Lokalsport

Der Fußball prägt sein Leben – damals wie heute

Ex-Profi Rudi Kröner spielt noch immer in der VfB-Traditionsmannschaft – Frühe Anfänge auf dem Wernauer Kehlenberg als 12-jähriger Balljunge

In den 1970er- und 1980er-Jahren war er in der deutschen Kickerszene eine bekannte Person: Rudolf „Rudi“ Kröner hat in der Bundesliga sowohl als Profi gespielt wie als DFB-Fußballlehrer den FC Nürnberg und den FC Kaiserslautern trainiert. Heute ist er 71 und wieder Stammgast auf dem Wernauer Kehlenberg, wo seine Karriere begann.

Bildnummer: 07688721  Datum: 28.08.1982  Copyright: imago/Ferdi HartungTrainer Rudolf Kröner (li.), Co Trainer Ernst Diehl (re.)

Kaiserslauterns Trainer Rudolf Kröner (li.), Co Trainer Ernst Diehl (re.) und Klaus Schlappner bei einem DFB-Pokalspiel 1982. Foto: imago

Wernau. Manchmal irren Eltern gewaltig. Beim ehemaligen Fußball-Profi Rudi Kröner war das so. Als der neun Jahre alt war, verboten Vater Rudolf und Mutter Anna dem Filius jegliche Kickerei – wegen der Verletzungsgefahr. Doch Jung-Rudi, von der aufkommenden Fußballbegeisterung lange vor Deutschlands WM-Erfolg 1954 erfasst, blieb unbelehrbar. Seine Sportklamotten versteckte er fortan bei der Tante in Wernau, und mit seinen Schulkameraden aus der örtlichen Grundschule spielte er nachmittags heimlich auf dem Kehlenberg.

Jahre später machte der hoch talentierte Bub, der gewissermaßen mit zwei starken rechten Füßen gesegnet war, richtig Karriere. Mit 18 unterschrieb er den ersten Spielervertrag beim damaligen Süd-Oberligisten SSV Reutlingen, und mit 25 landete er als Vollprofi bei Hertha BSC, wo er neben dem fürstlichen Monatsgehalt von 2 400 DM auch noch fette Punkteprämien kassierte. Zwei Jahre blieb der Mittelfeldspieler an der Spree, wo er als Stammspieler unter Trainer-Fuchs Helmut „Fiffi“ Kronsbein den Aufstieg in die Bundesliga schaffte. Damit war aus dem Wernauer Burschen Rudi Kröner praktisch über Nacht eine nationale Kicker-Größe erwachsen, über die nicht nur die Hörfunk-Kultsendung „Heute im Stadion“ berichtete. „Einmal Bundesligaspieler zu werden, war schon als kleiner Junge immer mein großes Ziel gewesen“, beschreibt der 71-Jährige heute, was ihn als Dreikäsehoch einst zu unermüdlichem Balltraining mit den Kumpels angetrieben hatte. Als 12-Jähriger rannte er an Sonntagnachmittagen keuchend schon mal den Kehlenberg runter und rauf – wenn er als eingeteilter Balljunge der Wernauer A-Klasse-Mannschaft für 50 Pfennig pro Partie die fehlgeleitete Lederkugel vom Tal nach oben transportieren musste, damit das Spiel fortgesetzt werden konnte. Damals gab es am TSV-Sportplatz weder Ballfangzaun noch eine ball-stoppende Bepflanzung am steilen Hang – was Rudi Kröner den ersten Fußball-Job seines Lebens einbrachte. Irgendwann konnte er, stolz wie Oskar, vom Verdienst die ersten Kickstiefel kaufen.

Als Kind von Sudetendeutschen, die Anfang der Fünfzigerjahre nach Wernau gekommen waren, drehte sich beim ehrgeizigen Neu-Wernauer Jungen fast alles um den Fußball. Viel mehr hatte die junge Generation in der Nachkriegszeit ja auch nicht – das Fernsehen war zwar längst erfunden, aber noch kaum verbreitet. Heutzutage hat Rudi Kröner in seinem Haus in Wernau alles, was man so braucht – und der Fußball diktiert wie eh und je seinen Tagesablauf. Im TV schaut er regelmäßig Bundesliga, Champions League und alle Länderspiele, beim VfB Stuttgart zählt er zur aktuellen Promimannschaft mit Buffy Ettmayer, Hansi Müller und Dieter Fischer, die immer montags trainiert („anschließend fachsimpeln wir regelmäßig“), und im TSV-Sportheim auf dem Kehlenberg ist er auch Stammgast. Wenn es um die brisante Grundsatzfrage geht, ob man mit den Wernauer Sportfreunden eine Vereins-Fusion eingehen solle, zeigt das langjährige TSV-Mitglied Flagge. Wie die Mehrheit seiner TSV-Vereinskollegen ist er ein erklärter Gegner des Zusammenschlusses, nicht allein aus Kostengründen. „Nach einer Fusion wären die Wernauer Fußballer auch nicht besser“, glaubt er.

Nackenschläge hat er in seinem reichen Fußballleben als Spieler (1961 bis 1973) und DFB-Fußballtrainer (1974 bis 1991) naturgemäß auch einstecken müssen, doch weitaus schwerer als der frühe Hinauswurf als Bundesliga-Chefcoach des FC Nürnberg 1983 (siehe Infokasten) wog eine Prostatakrebs-Diagnose vor neun Jahren. Es folgte die Operation – und bis heute der Kampf gegen die tückische Krankheit. Rudi Kröner fühlt sich inzwischen gut. So gut zumindest, dass er nicht nur kickt, sondern bei den TSV-Herren 65 auch noch den Tennisschläger schwingt.

Ehefrau Irmgard, die Kröner vor 47  Jahren das Jawort gab, ist jene starke Frau an der Seite, die er in seinem früheren Vagabundenleben mit insgesamt 14 in- und ausländischen Spieler- oder Trainerstationen brauchte. Seine Frau, die die beiden Töchter großzog und nebenbei den zur Sicherheit erworbenen Toto-Lotto-Laden managte, war stets die zent­rale Person der Familie, die auch die Fäden in der Hand hielt. „Mit Ausnahme meiner beiden Spielerjahre in Berlin ist sie in all den Jahren in Wernau geblieben. Meine Frau war stets mein Ruhepol“, sagt Rudi Kröner heute.

Der Mann hat viel zu erzählen – weil er nach seiner Spielerzeit viele Trainerstationen hatte. Genau gesagt waren es derer neun, und eine davon erfüllt ihn im Rückblick mit besonderem Stolz: jene beim Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern in der Saison 1982/83. Damals feierte er in drei Uefa-Pokal-Spielrunden fünf überzeugende Siege gegen Trabzonspor (3:0, 3:0), SSC Neapel (2:1, 2:0), FC Sevilla (0:1, 4:0) und stand im Viertelfinale. Das knappe Aus gegen den rumänischen Vertreter CS Universitatea Craiova (3:2, 0:1) sowie die Tatsache, dass die Mannschaft nach Platz vier in der Vorsaison mittlerweile nur noch Bundesliga-Sechster war, veranlassten Kaiserslauterns Präsidenten Udo Sopp danach, Kröner den Stuhl vor die Tür zu setzen. „Trotz der Entlassung war die Zeit beim FCK meine schönste Zeit als Trainer“, sagt der Wernauer heute.

Dass bestimmte Umstände in seiner langen Profikarriere den ganz großen Titelgewinn verhinderten, ist für Rudi Kröner nicht relevant. Den Wernauer, der sein frühes Fußball-Hobby zum Beruf machte, erfüllt der Blick in die eigene Vita durchaus mit Stolz. Schließlich war er in jenen Zeiten, als ein Spielgewinn noch zwei anstatt drei Punkte einbrachte, einer der Bundesliga-Protagonisten – als Spieler wie als Trainer.

Trainer-Gastspiele auch in Nigeria und Katar

Als Spieler unterschrieb der Wernauer Bezirksauswahlspieler Rudi Kröner beim Oberligisten SSV Reutlingen 1961 als 19-Jähriger seinen ersten Lizenzspielervertrag – der Monatsverdienst betrug 160 DM. Seine anschließenden Stationen hießen Stuttgarter Kickers (1965/66), Hertha BSC Berlin (1967/68), erneut Stuttgarter Kickers /1969/70) und 1. FC Nürnberg (1970/71). Mit 32 beendete Kröner seine Spielerlaufbahn und wurde Trainer, nachdem er die DFB-Fußballlehrerlizenz an der Sporthochschule Köln zusammen mit Berti Vogts bereits 1969 erworben hatte. Als Trainer verschlug es Rudi Kröner zwei Mal zu ausländischen Vereinen: In der Saison 1984/85 vermittelte ihn der DFB an den nigerianischen Klub Enugu Rangers, zu dem er für Vorbereitungsmaßnahmen eingeflogen wurde, und zum Abschluss seiner Laufbahn coachte der inzwischen fast 50-Jährige al-Ahli Sports Club im arabischen Wüstenstaat Katar (1990/91). Kröners deutsche Trainerstationen waren SV Germania Bietigheim (1973/74), Stuttgarter Kickers (1974/75), Würzburger FV (1977/78), Hessen Kassel (1979/80 – 1981/82 und 1985/86), 1. FC Kaiserslautern (1982/83), 1. FC Nürnberg (1983/84) und SSV Reutlingen (1985/86). In die Bundesliga- Geschichte ging Rudi Kröner auch als Kurzzeit-Trainer des 1. FC Nürnberg ein: Im Dezember 1983 wurde er nach einer Niederlagenserie und einem kritischen Interview im bayerischen Fernsehen von FCN-Manager Udo Klug nach nur 41 Tagen wieder entlassen.