Lokale Kultur

Ehrerbietung an Friedrich Silcher

Die „Holzmadian Harmonists“ ernteten Beifallsstürme

Die „Holzmadian Harmonists“ begeisterten bei der Premiere ihres Silcherabends die Gäste. Mit dabei war „Lore“, Lea Moselewski. F
Die „Holzmadian Harmonists“ begeisterten bei der Premiere ihres Silcherabends die Gäste. Mit dabei war „Lore“, Lea Moselewski. Foto: Ulrich Schwarz

Weilheim. Einen Glückstreffer landete, wer bei der Uraufführung des Silcherabends mit neuem Konzertprogramm im Backhaus „Scholderbeck“ zugegen war. Das Männerquintett Holzmadian Harmonists

sang ausschließlich Lieder des schwäbischen Komponisten Friedrich Silcher und stellte dessen Wirken mit viel Wissenswertem, szenischen Darstellungen und humorvollen Einlagen umfassend dar.

Beim Einmarsch ins voll besetzte Café trällerten die fünf Männer das auf der ganzen Welt bekannte „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Die Wandergesellen trugen ein zeitgemäßes Gewand, welches mit der geschmackvollen Dekoration das im frühen 19. Jahrhundert handelnde Geschehen authentisch zeigte.

Sehr schnell drehten sich die Gespräche auf der Bühne und der Gesang um die beiden wichtigsten Themen: Heimweh und Liebesschmerz. Am meisten getroffen hiervon zeigte sich Sänger Gerald, der den ganzen Abend immer wieder seine geliebte „Mama“ herzzerreißend ins Spiel brachte. Solchen Gefühlen trugen die Weisen „Morgen muss ich fort von hier“ und „Oh wie herbe ist das Scheiden“ Rechnung.

Für den Aufbruch zu neuen Zielen und die schönen Seiten der Walz standen die Lieder „Ein Sträußchen am Hute, den Stock in der Hand“ und „Es, es, es und es“. Positiv fiel bei der Liedauswahl auf, dass die Harmonists einige bis dato ihrer Fangemeinde noch unbekannte Melodien Silchers ins Programm aufgenommen hatten. Dass die Sänger und deren Umfeld auch für Details das richtige Händchen hatten, bewiesen Accessoires und die Einbindung weiterer Akteure. Gerald Winkles Gitarrenspiel bereicherte zuweilen die A-cappella-Vorträge. Steffi Ernst spielte die fesche Wirtin „Margret“, und des Chorleiters Tochter, Lea Moselewski, verkörperte die anmutige, aber hochnäsige „Lore“, Sprössling eines Quartier gebenden Handwerksmeisters. Gerade dieser Lore waren die Lieder „Mädle lass dir was erzählen“ und „Rose­stock, Holderblüh“ gewidmet. Spontanes Verliebtsein und das Versprechen auf Rückkehr nächstes Jahr beendete die romantische Liebesszene.

Eve Neubold-Sigel, Geschäftsführerin beim Scholderbeck, begrüßte die Gäste und stellte kurz ihren Betrieb vor. Die Besucher durften nicht nur von den vielen Backwaren naschen, sondern konnten auch in die Produktionshalle der Bäckerei Einblick nehmen.

Nach der Pause erklang „Was hab ich denn meinem Feinsliebchen getan“. Die Akademische Liedertafel sowie eine Gaststätte in Tübingen waren nun Ort der Handlung. Dort zechten singende Studenten und philosophierten über Gott und die Welt. Als ein Gaststudent aus Oxford – glänzend gespielt vom Muttersprachler Eric Jarman – hinzustieß, um das revolutionäre Potenzial im deutschen Vormärz aufzuspüren, zeigte sich dieser irritiert. Obwohl man mit den Liedern Silchers und liberal-progressiven Überzeugungen der unbeliebten Obrigkeit Paroli bieten wollte, überlagerte geselliges Beisammensein das kämpferische Bewusstsein.

Weil der englische Gast bei den Weisen „Rosmarin und Salbeiblättchen“ und „Loreley“ den aufrührerischen Geist deutscher Studenten vermisste, konterte ein Sänger: „Wir schwelgen nicht nur in schönen Harmonien im Museumsverein – ab und an werden auch revolutionäre Gesänge angestimmt“. Sogleich wurde „Die Gedanken sind frei“ intoniert und die Gäste im Saal zum Mitsingen eingeladen. Diese stimmten gerne ein und erfreuten sich auch an den folgenden Liedern wie „Und sitz ich in der Schenke“ sowie „Ja lustig bin ich“.

Man würde der Person Silchers nicht gerecht, wenn sein Wirken auf die Funktion als Sammler und Komponist von Volksliedern sowie begnadeter Arrangeur von Chorsätzen reduziert würde. Der Musikdirektor an der Tübinger Universität war auch Neuem zugetan. Dieser anderen Seite des Musikpädagogen wurde gedacht. Hierbei entpuppte sich Gastmusiker David Einsele mit seiner Einlage als die Entdeckung des Abends: Er rappte mit dem Chor zusammen und trug somit der visionären Ausschau vom Jahr 1829 ins 21. Jahrhundert Rechnung. Der dargebotene „Brünnele-Rap“ vereinte quasi die Lore mit dem Brünnele und dem Röslein rot. Beifallsstürme der weit über 100 Gäste waren der verdiente Lohn für das gewagte Unterfangen.

Mit „Weißt du wie viel Sternlein stehen“ und etlichen Zugaben endete ein schöner Liederabend, bei dem die Sänger Eric Jarman, André Moselewski, Jürgen Rexer, Andreas Schäfer und Gerald Winkle gut aufgelegt und mit hoher Qualität dem Wirken des Dr. Silcher Tribut zollten.