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Nichts Verstaubtes aus der Mottenkiste

Filmabend Das neue Jahr beginnt in Dettingen immer mit einem kostenlosen Kinovergnügen. Seit über 20 Jahren ist das so. Der Filmclub Teck zeigt in der Schlossberghalle seine besten Produktionen. Von Andrea Barner

Aus dem Film von Barbara und Hartmut Ibsch „Zulassen“ eine Collage mit eingebettetem Bild aus den 40er-Jahren.  Foto: Günter Kah
Aus dem Film von Barbara und Hartmut Ibsch „Zulassen“ eine Collage mit eingebettetem Bild aus den 40er-Jahren. Foto: Günter Kahlert

Der Schwabe freut sich: kostenlos. Schauplatz ist die Schlossberghalle. Eiseskälte und leichter Schneefall halten die Besucher ebenso wenig ab wie die mögliche Rutschpartie auf den Straßen rund um Dettingen. Das Jahr beginnt, und es ist „Gemeindefilmabend“: 13 Kurzfilme zwischen 2 und 15 Minuten, zwei Stunden Streifzug durch filmische Darstellungskunst.

Den „erfolgreichsten Filmclub im Land“ hat Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann bei seinem Amtsantritt seinerzeit „geerbt“ – das war schon vor 21 Jahren. Seit dem Bau der Schlossberghalle (1991) und seit die Produktionen des Filmclubs Teck regelmäßig bundesweit für Furore sorgen, gibt es auch den Filmabend – immer vor vollem Haus.

„Ich hab mich gefreut, dass trotz der Kälte draußen alle Garderobenhaken belegt sind“, freut sich der Schultes zu Beginn seiner humorvollen Begrüßungsrede, die selbstverständlich nicht ohne kommunale und sonstige Politik auskommt. Sie ist jedoch auch voll des Lobes für den rührigen Club, der schon seit 41 Jahren besteht. Und ja, einige Gründungsmitglieder sind noch dabei. Aktiv, engagiert und digital-technisch macht ihnen keiner was vor. Den jüngeren Vereinsmitgliedern sowieso nicht.

Einige Filme haben vergangenes Jahr an Bundeswettbewerben der Amateurfilmer teilgenommen, einige wurden mit Medaillen ausgezeichnet, einer schaffte es sogar bis zu den 74. Deutschen Filmfestspielen im saarländischen Sankt Ingbert: „Zulassen“ von Barbara und Hartmut Ibsch. Das Kirchheimer Ehepaar hat darin Spurensuche und Aufarbeitung betrieben in einer problematischen Vater-Sohn-Beziehung, die gegen Ende des zweiten Weltkriegs beginnt und Jahrzehnte benötigt, um am Ende „ins Reine“ zu kommen.

Um eine mystische Traumwelt dreht sich der von Josef Pettinger und Rolf Schaal inszenierte Kurzfilm „Seelentaucher“. Er zielt ab auf Kino im Kopf, wenn geschmeidige Körper durch Unterwasserwelten gleiten, sich Türen und Horizonte öffnen, und Musik die Sinne umspült. Der Film entstand in Zusammenarbeit mit dem „Traumtänzerensemble“ Göppingen.

Eberhard Halders Streifen „Bärenthaler Tuff“ zeigt die heute nur noch seltene Verarbeitung des Kalksteins, der vor allem im frühen 20. Jahrhundert verbaut wurde, zum Beispiel in Stützmauern am Albaufstieg, an Bahnhöfen und kirchlichen Gebäuden.

Themenschwenk: Ein fast 80-jähriger Kupferschmied aus Lenningen baut in knapp 100 Stunden nach alter Schmiedekunst Alphörner. Karl-Heinz Kosmalla hat ihm auf die Finger geschaut. Keinen Film, sondern eine Fotoschau zeigt Herbert Kaiser. Viele fleißige und begabte Hände bemalen und arrangieren Zehntausende ausgeblasene Eier zu kunstvollen Osterbrunnen zwischen Kirchheim, Bissingen und Bad Überkingen.

Kurze filmische Einsprengsel gibt’s von Barbara Ibsch, die einen zweiminütigen Fantasie-Experimentalfilm aus dem „Nichts“ zaubert oder von Ehrentraud Albrecht, die alte Szenen aus Kindertagen bis hin zur Hochzeit ihrer Tochter zusammenmixt, und mit einem „Kleinen Lied vom Mutmachen“ unterlegt. Eine Fotoschau von Rolf Horst veranschaulicht die totale Mondfinsternis von 2015 und deren Faszination. „Wie viele ‚Sterne‘ hat eigentlich Ihr Hotel?“, fragt Filmer Jürgen Leitz und nutzt gängige Werbesprüche, um augenzwinkernd zu demonstrieren, dass doch in freier Natur, am Lagerfeuer und im Zelt so ziemlich alles vorhanden ist, was der Mensch braucht.

Jürgen Leitz zeigt auch einen eindrucksvollen Film aus dem Himalaya. Dort hat er im Alleingang den „Stok Kangri“ bestiegen und die großen Momente mit Helmkamera und Stativ dokumentiert. Zur Kategorie „Reisefilm“ zählen auch die Beiträge des Kirchheimer Arztes Dr. Hanns-Jürgen Roll, der Persien bereist, historische und moderne Stätten besucht und viele eindrucksvolle Kunstwerke aus 1001 Nacht festgehalten hat.

Eine Autotour durch Südarabien mit Wasserlöchern und vielen Wüsten-Impressionen begleitet Ehrentraud Albrecht mit der Kamera. Nichts für schwache Nerven ist die „Highline 179“, eine Fußgängerbrücke bei Reutte in Tirol über die Fernpassstrecke. Je mehr Menschen gleichzeitig über die 400 Meter lange Hängebrücke gehen, desto mehr schwingt sie.