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Wohnraum für 230 Menschen

Kirchheim sucht für nächstes Jahr nach schnellen Lösungen für die Anschlussunterbringung

Die Stadt Kirchheim bemüht sich, Flüchtlinge mit Bleibeperspektive unterzubringen. Die Planungen dafür haben frühzeitig begonnen, und dennoch wird die Stadtverwaltung von der Entwicklung der Zahlen überrollt. Nach aktuellem Stand sollen im kommenden Jahr für 230 Menschen neue Unterkünfte geschaffen werden.

In Hochdorf sind gerade erst etliche neue Gebäude in Holzbauweise entstanden. Ähnliche Gebäude sollen nun auch für die Anschluss
In Hochdorf sind gerade erst etliche neue Gebäude in Holzbauweise entstanden. Ähnliche Gebäude sollen nun auch für die Anschlussunterbringung in Kirchheim gebaut werden, allerdings nicht so viele an einem Standort. Geplant ist eine dezentrale Unterbringung.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Offiziell ging es bei dem Tagesordnungspunkt im Kirchheimer Gemeinderat um die „Bereitstellung von Wohnraum zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen“. Immer wieder wurde deshalb im Ratsrund betont, dass es sich eben nicht nur um Flüchtlinge handelt, sondern auch um Obdachlose. Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker unterschied auch hier noch: „Obdachlos heißt nicht, dass das Menschen sind, die unter der Brücke leben. Das können auch Menschen sein, die nach einer Eigenbedarfskündigung plötzlich auf der Straße stehen und auf die Schnelle keinen bezahlbaren Wohnraum finden.“

Dennoch ist wohl davon auszugehen, dass es sich bei den Menschen, für die die Stadt nun ihrerseits auf die Schnelle Wohnraum bereitstellen muss, überwiegend um Flüchtlinge handelt. Genaueres zum öffentlichen Tagesordnungspunkt ist nicht bekannt, denn die Sitzungsvorlage bleibt der Öffentlichkeit vorenthalten. Das hat sicher auch mit den geplanten Standorten für die Neubauten zu tun, denn darüber sollten die Anwohner nicht unbedingt aus der Zeitung erfahren, hieß es. Die Brisanz des Themas ist also allen Beteiligten bewusst. Die Stadtverwaltung plant deshalb Informationsabende.

Wie sieht das Programm aus, dass die Stadt Kirchheim zur Anschlussunterbringung auflegen möchte? Zum einen will die Stadt vorhandene Gebäude erwerben, die ihr angeboten werden, und diese Gebäude – ebenso wie andere, die bereits in ihrem Eigentum sind – sanieren und dann als Wohnraum zur Verfügung stellen. Außerdem ist die Stadt auf der Suche nach Mietwohnungen, bei denen sie als Zwischenvermieter auftritt, um sie an Asylbewerber und Obdachlose weiterzuvermieten.

Den Vorteil für die Vermieter benennt Angelika Matt-Heidecker ganz klar: „Die Stadt gewährleistet die Mietzahlungen und übernimmt auch die Kosten für Renovierungen, die nach dem Auszug möglicherweise anfallen.“ Ein allzu großes finanzielles Risiko sieht sie in diesem Fall nicht für die Stadt. Schließlich sollten die neuen Bewohner ihren Lebensunterhalt nach Möglichkeit selbst verdienen und somit in der Lage sein, die Miete aus eigener Tasche aufzubringen. Die andere Möglichkeit: Die Mieter leben von Hartz IV, und auch in diesem Fall würde die Miete das Stadtsäckel nicht direkt belasten.

Nun kommen aber noch ganz andere Zahlen ins Spiel: „Vor zwei Wochen sind wir noch von 80 Personen ausgegangen, für die wir jedes Jahr Möglichkeiten zur Anschlussunterbringung schaffen müssen“, sagte die Oberbürgermeisterin. „Dann hieß es, dass wir mit 160 Menschen rechnen müssen, und jetzt sind wir bei 230 – allein für das Jahr 2016.“

Diese Zahl ist mit Mieten, Erwerben und Sanieren im Stadtgebiet nicht unterzubringen. Also setzt die Verwaltung auf nachhaltige Neubauten in Holzbauweise. Diese sollen auf städtischen Grundstücken errichtet werden. Gedacht ist an eine dezentrale Unterbringung – außer in der Kernstadt auch in den Teilorten: „Wir wollen hier keine syrischen Dörfer schaffen.“ Und dann sagte die Oberbürgermeisterin noch: „Es bleibt die Frage, ob wir das schaffen können, wenn tatsächlich diese Zahlen kommen.“

Eine andere Frage ist die, warum sich die Zahl von 230 in den nächsten Wochen nicht noch einmal nahezu verdreifachen sollte. Dann wird die Rechnung mit den solide gebauten Holzhäusern schnell zur Milchmädchenrechnung, und aus den Gedankenspielen zur Lösung des Problems wird ein Kartenhaus, das schneller einfällt als es aufgebaut ist.

Hochbauamtsleiter Wolfgang Zimmer lobte immerhin die angedachte Systembauweise als „bewährt“. Die Gebäude wirkten „gut und solide“, und selbstverständlich entspräche die Wärmedämmung aktuellen Standards. Der Vorteil sei, dass die Gebäude – mit Vier-Zimmer-Wohnungen einschließlich Küche und Dusche/WC für Familien, oder auch mit Einzelzimmern sowie gemeinsamen Koch- und Sanitärbereichen auf der Etage – sehr schnell zu bauen sind.

Abstimmung

Der Gemeinderat stimmte der Vorlage einmütig zu, hatte aber teilweise die Sorge, dass das gesamte Thema für „Unfrieden“ sorgen könnte. Einig waren sich die Redner darin, dass es wichtig ist, die Bevölkerung rechtzeitig zu informieren. Siegfried Pöschl (FDP/KiBü) regte an, Paten aus dem Gemeinderat zu benennen, die an jedem geplanten Standort als Ansprechpartner für die Anwohner fungieren sollen.