum Beispiel die Einquartierung in der Kreissporthalle. Nach zwei Jahren folgt die Anschlussunterbringung in Zuständigkeit der Stadt, die normalem Wohnen entspricht. Ziel der Stadt ist, Flüchtlinge und Obdachlose möglichst gleichmäßig über das ganze Stadtgebiet zu verteilen, wie anhand eines Stadtplans dargelegt wurde.

Wenn es keinen Wohnraum gibt?

Wer keine Wohnung hat, ist ein Obdachloser. Laut Polizeiverordnung müsse die Kommune dann für ein Dach über dem Kopf sorgen, erläuterte Christine Riesener. Selbst die Beschlagnahmung von Privateigentum ist möglich. Allerdings sei dies ein hohes Gut, beruhigte die Rechtsamtsleiterin. Zuvor würden alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft, etwa die Belegung von Sporthallen.

Wie sollen Flüchtlinge wohnen?

Um einigermaßen kostengünstig und doch schnell bauen zu können, ist an Gebäudemodule in Holzbauweise gedacht, wie Bürgermeister Riemer ausführte. Geht man beispielsweise für Lindorf von vier zweigeschossigen Wohngebäuden für 88 Personen aus, kommt man inklusive eines Sozialraumes, der für die Integrationsarbeit wichtig ist, auf fast drei Millionen Euro.

Wer zahlt das?

Laut Oberbürgermeisterin sind die 5,1 Millionen Euro, die im Haushalt für 2016 eingestellt sind, zunächst genug. Um die Maßnahmen für 2017 abzusichern, kommt im Mai ein Nachtragshaushalt. Der Zuschuss für Wohnbauförderung deckt 25 Prozent ab, dazu kommen KfW-Mittel.

Wie verläuft die Integration?

Brigitte Hartmann-Theel vom Sozialamt wies auf das vielfältige Kirchheimer Engagement für Flüchtlinge hin, das sich in zahlreichen Gruppen spiegelt. Seitens der Stadt wird unter anderem mit Flüchtlingsbetreuern und Integrationsbeauftragten bis Sommer ein neues Integrationskonzept erarbeitet werden.