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Hoffen auf schnellere Asylverfahren und Integration

Kirchheimer Flüchtlinge wenden sich mit ihren Sorgen und Fragen an Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heideker

Fragestunde mit der Oberbürgermeisterin: Die Teilnehmer eines Deutschsprachkurses der Volkshochschule konnten im Rathaus Fragen stellen, die ihnen auf dem Herzen liegen. Angelika Matt-Heideker gibt den politischen Asylsuchenden Hoffnung und animiert sie, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren.

Die deutsche Sprache ist die Basis für eine gelungene Integration, macht Angelika Matt-Heideker klar. Foto: Ralf Just
Die deutsche Sprache ist die Basis für eine gelungene Integration, macht Angelika Matt-Heideker klar. Foto: Ralf Just

tamara kandler

Kirchheim. In einem Asylantensprachkurs der Volkshochschule haben Flüchtlinge unter der Leitung von Birgitt und Fritz Heinzelmann Fragen gesammelt, die sie beschäftigen, und ins Deutsche übersetzt. Mit etwas holpriger Aussprache, aber erkennbar konzentriert, tragen sie ihre Anliegen im großen Sitzungssaal Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heideker und Sachgebietsleiterin Melanie Gollert vor. Zwei Dolmetscher begleiten das Gespräch, um Matt-Heidekers englische Antworten für die Flüchtlinge in ihre Muttersprache zu übersetzen.

Die Oberbürgermeisterin macht schon zu Beginn deutlich, dass es sich gerade um keine leichte Zeit handle – sowohl für die Flüchtlinge als auch für die Einheimischen. Sie erinnert aber auch daran, wie viele Einwanderer Kirchheim schon verkraftet hat: Flüchtende aus Osteuropa und Gastarbeiter aus dem Süden haben sogar geholfen, die Stadt aufzubauen. „Ich bin sicher, dass es möglich ist, die Menschen zu integrieren“, sagt sie und ermahnt, der Wille dazu müsse von beiden Seiten kommen. Mit Nachdruck weist sie darauf hin, dass die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau ein Recht ist, das die Flüchtlinge unbedingt respektieren müssen.

Die Fragen der Kursteilnehmer drehen sich vor allem um die ungewisse Zukunft. Sie erkundigen sich, ob sie ihr Studium hier in Deutschland zu Ende bringen können. Und warum die Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde oft stockt und es so lange dauert, bis ihr Flüchtlingsstatus offiziell anerkannt wird. Sie möchten aber auch wissen, wie Deutschland mit Wirtschaftsflüchtlingen umgeht und wie Matt-Heideker die künftigen Chancen der Flüchtlinge sieht.

Die Oberbürgermeisterin zeigt sich zum einen einfühlsam gegenüber den Asylsuchenden, wirbt aber auch um Verständnis für die Lage Deutschlands. „Wir können nur politisches Asyl geben“, macht sie den Anwesenden klar: Der Platz in Deutschland sei begrenzt. „Wirtschaftliche Probleme gibt es zu viele auf der ganzen Welt.“ Sie beklagt auch, dass viele andere europäische Länder nicht genug helfen.

Trotzdem macht sie den Flüchtlingen Hoffnung. „Ja, ich glaube da­ran“, antwortet sie überzeugt auf die Frage, ob sie an eine Integration der Flüchtlinge ins deutsche Kulturleben glaubt. „Es ist der einzige Weg, wie wir zusammen leben können“, betont sie. Die Vertriebenen müssten sich die deutsche Sprache und Kultur aneignen, aber auch die Deutschen könnten von ihnen lernen. Außerdem sei es wichtig, dass die Flüchtlinge eine Arbeit finden und von ihrem eigenen Geld leben können. „Sie müssen für Ihr Geld arbeiten“, macht sie klar. „Und Sie müssen die deutsche Sprache lernen. Sie ist die Vo­raussetzung für alles.“ Sie ermutigt dazu, ein Teil der deutschen Gesellschaft zu werden und weist auf den demografischen Wandel hin. „Wir werden weniger – darum brauchen wir Sie.“

Den Flüchtlingen liegen auch Vorfälle wie die Silvesternacht in Köln auf dem Herzen. „Verstehen Sie, dass diese Krawalle uns Flüchtlinge sehr belasten und erschüttern?“, liest ein Asylsuchender der Runde seine Frage vor. Angelika Matt-Heideker zeigt Mitgefühl: „Ich verstehe Sie, weil es mehr Gewalttaten von Deutschen gegen Flüchtlinge gibt, als anders herum.“ Genauso schrecklich sei für sie aber auch die Nacht in Köln gewesen. Seit diesen Vorkommnissen gebe es einen Wandel in der Gesellschaft, erzählt die Oberbürgermeisterin: „Die Menschen sind ängstlicher.“

Auch die Wohnungsknappheit wird zum Thema. „Wir müssen und werden Häuser bauen“, verspricht Matt-Heideker. Sie bedauert, dass es in ländlicheren und östlichen Regionen viel mehr Platz gebe, die meisten Menschen aber in Ballungsgebiete möchten, wo Wohnraum Mangelware ist. Außerdem hofft sie, dass die Flüchtlinge bald über die ganze Stadt verteilt wohnen können und kein abgegrenztes „Syrien-Dorf“ entsteht. Sie weiß: „Irgendwann ist Schluss. Wir haben nicht mehr viel Platz.“