Lokalsport

Fünf Titel und ein Eklat

Leichtathletik: Bahnverteilung bei „Bawüs“ sorgt bei Tobias Ungers Trainer für Unmut

Erfolgreicher Auftakt in die Hallensaison für die Leichtathleten der Kirchheimer Trainingsgruppe. Bei den baden-württembergischen Meisterschaften in Karlsruhe gab‘s fünf Titel, darunter zwei für Tobias Unger und einen für Anja Wackershauser. Überschattet wurde der Triumph der Teckathleten durch eine Kampfrichter-Posse, die Trainer und Athleten auf die Palme brachte.

Fünf Titel und ein Eklat
Fünf Titel und ein Eklat
Fünf Titel und ein Eklat
Fünf Titel und ein Eklat

Karlsruhe. Als Tobias Unger gestern kurz vor 14 Uhr als Erster des 200-Meter-Finals über die Ziellinie sprintete, wusste er bereits, dass er den Titel nicht gewonnen hatte – der 32-Jährige war in der Kurve mehrmals auf die Bahnmarkierung getreten, was nach Videoanalyse im Zielraum folgerichtig die Disqualifikation zur Folge hatte.

Die war brisanterweise jedoch gewollt. Unger war nach Absprache mit Trainer Micky Corucle aus Protest „übergetreten“, weil es die Karlsruher Kampfrichter offenbar zu genau meinten. „Holzköpfe“, schimpfte Corucle über die Verantwortlichen, die in den Zeitendläufen entgegen üblicher Hallengepflogenheiten nicht den Vorlaufschnellsten auf die aussichtsreiche Außenbahn setzten, sondern den Zweitschnellsten. Sprich: Unger als Schnellster von drei Vorläufen (21,72 Sekunden) musste in seinem Zeitendlauf auf Bahn drei starten, der Sindelfinger Tim Assenheimer (22,00) durfte als Zweitschnellster auf Bahn vier – so sehen es die Statuten auf Verbandsebene zwar auch vor, doch gilt es gemeinhin als unausgesprochene Ehrensache, dass der Schnellste auch die schnellste Bahn bekommt, die aufgrund der Fliehkräfte eben außen ist.

Dass Unger dennoch Schnellster war, machte den Titel für Assenheimer so gesehen zur Farce, zumal Corucle bei den Kampfrichtern bereits vor den Zeitendläufen angekündigt hatte, dass sein Zögling die Bahn verlassen würde. Der zuckte hinterher nur mit den Schultern. „Klar hätte ich diesen Titel auch gerne gewonnen, so war‘s eben ein gutes Training“, meinte Unger, der damit quasi freiwillig auf einen Titel verzichtete.

Entschädigt wurde er knapp eine Stunde später mit Gold in der 4x200-Meter-Staffel, die er mit Alex Schaf, Fabian Sterzing und John-Henry Tate in 1.27,53 Minuten gewann, sowie dem Titel über 60 Meter am Samstag. Hier hielt er in 6,74 Sekunden seine Trainingskameraden Schaf (6,79) und Marius Broening (6,84) in Schach. „Alex und Marius haben jeweils den Start verschlafen, sonst wären die Abstände noch geringer gewesen“, analysierte Corucle. Unger befand den Auftakt in die Hallensaison indes zufriedenstellen: „Für einen Finallauf war‘s ok. Nächste Woche in Sindelfingen geht‘s sicher noch ein bisschen schneller.“ Am kommenden Sonntag kommt es für die Corucle-Sprinter im Glaspalast zum Kräftemessen mit dem derzeit schnellsten Deutschen, Christian Blum (Wattenscheid), der der Norm für die Hallen-WM von 6,62 Sekunden mit seinen 6,70 momentan am nächsten ist.

Abseits der Kampfrichter-Posse um Unger sorgten in Karlsruhe noch weitere Teckathleten für Erfolge. Allen voran Anja Wackershauser, die in 24,70 Sekunden den Titel über 200 Meter holte. Dass die Vorlaufschnellsten Anne Möllinger (Mannheim/23,70) und Malaika Mihambo (LG Kurpfalz/24,50) aufs Finale verzichteten, schmälerte die Freude der 24-jährigen Kirchheimerin nicht, im Gegenteil. „Dafür, dass ich am Mittwoch zum ersten Mal wieder trainieren konnte, bin ich total zufrieden.“ Geschwächt durch einen Infekt hatte Wackershauser seit Weihnachten keine Tempoläufe absolvieren können. Dass dies auf die Stimmung drückte, musste vor allem der Freund der flinken Studentin ausbaden. „Er hat in der Zeit viel mitgemacht, darum habe ich ihm als Entschädigung meine Goldmedaille geschenkt“, lacht Wackershauser.

Grund zur Freude auch bei Sanja Miladinovic. Der aktuellste Neuzugang des VfL Kirchheim aus Oberboihingen gewann die 60-Meter-Konkurrenz der U 18, musste die Goldmedaille jedoch mit der gleichschnellen Petra Heininger aus Mannheim teilen. Beide waren nach genau 7,85 Sekunden ins Ziel gekommen.

Einen ganz souveränen Sieg verbuchte 400-Meter-Talent Sabrina Häfele. Die Sprinterin der LG Filder holte sich den Titel über die doppelte Hallenrunde der U 20 in 56,85 Sekunden und war damit rund drei Sekunden schneller als die zweitplatzierte Julia Bakker vom TV Konstanz (59,57).

Das Podium verpasst hat hingegen Hannah Niemeyer vom VfL Kirchheim. Über 1500 Meter der U 18 kam die Owenerin in 5.02,46 Minuten auf den sechsten Platz, was ihr dennoch ein dickes Lob ihres Trainers einbrachte. „Sie war lange erkältet und hatte Knieprobleme. Dafür ist die Zeit aller Ehren Wert“, so Micky Corucle, der sich ganz nebenbei auch noch über die Leistung seines Sohnemanns freuen konnte. Phi­lipp Corucle schaffte es überraschend in den Endlauf über 60 Meter der U 18, der ausnahmslos mit älteren Konkurrenten besetzt war. Dass es da nur zum sechsten Platz reichte, war angesichts der Zeit von 7,28 Sekunden, die Corucle-Junior im Vorlauf erzielt hatte, zweitrangig. „Als M 15-Schüler ist das bombastisch“, jubelte der Papa.