Lokale Kultur

„Sie bieten hier Amateurtheater vom Feinsten“

Das Naturtheater Grötzingen feiert sein 60-jähriges Bestehen – Festakt mit pfiffiger Darbietung

Aichtal. Unter dem Motto „60 Jahre spielend“ fand in der Festhalle Aich die Feier zum 60-jährigen Bestehen des Naturtheater Grötzingen statt.

Katja Eisenhardt

Bilder sagen mehr als tausend Worte, heißt es so schön. Ein Grund, dass der Festakt „bildhaft“ gestartet wurde: Im Schnelldurchlauf – von den Moderatoren Florian Greinert und Markus Merkle als „Bildersturm“ angekündigt – ließ man die letzten 60 Theaterjahre Revue passieren. Schnell wurde die ganze Vielfalt deutlich: Unzählige Vorstellungen, ob für Groß oder Klein, erfordern aufwendige Kostüme und Bühnenbilder. In schnelllebigen Zeiten müsse man sich ständig neu erfinden, betonte der Vorsitzende Andreas Kleinknecht.

1954 fing auf dem Grötzinger Galgenberg alles an, als Stadtpfarrer Hans Mistele anlässlich der 650-Jahr-Feier der Stadt ein Volksstück unter dem Titel „Die Grötzinger Kanonen“ schrieb. Tochter Rose Deroussas hatte zur Feier ein Gedicht über jene Anfänge verfasst. Erst seit 1970 die „Kulturgemeinschaft Naturtheater Grötzingen e.V.“ gegründet wurde, wird auf dem Galgenberg jährlich gespielt. „Zwei Jahre später nahm das Naturtheater dann als eine der ersten Freilichtbühnen in Baden-Württemberg zusätzlich ein Kinder- und Jugendstück mit in den Spielplan auf“, nannte Kleinknecht einen weiteren Meilenstein der Vereinsgeschichte. 1978 bekamen die Theaterbesucher schließlich auch in Form einer Betonkuppel ein Dach über den Kopf.

Der Rückblick lehre Demut vor der Leistung der vorangegangenen Theatergeneration, so der Vorsitzende. Besonders vier Personen gelte es dabei für ihre langjährigen Verdienste zu würdigen, erklärte Kleinknecht und nannte neben Pfarrer Mistele noch Bernhard Schmutzler, Rolf Wenhardt sowie die künstlerische Leiterin Barbara Koch. „Ein Ansporn von uns als Amateurtheater ist es, die Grenzen zum Profilager zumindest etwas zu vermischen“, so Kleinknecht weiter. Natürlich sei für einen solchen Verein auch immer die finanzielle Förderung seitens der Stadt ein wichtiger Punkt.

Glückwünsche zum 60. Geburtstag des Theaters überbrachten neben Landrat Heinz Eininger auch Aichtals Bürgermeister Lorenz Kruß, der Vizepräsident des Landesverbands Amateurtheater Baden-Württemberg Lars Sörös-Helfert sowie der Präsident des Verbands deutscher Freilichtbühnen Wolfgang Schiffelholz. „Sie bieten hier Amateurtheater vom Feinsten“, bescheinigte der Landrat der Grötzinger Truppe.

Bürgermeister Lorenz Kruß lobte die „Liebe, Leidenschaft und Energie“, die die Ehrenamtlichen in die Aufführungen stecken. „Sicher, die finanzielle Unterstützung war in letzter Zeit nicht mehr allzu üppig, das liegt an der allgemeinen Situation der Stadt“, betonte Kruß, dennoch habe man „für den Verein stets ein offenes Ohr.“ Lars Sörös-Helfert fügte hinzu, das Spiel unter freiem Himmel sei die ursprüngliche Form des Theaters. Seit seinem Bestehen hätten gut 880 000 Menschen das Naturtheater besucht, ergänzte Wolfgang Schiffelholz: „Mehr als 100 Beteiligte sind heute pro Vorstellung auf und hinter der Bühne im Einsatz, spätestens bei der Premiere arbeiten alle wie ein feines Uhrwerk zusammen.“

Wie es einem Theaterjubiläum gebührt, durfte eine Darbietung nicht fehlen: Für Begeisterung im Publikum sorgte das Improvisationstheater-Duo Angelina Haug und Stefan Töpelmann, das eigens für die Feier ein Programm mit einem Rückblick über die letzten zehn Jahre Naturtheater Grötzingen zusammengestellt hatte. 20 DVDs mussten dafür studiert werden. Der Einstieg: Vater und Tochter besuchen eine Vorstellung und erinnern sich an die verschiedensten Stücke. Immer wieder wurde dann das Publikum in die kurzen Szenen einbezogen. Problemlos schlüpften die Schauspieler in die unterschiedlichsten Rollen und Genres.

Für den musikalischen Rahmen sorgte das Team der Musikschule Neckartailfingen mit Ole Abraham am Klavier, Malin Lenke (Violine) und der Siegerin des Landeswettbewerbs „Jugend musiziert“ Charlotte Watzlawik (Gesang). Die Kollegen des Stettener Theaters unter den Kuppeln samt Architekt Michael Balz hatten als Überraschung noch einen schönen Naturtheater-Schriftzug mitgebracht, der künftig das Domizil der Grötzinger Kollegen schmücken soll.