Lokalsport

Owen im Glück – VfL auf der Suche

Die Handballtrainer Sinisa Mitranic und Ralf Wagner haben frühzeitig ihre Zukunft geregelt

Irgendwann ist genug: Ralf Wagner räumt nach fünf erfolgreichen Jahren die Trainerbank beim Handball-Landesligisten VfL Kirchheim. Wunschkandidat für die Nachfolge war Sinisa Mitranic, der gleichzeitig Wagners Vorgänger beim VfL war. Doch der Kroate hat seinen Vertrag beim gefährdeten Ligarivalen in Owen gerade um ein Jahr verlängert. Das Überraschende daran: Dies gilt auch für den Fall des Abstiegs.

SG Lenningen (blaue Trikots) - GrabenstettenGrabenstettener Trainer Sinisa "Sascha" Mitranic

Bleibt dem TSV Owen als Trainer erhalten: Sinisa Mitranic. Foto: Thomas Skalak

Kirchheim/Owen. Wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem neue Impulse mehr zählen als bewährte Muster? Ralf Wagner war sich lange nicht sicher, auch wenn er schon vor Saisonbeginn angedeutet hatte, dass sein fünftes Jahr in Kirchheim womöglich sein letztes sein würde. Getreu dem Motto „aufhören, wenn‘s am schönsten ist“ hat Wagner nach dem umjubelten Heimsieg seiner Mannschaft vor zwei Wochen gegen den Tabellenzweiten aus Schmiden eine Entscheidung gefällt. Marc Eisenmann, der in der Jahresversammlung im März die Abteilungsleitung abgeben wird und der angekündigte Rückzug von Assistenzcoach Klaus Pesl und Torwarttrainer Bernhard Kunz haben ihm diese Entscheidung erleichtert. „Das erschien mir irgendwie die passende Gelegenheit, weil es einen Schnitt bedeutet“, sagt Ralf Wagner.

Wagner geht als Erfolgstrainer. Er hat den VfL vor drei Jahren nicht nur in die Landesliga geführt, er hat auch all jene widerlegt, die geunkt hatten, das Abenteuer werde nicht von langer Dauer sein. Im dritten Jahr steht die Mannschaft im Tabellen-Mittelfeld und ist zumindest in eigener Halle eine Macht – allen personellen Widrigkeiten zum Trotz. Egal, was noch passiert: Wagner geht erhobenen Hauptes – und er geht im Frieden. Auch wenn der in den vergangenen Wochen gelegentlich strapaziert wurde. Dass es schon im November Kontakte mit Sinisa Mitranic gab und der Verein ihm zuvorkam, als es darum ging, der Mannschaft vor zwei Wochen seine Entscheidung mitzuteilen, hat ihn nicht unberührt gelassen. „Da wurde der zweite Schritt vor dem ersten unternommen“, sagt er. „Es gab Dinge, die hätte man sicher eleganter lösen können.“

Für ihn ist das schon jetzt Schnee von gestern. Seine Mannschaft hat auf ihre Art gezeigt, wo sie steht: Beim Einlaufen vor dem jüngsten Heimspiel gegen Göppingen nahmen die Spieler einen Umweg, um demonstrativ den Trainer abzuklatschen. Wagner will eine aufgeräumte Werkstatt hinterlassen, „noch ‘ne Kante“, wie er es nennt. „Ein Platz unter den besten fünf, das wäre schon klasse.“

Was danach kommt, ist völlig offen. Für Wagner wie auch für den VfL. Während der 43-Jährige zunächst „die Randzonen seines verkümmerten Privatlebens bereichern“ will, wie er es nennt, muss Sportchef Uwe Hamann seinen Wunsch-Nachfolger von der Liste streichen. Sinisa Mitranic hat für viele überraschend dem TSV Owen einen Treueschwur geleistet.

Beim Tabellenschlusslicht scheint das Feuer neu entfacht. Ein Sieg gegen Nürtingen und zwei knappe Niederlagen gegen die beiden Topteams der Landesliga, so lautet die Bilanz seit Weihnachten, als Mitranic die Mannschaft von seinem Vorgänger Manfred Haase übernahm. Seitdem wirkt sie vor allem in der Abwehr verbessert, wacher, aggressiver. Der Kroate hörte auf seine innere Stimme, die sagte: „Diese Mannschaft passt zu mir, und sie hat deutlich mehr Potenzial, als sie bisher zeigt.“ Mitranic, der noch vor Weihnachten mit einem höherklassigen Engagement nach Saisonende liebäugelte, wird den TSV im Falle des Abstiegs nun sogar in die Bezirksliga begleiten. „Wenn eine Sache passt“, sagt er, „dann bin ich mir auch für die Kreisliga nicht zu schade.“

Mannschaft und Trainer haben einen Pakt geschlossen, der in Owen neue Hoffnung weckt. Leistungsträger wie Raphael Schmid, Sebastian Martin oder Marius Dotschkal schlugen attraktive Angebote in den Wind und wollen notfalls den bitteren Gang in die Bezirksliga antreten. Die Bedingung dafür: Der Trainer bleibt. Auch Thomas Langlinderer, den nicht wenige für den besten Torhüter der Liga halten, wird dem TSV die Treue halten. Solidaritätsbekundungen, die bei einem wie Mitranic auf fruchtbaren Boden fallen. Er will im Falle des Abstiegs keinen Scherbenhaufen hinterlassen. „Wir kennen jetzt alle die Richtung“, sagt er, „und wissen gemeinsam, wo es langgeht.“

VfL Kirchheim (Trainer Ralf Wagner klatscht) - Denkendorf

VfL-Trainer Ralf Wagner verlässt die Kirchheimer am Saisonende. Foto: Deniz Calagan