Kirchheim. „Verglichen mit 50 Stundenkilometern, ist der Bremsweg bei Tempo 30 kürzer und die Aufprallwucht geringer“, so Dieter Hutt. „Unfälle können glimpflicher ausgehen“, ist er überzeugt.‟ Schließlich übe die Geschwindigkeit einen erheblichen Einfluss darauf aus, ob eine Kollision schwere, leichte oder gar keine Schäden nach sich zieht. Einen Mehrwert sieht er auch in der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Rad- und Kfz-Verkehr, die bei Tempo 30 deutlich geringer ausfällt. „Das wirkt sich positiv auf das Sicherheitsempfinden der Radler aus und nimmt vielen Menschen die Angst, das Fahrrad im Alltag zu benutzen“, erklärt er. Auf seinem Zweirad fühlt sich Hutt deshalb seit der neu eingeführten Basisgeschwindigkeit entlang von Stuttgarter Straße und Paradiesstraße wohler.
Ähnlich geht es Bernd Meyer. Der Sprecher der Motorradfreunde Ötlingen betont, dass Zweiradfahrer, ob mit oder ohne Motor, bei Kollisionen ein deutlich höheres Unfallrisiko tragen. Außerdem werden sie ihm zufolge wegen ihrer schmalen Silhouette häufig übersehen. „Wer langsam fährt nimmt nicht nur die Straße, sondern auch die Umgebung konzentrierter und aufmerksamer wahr, dass sich mit Tempo 30 durchaus viele gefährliche Begegnungen vermeiden lassen“, erklärt er.‟
Siegfried Hauff, Sprecher der Kirchheimer Arbeitsgruppe Verkehr, betont, dass sich bei einer Regelgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern „eine kooperative Verkehrskultur“ deutlich besser herausbilden kann, als bei höheren Geschwindigkeiten. Der Respekt und die gegenseitige Rücksichtnahme unter den verschiedenen und ganz unterschiedlich schnellen Verkehrsteilnehmern werde gefördert. Erste Erfahrungen entlang der neuen Tempo-30-Abschnitte deuten Hauff zufolge darauf hin, dass dies auch in Kirchheim und Ötlingen der Fall ist. „Was sich aber jetzt schon sagen lässt, ist, dass sich die Lärmsituation deutlich verbessert hat“, berichtet Siegfried Hauff, für den Stadtstraßen nicht nur Verkehrsstraßen sind.
Für ihn stellen sie auch Aufenthalts- und Kommunikationsräume für Menschen dar. „Die Lebensraumqualität ist meiner Ansicht nach gestiegen, seit mit der niedrigeren Regelgeschwindigkeit die Lärmwerte gesunken sind“, sagt er, und weiter: „Das kommt der Lebensqualität von Anwohnern und der Aufenthaltsqualität von Passanten zugute.“ Vorteile sieht Siegfried Hauff aber nicht nur bei der Lärmbelastung, sondern auch in punkto Schadstoffausstoß.
Eine langsamere und gleichmäßigere Fahrweise verringere die Schadstoffbelastung. Besonders trifft das laut Hauff auf den Feinstaub zu, der bei niedrigeren Geschwindigkeiten nicht so stark aufgewirbelt werde. Der Motor selbst stoße zwar kaum weniger Partikel aus, doch die Menge der Stickstoffoxide steige mit der Temperatur des Motors und der sei bei Tempo 30 tendenziell weniger warm. „Natürlich hängen die Emissionen vom persönlichen Fahrstil ab. Wer im ersten Gang 30 fährt bläst viel in die Luft“, so Siegfried Hauff. Deshalb raten Experten zu niedrigtourigem Fahren – sprich, Tempo 30 sollte also im höchstmöglichen Gang gefahren werden.
Damit der Verkehr auch zu Stoßzeiten bei Tempo 30 besser fließt und sich der Zeitverlust in Grenzen hält, sollte nach Ansicht von Bernd Meyer über einen Kreisverkehr in Ötlingen nachgedacht werden. „Ich denke, dass das mit Blick auf die Gleichmäßigkeit des Verkehrs eine gute Optimierungsmöglichkeit wäre“, so der Sprecher der Motorradfreunde Ötlingen.