Lokalsport

Gewitter überm Erdhügel

Neue Pläne für den Kirchheimer Bikepark spalten die Nutzer in zwei Lager

Er ist noch gar nicht fertig, da fliegen schon die Fetzen. Jugendliche fühlen sich beim Bau des Kirchheimer Bikeparks hinterm Schlossgymnasium über den Tisch gezogen. Der Vorwurf richtet sich an den Verein, der als Bauherr fungiert. Inzwischen hat das Thema auch den Gemeinderat erreicht.

Was tut sich hier? Passanten auf dem Radweg entlang der Lindach verfolgen den Baufortschritt auf dem Gelände des neuen Kirchheim
Was tut sich hier? Passanten auf dem Radweg entlang der Lindach verfolgen den Baufortschritt auf dem Gelände des neuen Kirchheimer Bikeparks.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Dirt Jump, Four Cross, BMX – Laien fangen mit diesen Begriffen zunächst wenig an. Jugendliche umso mehr, denn für sie macht die Definition gewaltige Unterschiede aus. Während die Dirtbiker mit gewagten Sprüngen auf Kreativität und Akrobatik setzen, ist Four Cross in erster Linie Wettkampfsport. Vier Biker, die gleichzeitig starten und auf einem Hindernisparcours ihren Schnellsten ermitteln. Ähnlich dem Skicross, der seit 2010 olympisch ist. Lifestyle und Spaßkultur hier, Leistungsprinzip unterm Dach des Radsportverbands dort.

Beides in Einklang zu bringen war das Ziel der Stadt, als sie vor vier Jahren dem Verein Radsport Kirchheim (RSK) die Bauherrschaft für den Bikepark beim Schlossgymnasium übertrug. Der Verein trägt die Verantwortung, die Jugendlichen packen mit an, so der Gedanke. Inzwischen hat der Verein sein Konzept überarbeitet und beim Bauamt der Stadt eine Planänderung beantragt. Die Four-Cross-Strecke wurde vergrößert, hinzu kam eine Mountainbike-Sprintstrecke. Beide Bereiche erfüllen Wettkampfkriterien im Sinne des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Als Leidtragende sehen sich nun die Dirt­biker, deren Anteil am Gelände dadurch deutlich schrumpfte.

Der Aufschrei war entsprechend groß. Auf der Facebook-Seite des RSK machten viele Jugendliche ihrem Ärger Luft, der Verein löschte daraufhin einige Beiträge. Kalle Block, der als Initiator des Bikeparks gilt und Christian Rönsch, bis zuletzt Bauleiter des Projektes, sind inzwischen aus dem Verein ausgetreten. Block, der sich für die Interessen von rund 30 Jugendlichen aus Kirchheim und Umgebung stark gemacht hat, fühlt sich hintergangen. „Das hat mit unseren Vorstellungen nichts mehr zu tun“, sagt der 21-Jährige, der von Machtspielchen und Vereins-Machenschaften spricht. „Hier geht es nur noch darum, ein Gelände für den Leistungssport durchzuboxen, obwohl es in Kirchheim keinen einzigen Four-Cross-Fahrer gibt.“

Das sieht auch Christian Rönsch so. Der 46-jährige selbstständige Bautechniker hat in seiner Freizeit die Pläne entworfen, wurde im März vom Vereinsvorstand jedoch als Bauleiter abgesetzt. Rönsch hatte sich geweigert, Bauvorschriften großzügiger auszulegen als es der Gesetzgeber vorsieht. Vom RSK-Vorstand sei ihm deshalb mangelnde Cleverness vorgeworfen worden, sagt Rönsch. Der Verein nennt es mangelnde Kooperationsbereitschaft. Inzwischen sieht sich Rönsch bestätigt: Im März verfügte das Landratsamt einen kurzzeitigen Baustopp, weil Bodengutachten für die gut 8 000 Kubikmeter Erdmasse unvollständig und teilweise verspätet eingereicht wurden. „Ich hätte gerne für die Jugendlichen weitergearbeitet“, sagt Christian Rönsch und befürchtet: „Wenn dieser Park scheitern sollte, hat das Signalwirkung für den Sport und die ganze Region.“

Albert Bosler, der Vorsitzende des Vereins Radsport Kirchheim verteidigt die neuen Pläne. Die Dirt-Bereiche seien nach wie vor vorhanden, eben kleiner und eher für Anfänger geeignet. Dadurch sei das Gelände einfacher instand zu halten, weil die Dirt-Bereiche als eher pflegeintensiv gelten. Bosler wehrt sich auch gegen den Vorwurf, die andere Seite übergangen zu haben. „Ich war immer offen für Gespräche. Wir brauchen aber nicht nur Mitglieder, wenn alles fertig ist, sondern auch in der Entstehung.“ Der Vorsitzende kritisiert, dass aus der großen Gruppe der Dirtbiker bisher erst drei in den Verein eingetreten seien.

Auch die sind nun weg. Die Stimmung kippt. Jetzt haben sich Mitglieder des Kirchheimer Gemeinderates in die Sache eingeschaltet und das Thema zur Anhörung auf die Tagesordnung gesetzt. Bürgermeister Günter Riemer hält sich bedeckt, möchte sich zum Thema nicht äußern, ehe das Gremium darüber beraten hat. Er spricht von einem „vereinsinternen Konflikt.“ Der RSK habe dem Gemeinderat damals sein Konzept vorgestellt. Auf dieser Basis sei das Gelände überlassen worden. „Noch ist es unser Grundstück“, sagt Riemer. „Wir werden tun, was notwendig ist, um die Grundidee umzusetzen.“