Lokalsport

„Sydney hat eine große Ära eingeläutet“

Lado Fumic ist mit Platz fünf bei den Spielen 2000 bis heute der erfolgreichste Olympia-Mountainbiker Deutschlands

Das Leuchten in den Augen ist auch zwölf Jahre später immer noch da: Wenn Lado Fumic über Olympia 2000 in Sydney redet, sind die Emotionen so spürbar, als ob der Kirchheimer Mountainbikeprofi erst gestern aus Australien zurückgekehrt sei. Schließlich hätten die Spiele von Sydney „eine große Ära eingeläutet“, wie der 36-Jährige seinen fünften Platz im olympischen Rennen im Nachhinein einordnet.

Lado Fumic im Ziel
Lado Fumic im Ziel

Kirchheim. Unglaublich, gigantisch, einmalig – wer sich mit Lado Fumic über die Olympiade 2000 in Sydney unterhält, bekommt diese Adjektive öfter zu hören. Knapp zwölf Jahre nach seiner ersten Teilnahme am größten Sportereignis der Welt benötigt der inzwischen 36-jährige Kirchheimer kaum Stichworte, um die Erinnerungen nur so sprudeln zu lassen. Dass die in erster Linie durch Emotionen geprägt sind, hat nicht nur mit dem fünften Platz zu tun, der für ihn damals den Durchbruch auf internationaler Ebene bedeutete. Fumic sind darüber hinaus vor allem Land, Leute und die Stimmung im Gedächtnis geblieben. „Die Australier sind total sportverrückt, das ganze Land stand hinter der Olympiade und war nur am Feiern. Für die war das mehr als die Fußball-WM bei uns.“

Zeit, sich ein Bild von den Aussies und ihrer Sportaffinität zu machen, hatte Fumic genug. Schließlich war er damals rund drei Wochen vor dem olympischen Mountainbikerennen nach Down Under gereist, um sich zu akklimatisieren und auf der Strecke rund 50 Kilometer vor den Toren Sydneys zu trainieren. „Das war von vorne bis hinten super gut organisiert und wie ein Familienfest“, schwärmt er von der Atmosphäre, die er bei den Spielen vier Jahre später so nicht wiederentdecken konnte. Aus gutem Grund. „Wegen der Terroranschläge von 2001 waren die Sicherheitsvorkehrungen und -bestimmungen in Athen viel krasser. Das hat im Vergleich zu Sydney keinen Spaß mehr gemacht.“ Getrübt wurden die Spiele in Griechenland für ihn persönlich auch durch den tragischen Sattelriss, der den Traum von einer möglichen Medaille jäh zerstörte.

Dass Edelmetall bereits vier Jahre vorher in Sydney möglich gewesen wäre, davon ist Lado Fumic felsenfest überzeugt. „Als ich auf die Zielgeraden kam, war ich sehr verwundert, dass der Viert- und Drittplatzierte nur rund 300 Meter vor mir waren“, erinnert er sich, „hätte ich das während des Rennens gewusst, hätte ich die beiden vorher noch angreifen können.“ Fehlende Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Athleten und Funktionären an der Strecke ließen Fumic damals jedoch im Unklaren über die Rennsituation und seine daraus resultierenden Podiumschancen. Auch wenn er es damals wie heute so einordnet, dass er den fünften Platz gewonnen und nicht Bronze oder Silber verloren hat, ist er davon überzeugt, „dass heutzutage so etwas nicht wieder passieren würde.“

Der Freude über das erfolgreiche Olympiadebüt konnte dies ohnehin keinen Abbruch tun. Zumal er quasi in allerletzter Sekunde noch drei wichtige Unterstützer an seiner Seite wusste. Vater Marko, Mama Anna und sein damals im Juniorenbereich bikender Bruder Manuel waren zwei Stunden vor Rennstart in Sydney eingetroffen, um Lado an der Strecke anzufeuern. „Die Familie am anderen Ende der Welt dabei zu haben, war ein unheimlich tolles Gefühl“, erinnert sich Fumic, für den die Olympiade in Australien einen (sportlichen) Wendepunkt markierte. „Sydney hat eine große Ära eingeläutet“, sagt er nicht ohne Stolz. Schließlich holte er danach als bereits amtierender Deutscher Meister noch fünf Mal in Folge den Titel auf nationaler Ebene, gewann bei der EM Silber (2002, 2004) und Bronze (2001, 2003) und belegte die Plätze vier und sechs bei den Weltmeisterschaften 2002 und 2004.

Ganz nebenbei fädelte er nur knapp ein halbes Jahr nach den Spielen von Sydney den bis heute im Mountainbikesport beispiellosen Deal mit der Deutschen Telekom ein, die 2001 als erstes börsennotiertes Unternehmen überhaupt in den Mountainbikesport eingestiegen war – ohne Platz fünf in Sydney wäre das millionenschwere Team T-Mobile wohl kaum zustande gekommen. „Wir haben denen quasi die Rechte an der Marke Fumic verkauft“, erklärt Fu­mic, der das Mountainbiken schon immer nicht nur als Sport, sondern als Wirtschaftsfaktor angesehen hat.

Das war auch vor zwölf Jahren in der Zeit vor dem Status als Profi so. Damals betrieb Lado Fumic noch seinen eigenen Radladen in der Kirchheimer Innenstadt, was den Stolz über seine Olympiateilnahme im Nachhinein noch steigerte. „Das war eine tolle Geschichte: Jemand, der erfolgreich einem Beruf nachgeht, schafft‘s zu Olympia“, sagt Fumic 2012 über Fumic 2000. Dass ihn Medien mit Schlagzeilen wie „Vom Spinner zum Gewinner“ bedachten, trieb den damals 23-Jährigen nur umso mehr an und bestätigte ihn in seiner Art und Weise, Dinge anzupacken. „Wer mich kennt, weiß, dass Ehrgeiz und Perfektionismus bei mir ganz oben stehen. Wenn ich etwas mache, dann zu hundert Prozent“, betont er.

Diese Lebenseinstellung wurde in den vergangenen zwei, drei Jahren jedoch auf eine harte Probe gestellt. Nachdem der jahrelang auf Höchstleistung getrimmte Körper nicht mehr so wollte wie der Kopf, musste Lado Fumic schweren Herzens die Mountainbikeschuhe an den Nagel hängen. „Meine Lizenz hab‘ ich zwar noch, aber Wettkämpfe bestreite ich keine mehr“, sagt er, der nur noch zum Spaß und für die Fitness trainiert. Damit die Erinnerungen an den größten internationalen Erfolg seiner Karriere nicht verblassen, steht gegenüber des Schreibtischs in seiner Kirchheimer Werbeagentur übrigens das Bike mit der Nummer 12, mit dem er vor zwölf Jahren Geschichte schrieb – kein deutscher Mountainbiker war seitdem bei Olympia so erfolgreich wie er 2000 in Sydney.

Der, der dies am ehesten ändern kann ist Lados Bruder Manuel, der bekanntlich am morgigen Sonntag in London antritt.