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Wie geht es weiter, wenn der Flüchtlingsstrom anhält?

Ausgiebige Debatte im Ratssaal zwischen der Verwaltungsspitze und den Bewohnern des Klosterviertels

Großes Interesse herrschte unter den Bewohnern des Klosterviertels an der Informationsveranstaltung zur Anschlussunterbringung.F
Großes Interesse herrschte unter den Bewohnern des Klosterviertels an der Informationsveranstaltung zur Anschlussunterbringung.Foto: Carsten Riedl

Die Diskussion im Kirchheimer Rathaus war intensiv. Die Verwaltung stellte sich den Fragen der Anwohner, die sich überwiegend nach alternativen Standorten erkundigten und nach Möglichkeiten, vielleicht nur zwei statt vier neuen Gebäuden auf der Klosterwiese zu bekommen.

Andreas Volz

Kirchheim. Viele Vorstellungen von Ersatzstandorten zählten die Anwohner auf. In allen Fällen erklärte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker, warum sie aus Sicht der Verwaltung nicht infrage kommen. Das EZA-Gelände – oder auch Steingau-Quartier – sei nach wie vor nicht im Eigentum der Stadt. Auf jeden Fall aber sei der Verkaufspreis zu hoch, um dort ausschließlich Wohngebäude für Flüchtlinge zu erstellen. Ähnliches gelte für den „Hain der Kulturen“. Die Stadt habe das Gelände vom Land zu einem günstigen Preis erworben, weil es zur Grünfläche werden sollte: „Wenn wir das jetzt bebauen würden, müssten wir kräftig nachzahlen.“

Der Ziegelwasen wiederum werde das ganze Jahr über fürs Parken benötigt. Und der Hegelesberg sei als Gewerbegebiet ausgewiesen. Rechtlich ist es zulässig, dort für drei Jahre eine Möglichkeit zur Erstunterbringung zu schaffen. Aber nicht für längere Zeit und vor allem nicht für die Anschlussunterbringung.

Dafür zählte die Oberbürgermeisterin eine ganze Reihe weiterer Standorte auf, die die Stadt im Auge hat, sei es für die Erst- oder für die Anschlussunterbringung: Teile des Güterbahnhofgeländes und des Steingau-Quartiers, Grundstücke an der Tannenbergstraße, in Nabern am Sportplatz Oberer Wasen, am ge­planten Wohngebiet Schafhof IV, sowie den Ott‘schen Platz am Stadion.

Direkte Bedenken wegen der Klosterwiese gab es auch. So kam die Frage aus dem Publikum: „Wenn der Flüchtlingsstrom anhält, wird dann die restliche Klosterwiese auch bebaut?“ Angelika Matt-Heideckers Antwort beruhigte das Publikum kaum: „Das ist eigentlich nicht angedacht. Wir wollen die Menschen so gut wie möglich im Stadtgebiet verteilen.“ Bei der Frage nach dem Familiennachzug lautete die Auskunft ähnlich: „Das bietet weiteren Sprengstoff. Wir wollen nicht den Rest der Klosterwiese für den Familiennachzug überbauen. Aber wir wissen natürlich nicht, wie viele Menschen noch in unserer Stadt ankommen.“

Vor allem Anwohnerinnen waren es, die ihre Bedenken wegen der Zahl von fast 140 Menschen – überwiegend Männer – formulierten. Dazu meinte die Oberbürgermeisterin: „Die Äußerungen nehme ich sehr ernst. Ich kann sie nachvollziehen. Ich möchte da nichts verharmlosen. Auch ich will keine Angst haben müssen. Aber ich bitte doch darum, nicht alle Menschen und auch nicht alle Männer über einen Kamm zu scheren.“

Kontrovers diskutiert wurde die Frage, ob da nun ein Getto entsteht oder nicht. Der eine Anwohner nannte vier dreistöckige Gebäude „ein Unding“. Das sei auf jeden Fall ein Getto. Ein anderer erwiderte: „Ob Getto oder nicht – das liegt nicht nur an denen, die kommen, sondern auch an denen, die schon da sind.“

Ein weiterer Anwohner bot seine persönliche Hilfe an, um im Klosterviertel für das Vermieten von Wohnungen zu werben: „Allgemeine Aufrufe sind zu unpersönlich. Man muss mit den Leuten unmittelbar reden. So lässt sich vielleicht der Bau von ein bis zwei Häusern verhindern.“

Wer übrigens eine Wohnung vermieten möchte, um sie über die Stadt weitervermieten zu lassen, kann sich an folgende städtische Mitarbeiter wenden: Herbert Müller, Telefon 0 70 21/5 02-3 51, E-Mail h.mueller@kirchheim-teck.de, sowie Michael Baur, Telefon 0 70 21/5 02-3 37, E-Mail m.baur@kirchheim-teck.de.

Zur Zusammenfassung des Abends eignen sich zwei Aussagen aus dem Publikum. Eine Anwohnerin hatte das Gefühl: „Mit einer geringeren Anzahl von Menschen auf der Klosterwiese könnte ich besser umgehen.“ Und gleich zwei Zuhörer stellten sinngemäß fest: „Die Notwendigkeit ist allen klar. Wir haben heute keine einzige Stimme gehört, die gesagt hat, wir wollen niemanden unterbringen und überhaupt gar nichts haben.“