Kirchheim. Besorgte Mienen, ein Krisenstab inmitten des Getümmels und vor allem: Provisorien. Immer mehr, immer schneller, immer brüchiger. Der Esslinger Landrat ist vor Ort, bespricht die Situation mit Einsatzkräften. Kirchheims Oberbürgermeisterin steht daneben, verschafft sich ein Bild von der Lage, während DRK-Mitarbeiter drüben in der Aula der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule eine erste Notmahlzeit für die 270 Menschen organisieren, die in Bussen aus dem Erstaufnahmelager in Ellwangen angekommen sind. Klinik-Mitarbeiter aus dem nahen Kreiskrankenhaus haben Ess-Besteck vorbei gebracht. DRK-Bereitschaftsleiter Willi Stutz dirigiert seine Mitarbeiter, die Wasserflaschen verteilen und sich um Erkrankte kümmern. Erst am Morgen wird es gelungen sein, das Zelt für die Essensausgabe auf dem Schulparkplatz zu errichten.
Drinnen in der Halle ist es stickig. Noch am morgen hat hier Sportunterricht stattgefunden. Die Kirchheimer Feuerwehr hat am Mittag in Windeseile Kleider-Spinde und Stockbetten aus dem kreiseigenen Versorgungslager in Beuren hierher transportiert. Dass es die noch gibt, grenzt an ein Wunder. Der Nachschub an Feldbetten, die das DRK inzwischen aus Kanada einfliegen lässt, gerät immer wieder ins Stocken. Für Frauen und Familien mit Kindern haben die Helfer notdürftig einen zumindest optisch abgegrenzten Bereich geschaffen, wohlwissend, dass es Privatsphäre in dieser Situation nicht geben kann. Überall Ratlosigkeit und Menschen, die Antworten suchen. Wer Anzug oder Uniform trägt, wird belagert. Mitten drin ein Rollstuhlfahrer, der nicht weiß, wie er unter diesen Umständen die Nacht verbringen soll. Esslingens Landrat Heinz Eininger spricht mit dem Mann, sucht nach Lösungen. Im Moment gibt es die nicht.
"Das ist ein weiterer Schlag für uns. Wir sind in einer Situation, in der die Leute nur noch durchgereicht werden." In der Nacht ist Eininger über die Ankunft der Flüchtlinge informiert worden. Eine Gruppe, die eigentlich für Samstag angekündigt war. Über geregelte Unterbringung redet längst niemand mehr. "Es geht nur noch darum, dass die Menschen ein Dach über dem Kopf haben", sagt der Kreischef. 1 700 Flüchtlinge bis Monatsende, so die aktuelle Zahl, die der Kreis zu bewältigen hat. Dafür reichen die geplanten Plätze in den Gemeinschaftunterkünften bei weitem nicht. Für die kommenden Tage und Wochen sind weitere Notquartiere in der Kreissporthalle auf dem Nürtinger Säer und in verschiedenen Gewerbe-Immobilien geplant. "Es geht nur noch Seite an Seite mit den Kommunen", stellt der Landrat klar und Kirchheims Rathauschefin Angelika-Matt-Heidecker nickt zustimmend. Die Stadt wird in den kommenden Wochen die Ötlinger Mörikehalle als Ersatzort für den Schulsport zur Verfügung stellen. Auch mit dem Pädagogischen Fachseminar laufen Gespräche. Wie lange dieses Provisorium dauern wird? "Ichwürde es Ihnen gerne sagen", meint Heinz Eininger. "Aber ich kann es nicht."