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Im Sommer summen die Schnaken

Nach dem extrem feuchten Juni befürchten viele nun eine Mückenplage im Kreis

Als wäre es nicht genug: Zuerst vermiesen die Unwetter die Ernte, dann fressen die Schnecken alles auf, und jetzt drohen hungrige Stechbiester.

Wenn die kleinen Biester zustechen und Blut saugen, folgt das fiese Jucken. Foto: Carsten Riedl
Wenn die kleinen Biester zustechen und Blut saugen, folgt das fiese Jucken. Foto: Carsten Riedl

Kirchheim. Der Juni hat es in sich. In Sachen Natur zeigt er sich bisher nicht von der besten Seite. Im Gegenteil: Unwetter, Regenfluten und Schlammlawinen sorgten für unliebsame Schlagzeilen. Als wäre es noch nicht schlimm genug. Das Wasser geht dank den sommerlichen Temperaturen zurück und jetzt macht sich in allen überfluteten Gebieten die Mückenplage breit. Die hohen Temperaturen, zum Teil über 30 Grad, sind der Auslöser für die schnelle Entwicklung der Schnaken. Eine Woche brauchen die Blutsauger für ihre Entwicklung.

In den Pfützen und Tümpeln aufüberfluteten Feldern in der Region gibt es keine natürlichen Feinde für die Mücke. Weder Libellenlarven noch Fische stören beim Wachsen. So könnte demnächst eine Invasion auf die verschiedenen Regionen im Kreis zukommen. Es ist wie im Horrorfilm: Die weiblichen Stechmücken gehen auf Jagd nach Menschenblut und verursachen unruhige und juckende Nächte. Das Blut verwenden die Minivampire für ihren Nachwuchs.

Entlang des Rheins herrscht Mückenalarm. Das anhaltende Hochwasser sorgt in den Anliegergemeinden am Rhein und in den Rheinauen für reichlich Mückennachwuchs. Auch in der Region und im Landkreis gab es durch die schweren Gewitterregen Überflutungen. Droht der Region um die Teck jetzt auch eine Schnakeninvasion?

Robert Poremba vom BUND-Kreisverband in Esslingen sieht die Situation für den Landkreis weniger drastisch: „Ein erhöhtes Aufkommen von Stechmücken und anderen Arten ist durch das Wetter der vergangenen Wochen und dem zu warmen Winter zu erwarten.“ Ökologisch gesehen ist es in diesem Jahr vor allem für die Fressfeinde der Schnaken ein gutes Jahr. Die vielen Insekten bieten ihnen reichlich Nahrung. Poremba relativiert: „Plage“ im Zusammenhang mit den Mücken klingt zu dramatisch. Das Problem ist eher, dass der Mensch die natürlichen Feinde zurückdrängt und somit die Plage noch unterstützt.

Für das Ökosystem in der Region sieht der Naturschutzexperte keine Gefahr. „Ein schädlicher Einfluss auf die Natur ist nicht zu erwarten“, weiß er. Im Gegenteil, alle Mückenarten erfüllen eine wichtige Funktion als Nahrungstiere. Die Larven stehen auf dem Speiseplan der Fische und die ausgewachsenen Tiere zählen zum täglichen Menü der Vögel und Fledermäuse. „Zudem haben die männlichen Mücken eine nützliche Aufgabe. Sie dienen als Pflanzenbestäuber.

Während also die männlichen Insekten ihren Beitrag zum Wachstum in der Natur leisten, werden die weiblichen Biester lästig; denn nur sie stechen. Und dabei verlässt sich Frau Mücke auf ihren Geruchssinn. Nicht das Licht, wie vielerorts vermutet, zieht die Mücken an, sondern der Geruch des Menschen. Deshalb gibt es bekanntlich Menschen, die kaum gestochen werden, während andere von Stichen übersät sind. Die Insekten sind durchaus wählerisch.

Robert Poremba liefert zur Schnakenabwehr nützliche Tipps: „Von der chemischen Keule rate ich zunächst ab, da die Gifte nicht nur schädlich für andere Tierarten, sondern auch für den Menschen sein können.“ Vielmehr setzt der Mückenkenner auf Fliegengitter und Moskitonetze über den Betten. Ebenso wirksam sind klassische natürliche Hausmittel: Niemöl, Lavendelöl und Zitronellaöl gelten als gute Hilfe, um die Schnaken vom Blutsaugen abzubringen.

Viele der Duftrezepturen können im eigenen Haushalt schnell und günstig selber gemischt werden. Interessierte finden im Internet unter www.zentrum-der-gesundheit.de viele Tipps zur Abwehr der Minivampire. Einziger Wermutstropfen: Das lästige nervige Summen der Weibchen bleibt auch bei bester Abwehr kaum erspart. Die männlichen Mücken suchen ohnehin nicht die Nähe der Menschen, sondern begnügen sich mit fein duftenden Blüten.

„Bloß nicht kratzen!“NACHGEFRAGT

Karin PflügerFoto: Krytzner
Karin PflügerFoto: Krytzner

Wird Kirchheim in diesem Sommer von einer Mückenplage bedroht?

KARIN PFLÜGER: Nein! Es gibt keinen Grund zur Panik. Mal gibt es mehr Plagegeister, mal weniger. Es kommt auch drauf an, wo man lebt. An Gewässern zum Beispiel hat es immer mehr Schnaken.

Haben Sie vorsorglich mehr Schutz- und Juckmittel eingekauft als sonst?

PFLÜGER: Wir haben genug Mückenabwehrmittel und Schnakenstichartikel im Laden. Die Hersteller gehen mit den Produkten in die Breite, dadurch haben wir mehr Vielfalt.

Gibt es den „stichfreien“ Menschen?

PFLÜGER: Ich kenne keinen, den es noch nicht erwischt hat. Die Mücken riechen die Ausdünstung. Der Duft um den Menschen herum verrät der Schnake: Hier ist ein Lebewesen! Die Blutsauger sind Beispielsweise auf den Milchsäure-Duft fixiert.

Wie schützen sich Jung und Alt vor Mücken?

PFLÜGER: Neben langärmliger Kleidung und geschlossenen Schuhen helfen vor allem Moskitonetze. Ebenso wirksam ist der abschreckende Duftmantel um den eigenen Körper. Wenn die Anti-Schnaken-Mittel verdunsten, bilden sie für einige Stunden ein wirksames Schutzschild. Es geht aber noch einfacher: Abends duschen! Das verdirbt den Biestern ein wenig den Appetit aufs Blut.

Wie lindert man das Jucken nach dem Mückenstich?

PFLÜGER: Kühlen hilft! Mit Wasser oder Kühlpads. Es gibt zudem viele Roll-Ons mit ätherischen Ölen. Körpereigene Reaktionen können mit einer leichten Hydrocortisonsalbe verringert werden. Aber: Nicht kratzen! Sonst entzündet sich der Stich.

Gibt es auch Hilfsmittel aus dem ­eigenen Garten?

PFLÜGER: Meine Kollegin Katrin Geißler schwört auf Spitzwegerichblätter. Werden diese zerdrückt und auf die Stichstelle gelegt, lindert dies das unangenehme Jucken.