Lokalsport

Niederlage als gutes Omen

Thomas Schuwje mit der Nationalmannschaft bei der Rollstuhlrugby-WM

Nächstes Highlight für Ausnahmesportler Thomas Schuw­je. Der querschnittsgelähmte Oberlenninger tritt als einer der Leistungsträger der deutschen Nationalmannschaft im Rollstuhlrugby am Freitag die Reise zur WM nach Dänemark an. Dort messen sich ab Montag die zwölf besten Teams der Welt.

Thomas Schuwje in Aktion, hier bei einem Schaukampf in der Oberlenninger Sporthalle Anfang Mai. Am Freitag fliegt der 30-Jährige
Thomas Schuwje in Aktion, hier bei einem Schaukampf in der Oberlenninger Sporthalle Anfang Mai. Am Freitag fliegt der 30-Jährige zur Rollstuhlrugby-WM nach Dänemark. Foto: Deniz Calagan

Lenningen. Wenn die Fußballer des TSV Oberlenningen übermorgen um 17.45 Uhr zum letzten Vorrundenspiel beim Teckbotenpokal gegen Turniertopfavorit TSV Weilheim antreten, wird der Trainer des B-Ligisten bereits knapp 1 000 Kilometer entfernt sein – nicht, dass Thomas Schuwje in Erwartung einer deutlichen Klatsche seines Teams gegen den Landesligisten freiwillig das Weite sucht. Der 30-Jährige, im zweiten Jahr als Coach für den TSVO verantwortlich, fliegt am Freitag nach Dänemark, wo in der drittgrößten Stadt Odense von kommenden Montag bis 11. August die Weltmeisterschaften im Rollstuhlrugby stattfinden.

Für Thomas Schuwje, seit einem Verkehrsunfall vor sieben Jahren querschnittsgelähmt, sind es nach 2010 die zweiten Welttitelkämpfe mit der Nationalmannschaft. Deren Dress trägt er seit 2009, zählt seitdem zu den Leistungsträgern der Mannschaft, mit der er vergangenes Jahr bei den Europameisterschaften in Belgien Platz vier belegte und von den Trainern der zwölf teilnehmenden Teams zum Spieler des Turniers in seiner Schadensklasse gewählt wurde.

Ob sich das nun bei der WM in Odense wiederholen lässt? „Es wird sehr schwierig“, weiß Thomas Schuw­je um die harten Brocken, die auf die deutsche Auswahl warten. Der Weltranglisten-Achte bekommt es in seiner Gruppe mit solchen Hochkarätern wie den USA (Weltranglisten-Erster), Japan (Vierter) und Europameister Schweden zu tun. Um ins Halbfinale zu kommen, müssen die Deutschen Gruppenerster oder Zweiter werden. „Es hängt alles von der Leistung ab, die wir vor Ort abrufen können“, weiß Schuwje, der sich mit seinen Nationalmannschaftskollegen unlängst eine Woche lang im Trainingslager in der Sportschule Steinbach „knüppelhart“ (Schuwje) auf die WM vorbereitet hat.

Dort treffen erstmals seit einer Regeländerung Menschen, die wie der Oberlenninger an vier Gliedmaßen gelähmt sind, auf Amputierte, die über wesentlich mehr Kraft und Muskelkontrolle verfügen. „Gegen die haben wir als Tetraplegiker kaum Chancen“, schildert Schuwje die in Szenekreisen umstrittene Neuerung, die für sich ausschließlich aus Tetraplegikern zusammensetzende Teams wie das deutsche aber auch als Ansporn dient. „Das stachelt den Ehrgeiz nochmals an“, gibt sich Schuwje kämpferisch.

Der Ehrgeiz hatte zuletzt in Reihen der Nationalmannschaft merklich gelitten, nachdem der Verband deutlich weniger Fördergelder zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Thomas Schuwje spricht von rund 10 000 Euro, die sich bei einem finanziell aufwendigen Sport wie dem Rollstuhlrugby schnell bemerkbar machen, zumal Deutschland ohnehin keine Hochburg in der aus dem Rollstuhlbasketball hervorgegangenen Disziplin ist. „Andere Nationen sind weiter, bei uns tut sich an der Basis zu wenig“, klagt Schuwje, der sich die Vorfreude aufs WM-Turnier dennoch nicht verderben lässt und sogar ein gutes Omen parat hat: „Das letzte Vorbereitungsturnier in der Schweiz haben wir verloren“, sagt er nicht ohne Hintergedanken – vor vier Jahren hatten die Deutschen das Testturnier gewonnen und waren entsprechend selbstbewusst zur WM nach Kanada gefahren, um dort dann enttäuschender Zehnter zu werden. „Dieses Mal darf es ruhig andersrum laufen“, lacht Schuwje.

Zumal ein gutes WM-Abschneiden auch das Selbstbewusstsein fürs nächste Großereignis steigern würde: Bei den Europameisterschaften 2015 in Finnland geht es für den Oberlenninger Ausnahmesportler und seine Nationalmannschaftskollegen um die Qualifikation für die Paralympics 2016 in Rio.

Alle WM-Spiele im Liveticker

Die WM in Odense wird in zwei Vorrundengruppen ausgetragen. In Gruppe A treffen Kanada, Australien, Großbritannien, Dänemark, Finnland und Belgien aufeinander. Deutsche Gegner in der Gruppe B sind Japan, die USA, Schweden, Frankreich und Neuseeland. Fünf Gegner: Die deutsche Mannschaft trifft am kommenden Dienstag auf Japan (10 Uhr), am Mittwoch auf Frankreich (15), am Donnerstag auf die USA und zum Abschluss am Freitag auf Schweden (10) und Neuseeland (16.15). Modus: Abhängig von der jeweiligen Vorrundenplatzierung, geht es am Samstag im sogenannten „Crossover-Modus“ um die Qualifikation für die Platzierungsspiele. Der Einzug ins WM-Finale ist demnach nur möglich, wenn man nach der Vorrunde Platz eins oder zwei belegt und im Crossover-Spiel den entsprechenden Gegner der anderen Gruppe schlägt. Internet: Wer die WM verfolgen will, findet im Internet unter http://2014wrwc.dhif.dk alles Wissenswerte sowie einen Liveticker zu sämtlichen Spielen.tb