Lenninger Tal

Ein Hamburger aus lokalem Anbau

Am 28. Mai ist der „Internationale Tag des Hamburgers“ – In Lenningen geht's ohne Systemgastronomie

Wir befinden uns im Jahre 2016 nach Christus. Ganz Schwaben ist von McDonald’s, Burger King und deren Verbündeten besetzt . . . Ganz Schwaben? Nein! Das unbeugsame Lenninger Tal hört nicht auf, den gastronomischen Eindringlingen Widerstand zu leisten, macht seine Hamburger lieber selbst.

Jochen Ehni und seine Schwester Beate Bächtle in der Oberlenninger Filiale der Metzgerei Ehni mit einem ihrer Hamburger .¿.¿.
Jochen Ehni und seine Schwester Beate Bächtle in der Oberlenninger Filiale der Metzgerei Ehni mit einem ihrer Hamburger .¿.¿.

Lenningen. Am 28. Mai wird in den USA der Internationale Tag des Hamburgers gefeiert. Warum auch nicht, schließlich gibt es auch einen Tag des Cheeseburgers und einen Tag der Salami. Ganz ohne Systemgastronomie gibt es im Lenninger Tal leckere Hamburger, sie stammen aus lokalem Anbau. Bei der Metzgerei Ehni sind sie seit etwa drei Jahren im Angebot, vor allem Schüler greifen gerne zu.

„Früher gab es bei uns bloß Fleischkäswecken“, sagt Beate Bächtle, die Schwester des Firmenchefs Jochen Ehni. Dann sollte für die hungrigen Schüler etwas Abwechslung her. Seit ungefähr drei Jahren gibt es nun täglich Hamburger. Meist gehen so 15 bis 20 Stück weg, es können auch mal 25 sein.

Doch Hamburger ist nicht gleich Hamburger, beginnend mit dem Brötchen. „Ich wollte kein lätschiges Weggle“, sagt Bächtle. Also bezieht die Metzgerei das Sesambrötchen von der lokalen Bäckerei Bohnacker. Der Salat ist wie alle Salate im Haus selbst gemacht, die Remouladensoße und die rote Hamburgersoße sind es auch. Im Fleischtaler ist nur Rindfleisch drin, die Metzgerei schlachtet in Gutenberg selbst, die Tiere kommen vom Albbauern in Suppingen.

Jeden Tag frisches Hackfleisch zu machen, wäre dann doch zu aufwendig. Also werden immer 20 bis 30 Kilogramm auf einmal gemacht und wie bei der Wurst in einen Darm gefüllt. Dann wird das Rindfleisch tiefgefroren. Der tägliche Bedarf wird in gefrorenem Zustand abgesägt, immer in der gleichen Dicke, wie mit einer Brotschneidemaschine. Der im Konvektomat gegrillte, warm gehaltene Fleischtaler und das kühle Brötchen mit Salat und Soßen treffen sich erst beim Kauf. Der kostet schülerfreundliche 1,95 Euro. „Das ist sehr hart kalkuliert“, sagt Ehni.

Die Nachfrage hängt davon ab, was es in der Mensa gibt, sie ist auch nicht hamburgerfrei. Dienstags und donnerstags konkurriert der Hamburger beim Metzger mit der Currywurst. „Wir haben den Hamburger schon vegetarisch angeboten, mit selbst gemachtem Zucchiniküchle“, sagt Bächtle.

Manche Hausfrau nimmt die gefrorenen Fleischtaler getrennt mit nach Hause, es können durchaus zehn Stück sein. Auch Restaurants kaufen Rohlinge. „Der Hamburger ist salonfähig geworden“, sagt Ehni. „Es gibt ihn im Restaurant für bis zu 15 Euro.“ Er deckt alle Geschmacksrichtungen ab: süßliches Weggle, saure Gurke, Röststoffe und das Salzige vom Fleisch, dazu das Kalte und das Warme.

„Es kommt darauf an, welches Teil vom Rind man nimmt“, sagt Ehni, der entsprechend experimentiert hat. Mit magerem, sehnenfreiem Rindfleisch wurde der Taler zu trocken. Heute mischt Ehni deshalb 70 Prozent entsehnten Bullenhals mit 30 Prozent Rinderbrust, die er sonst nicht für Hackfleisch verwendet. „So wird der Taler saftiger.“ Die Qualität des Fleisches, sagt Ehni, fängt für ihn bei der Tierhaltung an. „Ich vertraue dem, was ich sehe und vor der Haustür habe.“ Ehni ist gegen den Einheitsgeschmack: Wenn einem Kunden der Fleischkäse von ihm und die Saitenwürstchen eines Kollegen am besten schmeckten, sei das doch gut.

Wer mit Ehni spricht, staunt, wie viel das Metzgerhandwerk mit Chemie zu tun hat – nicht im Sinne fraglicher Zutaten, sondern mit der gründlichen Kenntnis grundlegender chemischer Vorgänge. Vor drei Jahren hat Ehni in einen Klimaraum investiert, macht nun sechs Sorten Salami. Der spitzig rechnende Fachberater riet ihm ab, der Ehrgeiz war stärker.

Ehnis Ehrgeiz gilt auch der Verpackung. Der Verbund aus Papier und Kunststoff gefiel ihm nicht. „Das lässt sich für das Recycling trennen, aber wer macht das schon zu Hause.“ Das neue Pergamentpapier ohne Plastik war eine Sonderanfertigung. Mit der geschäumten Box für den Hamburger ist Ehni ebenso wenig glücklich. Noch sucht er nach einer Alternative.

.¿.¿. den anschließend Johannes Bächtle - der Sohn von Beate Bächtle - mit Vergnügen verspeist. Fotos: Peter Dietrich
.¿.¿. den anschließend Johannes Bächtle - der Sohn von Beate Bächtle - mit Vergnügen verspeist. Fotos: Peter Dietrich

Tipps und Beobachtungen vom Metzger

„Das klingt für die Leute gut“, sagt Jochen Ehni zu amerikanischen oder brasilianischen Begriffen. Früher hat man das Rindfleisch zum Reifen ins Kühlhaus gehängt. Dann kam die Vakuumreifung. Heute wird wieder die offene Reifung propagiert, das ist im Prinzip wieder das alte Verfahren, bis auf Feinheiten wie die mit Salz angereicherte Luft. Das heißt dann aber „Dry Aged“. Bei dem einen oder anderen Gastronomen vermisst Ehni die Konsequenz. Mancher werbe in seiner Speisekarte mit regionalen Lieferanten, kaufe aber beim lokalen Metzger zum Beispiel nur den Wurstsalat. Da sei die Frage erlaubt, woher er denn die Würstchen und alles andere beziehe? Seinem Bauer zahlt Ehni einen gewissen Mindestpreis – auch wenn die aktuelle Notierung für die Schweinehälfte gerade etwas tiefer steht. Andere Metzger aus der Region täten das ebenfalls. „Ich will, dass der Betrieb weiterbesteht.“ Den Bedarf an Rindfleisch regional abzudecken, sei gar nicht so einfach. Börsenspekulationen mit Lebensmitteln findet Ehni widerlich: „Das gehört verboten.“ „Wir haben eine Generation, die sich mit der Zubereitung von Fleisch schwertut“, beobachtet Ehni. Deshalb sein Tipp für das Grillen des Fleischtalers: Er sollte mit wenig Pflanzenfett in die Pfanne. Den Taler bei hoher Hitze in die Pfanne geben, damit sich die Poren schließen. Butter eignet sich nicht, sie verbrennt viel schneller, auch kein Schweineschmalz. Gut durchgaren. pd