Lokalsport

Der schmale Grat beim Thema Alkohol im Sport

Vor allem Bierbrauereien setzen aufgrund sinkender Absatzzahlen immer mehr auf Sponsoring im Amateurbereich

Bier und Fußball sind untrennbar miteinander verbunden. Wie schmal dabei der Grat zwischen verantwortungsvollem Genuss und der Gefährdung, gerade von Jugendlichen ist, zeigt der Umgang von Vereinen und Verbänden mit dem immer größer werdenden Sponsoren­engagement von Brauereien im Amateurbereich.

Durst - Bier - WeizenProsttrinken, Geselligkeit, alkoholanstoßen
Durst - Bier - WeizenProsttrinken, Geselligkeit, alkoholanstoßen

Kirchheim. Wenn die Fußballerinnen des TSV Weilheim an diesem Wochenende beim Erdinger Meister-Cup dem Ball nachjagen, ist ihnen eine Kiste Weißbier als Antrittsprämie schon mal sicher. Im Erfolgsfall winkt neben einem kompletten Trikotsatz sogar ein Trainingslager unter Profibedingungen. „Das ist ein toller Ansporn“, findet Teambetreuer Andreas Krisch. Dass das Amateurturnier von einer Bierbrauerei gesponsert wird, ist für ihn dabei nichts Ungewöhnliches: „Es lässt sich nun mal nicht verheimlichen: Bier gehört zum Fußball.“

Wer dieser Tage die EM im Fernsehen verfolgt, kommt zum gleichen Schluss: Kein Spiel mit deutscher Beteiligung, bei dem nicht auf den offiziellen Bierpartner des DFB hingewiesen wird. Bitburger mischt aber schon lange nicht mehr nur bei den Profis mit. Der Brau-Multi aus der Eifel, der sich sein Engagement beim DFB rund drei Millionen Euro im Jahr kosten lässt, tritt auch immer stärker als Sponsor im Amateurbereich auf. Der Württembergische Fußballverband (WFV) lässt sich von Bitburger den Verbandspokal sowie einen Großteil der Bezirkspokalwettbewerbe finanzieren. Im Gegenzug tragen die Wettbewerbe den Namen der Brauerei im Titel.

Eine Tatsache, die nicht bei allen WFV-Mitgliedern auf Gegenliebe stößt. „Vor allem die Jugendleiter stören sich daran“, weiß Pressesprecher Heiner Baumeister, der um die Verantwortung eines Sportverbands wie der WFV gegenüber Heranwachsenden weiß und darum für eine Differenzierung plädiert. „Man muss beim Thema Alkohol zwischen Aktiven- und Jugendbereich unterscheiden.“ Während man Erwachsenen den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol durchaus zutrauen könne, soll dem Nachwuchs die Notwendigkeit desselben nahegelegt werden.

Ob großflächiges Sponsoring durch Brauereien da zielführend ist? Baumeister verweist auf den Vermarktungszwang. „Wir als WFV können froh sein, dass wir für Werbepartner überhaupt so attraktiv sind. Andere Verbände haben da große Prob­leme.“ Gleichzeitig betont er, dass der WFV die Spielbetriebsgebühr für Vereine seit zwölf Jahren nicht mehr erhöht habe – auch dank des Engagements von Sponsoren wie Bitburger.

Die Gefahr, dass dabei der Zweck die Mittel heiligt, sieht der Vorsitzende der Württembergischen Sportjugend (WSJ), Andreas Schmid. „Die Logik der Vereine und Verbände, über den Verkauf von Alkohol den Alltag finanziell zu sichern, muss man kritisch sehen. Das darf kein Selbstläufer sein.“ Gleichzeitig weiß auch er, wie zweischneidig die Thematik ist. „Wir verdammen Alkohol nicht, mahnen aber eine erhöhte Sensibilität im Jugendbereich an.“

Erreicht werden soll dies unter anderem durch Aufklärungsarbeit wie dem WSJ-Projekt „Cool and clean“, ein Programm für eine ganzheitliche, praxisbezogene und bedürfnisorientierte Prävention, das auf fünf Vereinbarungen fußt. Eine davon beinhaltet den Verzicht auf Alkohol: „Siegesfeiern und andere Rituale gestalte ich ohne Alkohol“, heißt es da. Neben der Eigenverantwortung der Jugendlichen wird bei „Cool and clean“ auch an die Vorbildfunktion der Erwachsenen appelliert – wie groß diese sein kann, wenn Turniere und Pokalwettbewerbe Brauereien als Titelsponsor haben, ist fraglich. Zumal heutzutage offenbar keine Siegesfeier mehr ohne knallende Sektkorken, die obligatorische Bierdusche oder ein zünftiges Kabinenfest mit einer Kiste Pils vonstatten gehen kann.

Dass gerade Brauereien immer stärker im Amateursport als Sponsoren auftreten, hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Wie Erhebungen des ifo-Instituts zeigen, ist der Bierverbrauch pro Einwohner in Deutschland von 135 Litern im Jahr 1995 auf 107 Liter im Jahr 2010 gesunken. Um diesem Trend und den damit verbundenen finanziellen Einbußen entgegenzuwirken, setzen Brauereien auf sogenannte Imagewerbung, die sich in Verbindung mit Sport leichter an den Mann bringen lässt – Gewinner trinken Bier und bleiben dabei trotzdem fit, lautet die Botschaft. Bedenken wegen möglicher Gesundheitsgefährdung hegen die Macher dabei nicht. So sagte Bitburger-Sprecher Werner Wolf unlängst in einem Interview, dass Menschen, die mit Alkohol dau­erhaft Probleme haben, diese nicht bekommen würden, weil sie einen Werbespot angucken.

Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage fordert die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) seit Jahren eine effektive Regulierung von Alkoholwerbung. Schließlich verursache Alkohol ökonomische Kosten, die höher sind als ein möglicher Nutzen. Allein die Kosten, die durch alkoholbezogene Krankheiten verur­sacht werden, schätzt die DHS auf rund 20 Milliarden Euro im Jahr. Der Staat nimmt im Vergleich dazu nur drei Milliarden Euro alkoholbezogener Steuern ein.