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Den Sauküblern ein Denkmal setzen

Notzingen Der Bissinger Künstler Winfried Tränkner stellt in der Ratssitzung Idee von der Brunnengestaltung vor. Gemeinderäte sehen das Platzproblem kritisch. Von Thomas Krytzner

Der Bildhauer Wilfried Tränkner stellt das Modell seines Entwurfs für einen Brunnen in Notzingens Teilort Wellingen vor.Foto: Th
Der Bildhauer Wilfried Tränkner stellt das Modell seines Entwurfs für einen Brunnen in Notzingens Teilort Wellingen vor.Foto: Thomas Krytzner

Mit der Errichtung eines Brunnens bei der Einfahrt „Im Hof“ in Wellingen will Notzingen den Platz mit einer Bronze-Darstellung beleben. Der Bildhauer und Glaskünstler Winfried Tränkner stellt an der öffentlichen Gemeinderatssitzung sein Modell vor. Dieses besteht aus Brunnen mit Handschwinger, drei umhertollenden Schweinen, einem Knaben und einer Sitzgelegenheit. Dazu gehört auch der Trog aus Sandstein. Tränkner erklärt das Bildnis: „Das Kunstwerk soll die Lebensweisen im landwirtschaftlichen Bereich widerspiegeln. Da passt ­abstrakte Kunst nicht dazu.“ Winfried Tränkner hat sich unvoreingenommen an die Modellierung gemacht und beruft sich dabei auf die Wellinger Tradition der Schweinezucht. „Die Wellinger werden Saukübel genannt.“

Überall waren die Tiere samt den Trögen zu sehen. Das Platzproblem sieht Tränkner genauso, wie die Ratsmitglieder in Notzingen. „Eventuell muss der Stromkasten umgesetzt werden und die angrenzende Bushaltestelle kann zur Not ins Bild integriert werden. Er verspricht sich eine lebendige Szene: „Wer das Bild sieht, schweift in die Vergangenheit. Es ist aber auch eine Möglichkeit, die Zukunft zu betrachten.“ Tränkner denkt dabei an die heranwachsenden Generationen. „Diese brauchen einen Anhaltspunkt, wenn sie aus dem Bus aussteigen. Sie sollen erkennen, das ist Leben, das ist mein Dorf.“ Der Künstler will mit seiner Darstellung auch gleich Aktivität fördern. „Der Brunnen soll von Hand betrieben werden, so erwacht das Bildnis zum Leben.“ Verschiedene Räte sprechen in der Diskussion den vorhandenen Tiefenbrunnen an und setzen auf seine Verwendung. Bürgermeister Sven Haumacher verrät über den historischen Brunnenschacht: „Der dortige Brunnen ist vierzehn Meter tief, auf sieben Meter hat es Wasser.“ Winfried Tränkner begrüßt die Nutzung des Brunnens.

Ratsmitglied Georg Frank stellt die Frage: „Wer braucht das denn?“ Die Idee an sich findet er gut, sieht aber deutliche Nachteile, weil der vorgesehene Platz sehr knapp ist. Der Bissinger Künstler vergleicht seine Kunst mit dem Feierabend im Arbeitsalltag: „Viele hören sich nach Arbeitsschluss Werke von Mozart an, um sich vom Stress zu erholen. So soll es auch im Dorf sein, das Bildnis soll an das Herz und die Seele appellieren.“ Er fordert die Räte auf, sich vorzustellen, wie es ist, wenn alles weggelassen wird: „Wenn es keine Bilder und keine Musik mehr gibt, stellen wir fest, wie leer die Welt ist.“

Wegen des angesprochenen Platzproblems will sich der Notzinger Ausschuss Technik und Umwelt (ATU) vor Ort „Im Hof“ ein Bild machen, Tränkner wird dazu eingeladen. Rund 60 000 Euro hat Winfried Tränkner für das geplante Denkmal gerechnet. Die eine Hälfte der Kosten fließen in den Bronzeguss und das Material und die andere Hälfte ist Honorar. Da hat der Künstler auch gleich noch Finanzierungstipps in petto: „Wenn Sponsoren, Spender und private Gönner animiert werden, bringt das auch Erleichterung für die Gemeindekasse.“

Braucht’s denn so was?

Viele Gemeinden im Landkreis haben ihre Sehenswürdigkeiten, und vielerorts erfreuen sich die Bürger über einen intakten Dorfkern. Dort ist Leben, dort trifft man sich und auch der Dorftratsch braucht sein Zentrum. In einigen Gemeinden ist es der Dorfbrunnen, in andern wiederum die Dorfwirtschaft, und dann gibt es noch die Plätze, wo sich die Bevölkerung seit Jahr und Tag trifft. Viele Städte und Dörfer sind gerade wegen dieser markanten Orte überregional bekannt. Zum Teil ziert futuristische und abstrakte Kunst die Plätze vor den Rathäusern, aber es gibt auch die Denkmäler, die in der Tat zum Denken anstoßen. Da wird dem Bürger plötzlich wieder bewusst, wie beschwerlich und einfach das Leben vor langer Zeit war. Vielleicht beginnt der eine oder andere beim Betrachten zu sinnieren, ob für die Zukunft nicht eventuell wieder das Einfache in den Vordergrund kommt. Wenn also den Sauküblern in Notzingen-Wellingen ein Denkmal gesetzt wird, vereint die Gemeinde damit die Vergangenheit mit der Zukunft. Die Schweine symbolisieren einerseits die Lust am Leben und zeigen andererseits als Nahrungslieferanten den Fleischliebhabern, wie wichtig die Tiere sind. Der Knabe im Bildnis hat seinen Spaß mit den Schweinen und braucht kein Smartphone oder Tablet, um glücklich zu sein. Auch wenn Notzingen mit einem Denkmal nicht gleich auf Platz eins in der Bekanntheitsliste der Gemeinden schießt, können die Gemeindevertreter mit der Beschaffung des Bildnisses zum Innehalten und Denken anregen – eben Denk mal!

Kommentar Thomas Krytzner Zum geplanten Brunnen in Notzingen