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Abneigung gegen das schöne Motiv

Fast 70 Arbeiten des in Kirchheim geborenen Künstlers Franz Frank sind im Kornhaus zu bewundern

Im Kornhaus sind derzeit auch die Werke „Die Proletarier“ und „Die Geigerin“ von Franz Frank ausgestellt.Fotos: Jean-Luc Jacques
Im Kornhaus sind derzeit auch die Werke „Die Proletarier“ und „Die Geigerin“ von Franz Frank ausgestellt.Fotos: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Dank an die Direktion der Kreissparkasse, Dank an die institutionellen und privaten Leihgeber, Dank auch, und nicht zuletzt an

das Team um Kuratorin Barbara Honecker und die Leiterin des städtischen Museums im Kornhaus Stefanie Schwarzenbek – Kirchheims Oberbürgermeisterin wusste wohl, wie vieler Herzen und Hände es bedarf, eine so aufwendige und umfangreiche Ausstellung wie die aktuelle auf die Beine zu stellen. Sieben Wochen lang zeigt das Museum der Stadt auf zwei Stockwerken des Kornhauses fast 70 Arbeiten des 1897 in der Stadt am Fuße der Teck geborenen Künstlers Franz Frank. Unter diesen befinden sich Werke, die Wandflächen von zwei bis vier Metern beanspruchen.

„Expressiver Realismus“ etikettierten Kunstgeschichtler die Schublade, in die man neben Franz Frank auch Manfred Henninger ablegen zu müssen glaubte – jenen Henninger, nach dem der Saal im Obergeschoss des Kirchheimer Kreissparkassen-Gebäudes in der Alleenstraße benannt ist. Dort traf man sich zur Eröffnung der von der Kirchheimer Kunsthistorikerin Barbara Honecker liebevoll und kenntnisreich inszenierten Ausstellung.

„So viele Stühle hätten wir im Kornhaus niemals aufstellen können“, betonte die Oberbürgermeisterin im Henninger-Saal. Und selbst dort wurden die Sitzplätze schnell Mangelware angesichts der mehreren Hundert Besucher. Einige mochten den 1986 in Marburg an der Lahn verstorbenen Sohn eines in Kirchheim praktizierenden Arztes noch persönlich gekannt haben. Angelika Matt-Heidecker freute sich, auch die drei aus Marburg angereisten Töchter des Künstlers unter den Vernissage-Besuchern begrüßen zu können.

„Der Expressionismus war ihm nicht expressiv genug“, erinnerte Barbara Honecker an eine Selbstpositionierung des Malers, der sich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg bemühte, in seiner Darstellung des ihn Bewegenden dem expressiven Moment mehr „Inhaltlichkeit, Ausdruck und Tiefe“ mitzugeben. Franz Frank hatte dem Vater zuliebe Philosophie und Kunstgeschichte studiert, bevor er sich an der Stuttgarter Akademie der Malerei zu widmen begann. Die Bewunderung für van Gogh und Lovis Corinth hielt sein Leben lang an. Auch Maler wie Courbet und Cézanne haben ihre Wirkung auf den jungen Künstler nicht verfehlt, so Honecker.

Das Monumentalwerk „Die Proletarier“ entstand 1928. Die Nazis reihten ihn in die Phalanx der „entarteten Künstler“ ein. Frank selbst war da schon längst einen Schritt weiter und bezog religiöse Motive in sein „Welt“-Bild mit ein. Der Parteibeitritt kam nicht infrage. Die Folge: Berufsverbot. Nach Kriegsende gestaltete sich der Neuanfang schwierig, da sein Stil immer weniger in eine Zeit (besser: in deren Kunstbetrieb) zu passen schien, die mittlerweile Leuten wie Jackson Pollock, Roy Liechtenstein und den Verfechtern des „Fluxus“ auf Pinsel und Leinwände schaute. Franz Frank blieb seinem Stil treu, die Farben wurden heller und dunkler. Porträts und Landschaften, Stillleben im Alter zeugten von einer Treue zu seiner Abneigung gegen „das schöne Motiv“.

Barbara Honecker wies auf die „malerische Lyrik“ hin, mit der er Szenen aus Industrievorstädten festhielt: „Es ist der künstlerische Blick, der die Motivwahl Franks auszeichnet, der oft ganz banale Dinge des Alltags für eines Gemäldes würdig erachtet.“ Als Beispiel stehen ihr „Enten“ vor Augen, das sie, wie sie sagt, deshalb so anspricht, weil es ihm damit gelungen sei, einem heiter-unbeschwerten Thema in einer schrecklichen Zeit (1942) Geltung zu verschaffen.

Gemeinsam mit Angelika Matt-Heidecker, Stefanie Schwarzenbek und deren Mitarbeitern wünschte sie zum Schluss ihrer Ausführungen der Ausstellung ein gutes Gelingen und den Besuchern viel Freude beim Betrachten der in dieser Vielzahl noch nie in einer Ausstellung versammelten Werke eines großen Künstlers und Sohnes der Stadt.

Die Ausstellung ist bis zum 12. Juli zu den Öffnungszeiten des Kornhauses zu besichtigen. Informationen zum umfangreichen Begleitprogramm des Ausstellung sind dem ausliegenden Flyer zu entnehmen oder unter der Telefonnummer 0 70 21/50 23 77 zu erfragen.

Austellung im Kornhaus Franz FrankDie Geigerin 1951
Austellung im Kornhaus Franz FrankDie Geigerin 1951
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