Lokalsport

Sport-Geschwister (6): Die Distanzreiterinnen Melanie und Sabrina Arnold gehören seit 1994 der Nationalmannschaft an

Sport-Geschwister (6): Die Distanzreiterinnen Melanie und Sabrina Arnold gehören seit 1994 der Nationalmannschaft an

Schon seit dem Jahr 1994 prägen die Geschwister Melanie und Sabrina Arnold aus Kirchheim die deutsche Distanzreiter-Szenerie wie keine anderen – seitdem gehören sie ununterbrochen der Nationalmannschaft an. So verschieden ihre Lebensphilosophien sind, so deckungsgleich ist ihre Liebe zu den Pferden.

Sabrina Arnold und Melanie Arnold (rechts) Distanzreiterinnen aus …tlingenPferdReiten
Sabrina Arnold und Melanie Arnold (rechts) Distanzreiterinnen aus …tlingenPferdReiten

Kirchheim. Die zwei Distanzreiterinnen reiten inzwischen auf Distanz – denn sie wohnen rund 900 Kilometer entfernt voneinander. Melanie Arnold (34) setzt sich täglich in der elterlichen Ötlinger Reitanlage in den Sattel, ihre Schwester Sabrina frönt im südfranzösischen Venelles dem Pferdesport. Unweit der Cote d‘Azur lebt, trainiert und assistiert die 31-Jährige auf dem 25 Hektar großen kommerziellen Pferdeausbildungsareal ihres Lebenspartners Jean-Philippe Frances, der Pferde ankauft, verkauft sowie Europameister und Mannschafts-weltmeister im Distanzreiten ist. „Von morgens sieben bis abends um acht dreht sich bei mir alles um Pferde“, erzählt sie von ihrem festgezurrten Tagesablauf zwischen Stall, Koppel und Beau, ihrem mitgebrachten Wettbewerbspferd. Marseille liegt nur etwa 40 Kilometer südlich von Venelles, „doch in den vier Jahren, die ich inzwischen hier lebe, habe ich noch kein einziges Mal im Meer baden können“, sagt sie. Keine Zeit.

Abwechslung vom Arbeitsalltag in der Provence verschafft sich die Europameisterschafts-Fünfte über 160 Kilometer regelmäßig im schwäbischen Ötlingen. Etwa jede sechste Woche fliegt sie von ihrer neuen Heimat in die alte Heimat – ein Ortswechsel, den sie genießt. Mit ihrer Schwester, die mental so ganz anders gestrickt ist und das auch offen zugibt („ich wäre nicht ins Ausland gezogen, dazu bin ich viel zu bodenständig“), versteht sie sich gut.

Vielleicht, weil sich Gegensätze anziehen. Schließlich ist die eine der beiden Reit-Schwestern „viel risiko­freudiger und impulsiver“ (Melanie über Sabrina) und die andere „die Ruhigere und Überlegende. Sie bevorzugt die Sicherheit“ (Sabrina über Melanie). Bauchmensch und Kopfmensch – der interfamiliäre Kontrast ist offenkundig. Einig sind sich Deutschlands Vorzeige-Distanzreiterinnen in der Einschätzung dessen, was ihre Sportart so faszinierend macht. „Es ist in erster Linie das Naturerlebnis, das einen Distanzritt ausmacht“, sagen sie unisono, „natürlich ist die Liebe zu den Pferden auch ein wichtiger Aspekt.“ Schon seit 1994 gehören sie der Distanzreiter-Nationalmannschaft an, haben schon zahlreiche Hundertmeiler, also 160-Kilometer-Ritte, auf mehreren Kontinenten und in der Wüste absolviert. „Wir waren schon überall auf der Welt“, sagt Melanie Arnold nicht ohne Stolz.

Derzeit tritt die 34-Jährige sportlich etwas kürzer. Sie, zweifache Deutsche Meisterin und Gewinnerin von Mannschafts-Bronze bei den Weltmeisterschaften 2010 in Kentucky als Teamgefährtin ihrer Schwes­ter, ist schließlich auch noch Juniorchefin im Automatenservice-Betrieb der Familie sowie Häuslebauerin zusammen mit ihrem Freund. „Aus zeitlichen Gründen kann ich mich um die Pferde oder mein Training derzeit erst nach Feierabend oder an Wochenenden kümmern“, sagt sie. Erst im nächsten Jahr will Melanie Arnold mit ihrer Vollblutaraberstute Shaika Bint Kheoma wieder angreifen. Derzeit ist sie Freizeitsportlerin im wahrsten Sinne des Wortes – im Gegensatz zu ihrer Schwester. Diese sieht sich nach eigener Aussage „als Profi“.

Sabrina Arnold fühlt sich als Neubürger in der Grande Nation zwar nicht immer wohl („mit der französischen Mentalität habe ich manchmal Probleme“), doch eben dort hat sie in diesem Jahr noch ein großes Ziel vor Augen: die Europameisterschaft vom 9. bis 11. September in Florac. Ihre Chancen, im Wettstreit der besten kontinentalen Distanzreiter und Pferde Edelmetall zu ergattern, stehen deshalb nicht schlecht, weil der EM-Austragungsort nur zwei Autostunden vom Wohnort entfernt ist und sie die Tücken der Berg-und-Tal-Strecke in den Sevennen in zusätzlichen Übungsritten vorher auskundschaften kann. „Es ist eine besonders schwere Strecke. Morgens ist es dort sehr kalt und nachmittags sehr warm. Die Pferde werden über 20 Grad Temperaturunterschied auszuhalten haben.“ Doch die blonde Reiterin aus Ötlingen gibt sich vorm Saisonhöhepunkt optimistisch – wie übrigens auch Miriam Lewin vom Verband Deutscher Distanzreiter (VDD). „Sabrina Arnold auf Platz zwei, die amtierende Weltmeisterin Maria Mercedes Alvarez Ponton aus Spanien als Siegerin – diese Reihenfolge könnte ich mir bei dieser EM gut vorstellen“, erklärt die Funktionärs-In­siderin aus Berlin. Silber in Südfrankreich: Es wäre Sabrina Arnolds bisher größter Erfolg.

Selbstverständlich würde sie nur allzu gerne auch den absoluten Coup landen – in Form von EM-Gold. „Aber das ist nicht realistisch. Bleiben die Spanierin und ihr Pferd Nobby gesund, sind sie praktisch unschlagbar“, weiß Melanie Arnold und setzt auf die Wachablösung des Ausnahmeduos Ponton/Nobby erst nach der EM. Vielleicht unter tätiger Mithilfe von Nadal Ibn Nadira, Arnolds zweijährigem Fohlen, das im eigenen Ötlinger Stall steht? Die Besitzerin sieht schon jetzt großes Potenzial in ihm, sagt: „Seine Mutter ist zweifache deutsche Meisterin. Für Distanzritte ist er absolut talentiert. Und es ist schon immer mein Traum gewesen, mit einem selbst gezüchteten Pferd einmal einen großen Titel zu erreichen.“ Soeben hat Melanie Arnold ein neues Fernziel abgesteckt.