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Baugebiet steht auf der Kippe

Notzingen Zauneidechsen und Fledermäuse sorgen bei den Planern der „Hofäcker IV“ für Kopfzerbrechen.

Notzingen. „Es hat sich ja bereits herumgesprochen, dass wir im geplanten Baugebiet ‚Hofäcker IV‘ ein Problem haben. Und das ist so groß, dass es uns die Schweißtropfen auf die Stirn jagt.“ Jürgen Holder, einer der Geschäftsführer des Kirchheimer Ingenieurbüros Geoteck, findet klare Worte. Das neue Wohnbaugebiet „Hofäcker IV“ soll laut aktueller Planung unmittelbar an das bestehende Wohngebiet im Bereich Sonnenweg-Fasanenweg-Hofackerweg im Westen von Notzingen anschließen. Dass besonders für die streng geschützten, derzeit im Baugebiet heimischen Zauneidechsen und Fledermäuse Ersatzlebensräume geschaffen werden müssen, bevor die Bagger anrollen, ist schon länger bekannt. Ein ausführliches Artenschutzgutachten liegt vor. Bereits in der März-Sitzung des Gemeinderats gab Siegfried Aniol, Diplom-Biologe der Planungsgruppe Ökologie und Information aus Unterensingen, die mit einer Konzeption zur Errichtung von Ersatzbiotopen und der so genannten Vergrämung der Eidechsen beauftragt worden war, einen Ausblick auf die anstehenden Aufgaben. Vorgesehen war es zu diesem Zeitpunkt, jetzt im Herbst mit der Vergrämung der Echsen zu beginnen. Mit dem Landratsamt war abgesprochen worden, dass dafür deren bisheriger Lebensraum auf der zu bebauenden Fläche mit Folien abgedeckt wird, so dass die Eidechsen bestenfalls selbst in ihren neuen Lebensraum abwandern.

Bereits in der vergangenen Septembersitzung erläuterte Bürgermeister Sven Haumacher auf Nachfrage eines Bürgers die veränderte Ausgangslage: So sei das Landratsamt – beziehungsweise die dort zuständige Untere Naturschutzbehörde – nun etwa der Auffassung, dass eine Vergrämung nur bis zu einer Entfernung von 50 Metern zumutbar sei. Für jede weitere Distanz sei dagegen eine Umsiedlung notwendig. Und dafür müssten erstmal hohe rechtliche Hürden genommen werden. Dazu kommt, dass Fledermäuse allein schon durch ihre Flugfähigkeit nicht so einfach umgesiedelt werden können.

„Es gibt im Bereich ‚Hofäcker IV‘ so genannte Wochenstuben der Fledermäuse, dort brüten sie. Wie auch die Zauneidechsen gehören sie zu den besonders geschützten Arten“, erklärt Jürgen Holder. Viele Gespräche wurden bereits mit dem Landratsamt geführt, „weitere, auch gemeinsam mit Vertretern des Regierungspräsidiums stehen an.“

Oberstes Ziel ist es, eine Lösung zu finden, die alle Beteiligten mittragen, so dass das Baugebiet nicht zu den Akten gelegt werden muss. Darauf pocht auch der Gemeinderat. „Es muss dringend neuer Wohnraum entstehen, das gilt für die ganze Region Stuttgart und so auch für Notzingen. Sonst droht eine Überalterung der Bevölkerung. Wir brauchen junge Familien im Ort. Wir müssen daher mit Nachdruck für unser neues Baugebiet kämpfen“, betont Alfred Bidlingmaier (CDU). Zumal es aktuell das Einzige ist, dass in Notzingen noch zur Verfügung steht, wie Hans-Joachim Heberling (SPD) ergänzt. „Was die Bevölkerung auf die Palme bringt ist auch, dass Flüchtlingsunterkünfte innerhalb von wenigen Monaten gebaut werden. Da müsste der Artenschutz auf den entsprechenden Flächen ja genauso gelten. Dass wir für das Wohngebiet jetzt unzählige Gutachten brauchen, können die Leute nicht mehr nachvollziehen“, macht Herbert Hiller (CDU) seinem Ärger Luft. Auch Dr. Irmtraut Schneider (UKW) ist sich sicher, dass es genug Möglichkeiten gibt, den Tieren einen gleichwertigen Lebensraum außerhalb des geplanten Baugebiets zu schaffen, so etwa auf den nahe gelegenen Streuobstwiesen.

Einstimmig hat sich der Gemeinderat jetzt für den Bebauungsplanvorentwurf „Hofäcker IV“ ausgesprochen, der für eine Dauer von vier Wochen öffentlich ausgelegt werden wird. Zudem werden die Stellungnahmen der Behörden und Träger öffentlicher Belange erwartet. Dann wird sich zeigen, wie man für eine Realisierung des neuen Wohngebiets weiter vorgehen muss. Katja Eisenhardt