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Made in Germany

Die Chinesin Yi Chi lebt seit Jahren in Wendlingen – Vielen ist sie aus der Serie „Die Fallers“ bekannt

Yi Chi lebt in Wendlingen. Doch der Name lässt es ahnen: ­Geboren wurde sie in China. Sie wuchs in Shandong auf und studierte in Beijing. Ihre Geschichte und die ihrer ­Familie gibt Einblicke in ein ­Leben in zwei Kulturen.

Yi Chi bei den Dreharbeiten zur Fernsehserie „Die Fallers“, wo sie die Ehefrau des vietnamesischen Kochs im „Löwen“ spielt. Foto
Yi Chi bei den Dreharbeiten zur Fernsehserie „Die Fallers“, wo sie die Ehefrau des vietnamesischen Kochs im „Löwen“ spielt. Foto: pr

Wendlingen. „Ich liebe Deutschland und das Schwabenland“, sagt Yi Chi. Dass das nicht nur ein Spruch ist, merkt man der Chinesin sofort an, denn sie hört nicht auf, die schwäbischen Tugenden – und das schwäbische Essen – zu loben. „Linsen mit Spätzle, Maultaschen, Wibele . . . auch die Kehrwoche, das liebe ich“, sagt sie lachend. „Ob man ein Schwabe ist, liegt nicht nur an der Herkunft, vielmehr daran, ob man Schwäbisches in sich hat.“ Als sie im vergangenen Jahr die Eröffnungsgala des ersten deutsch-chinesischen Kurzfilmfestivals moderierte, trat sie im Dirndl auf. „Deshalb nannten mich alle Projektmitarbeiter ,Made in Germany‘ – eine Bezeichnung, die ziemlich gut passt“, findet Yi Chi.

1991 kam sie mit ihrem Mann, den sie in Beijing kennengelernt hatte, nach Deutschland. Er nahm sie mit nach Raidwangen. „Dort war die erste Station meines neuen Heimatlands“, erinnert sich Yi Chi, die mittlerweile Mutter von zwei erwachsenen Buben, Oswald und Michael, ist. Oswald ist ein recht ungewöhnlicher Name, selbst in Deutschland und erst recht für eine chinesische Mutter. „Ich liebe diesen alten Namen“, entgegnet Yi Chi. Auf ihre beiden Jungs ist sie sehr stolz.

Zwischen chinesischer und deutscher Kultur zu vermitteln, ist eine Aufgabe, der sich Yi Chi seit 1997 widmet. Als interkulturelle Kompetenztrainerin ist sie mit kulturbedingten Missverständnissen konfrontiert. „Um eine fremde Kultur zu verstehen, muss man bewusst die eigene Kultur erkennen. Ich habe die chinesische Kultur erst bewusst erkannt, als ich das Land verlassen und sie aus der Distanz betrachtet habe“, erzählt sie. Die Entfernung von über 8 000 Kilometern zu überbrücken, war am Anfang nicht leicht für Yi Chi, die ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland kam. Zwei Monate paukte sie am Goethe-Institut in Mannheim, bis Grammatik und Wortschatz auf einem ausbaufähigen Niveau waren. „Um die Sitten und Gebräuche des neuen Heimatlands zu respektieren und sich ihnen anzupassen, ,muass mr gleich gschirra‘“, sagt sie lachend.

Doch sie hat weit mehr Talente. Sie ist auch freie Künstlerin. Eine ihrer Skulpturen wurde im Jahr 2012 für einen Skulpturen-Park in der chinesischen Stadt Changchun ausgewählt, wo sie seitdem permanent ausgestellt ist. „Eine Skulptur ist für mich eine andere Sprache, um mein Gefühl und mein Denken auszudrücken“, sagt Yi Chi. Der Titel der Arbeit heißt „Das Leben“. Sie ist etwa fünf Meter hoch und aus Edelstahl und Granit gefertigt. „Meine Arbeit hinterlässt immer Spuren von zwei unterschiedlichen Kulturen. Das ist genau das, was ich erschaffen möchte: einen Dialog zwischen zwei Kulturen.“

Auch in Deutschland ist die Chinesin sehr aktiv. Sie ist Gastschauspielerin in unterschiedlichen Fernsehsendungen. In der Sendung „Verstehen Sie Spaß“ wurden bereits Prominente wie Daniela Katzenberger, Marco Rima oder Mark Medlock von ihr reingelegt. Seit einigen Jahren spielt sie auch in der Fernsehserie „Die Fallers“ als Oahn mit, die Ehefrau des vietnamesischen Kochs im „Löwen“.

Überhaupt kommt Yi Chi aus einer Künstlerfamilie. Ihre heute 84-jährige Mutter arbeitete in einem staatlichen Filmstudio in Beijing und unterrichtete chinesische Malerei an einer Hochschule. Ihre Schwester, Peng Chi, ist eine bekannte chinesische Filmschauspielerin. Doch leicht war das Leben der Familie nicht. „Während der Kulturrevolution wurden die Haare meiner Mutter einseitig geschoren, weil sie aus einer intellektuellen Familie kam und alte chinesische Gedichte bewahren wollte.“

Die Entwicklung Chinas beobachtet sie ganz genau. „China ist ein sozialistisches System mit frühkapitalistischen Zügen. Man genießt zwar den schnellen wirtschaftlichen Erfolg, aber der Schrei nach einem Fairplay, nach innerem Halt, nach sozialer Harmonie hat nie aufgehört.“ Offiziell gibt es auch Demokratie in China, aber es handelt sich um die sogenannte vertikale Demokratie.

China habe noch viele Probleme, die bei zu schneller Entwicklung des Turbokapitalismus nicht gelöst werden könnten, sagt Yi Chis. Dennoch ist sie stolz auf die Fortschritte, die ihr Land bereits gemacht hat.