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„Der Energieausweis ist ein Baustein“

Patrick Rosenberger, Immobilienchef der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, im Interview

Immobilienanzeigen enthalten inzwischen auch Angaben zum Energiebedarf beziehungsweise -verbrauch. Der Teckbote hat mit Patrick Rosenberger, Leiter der Abteilung Baufinanzierung und Immobilien der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, darüber gesprochen, wie sich die Neuerung auswirkt.

Wer eine Immobilie veräußern oder neu vermieten möchte, braucht einen Energieausweis. Bewegen sich die Werte im roten Bereich, m
Wer eine Immobilie veräußern oder neu vermieten möchte, braucht einen Energieausweis. Bewegen sich die Werte im roten Bereich, muss der Käufer beziehungsweise Mieter mit sehr hohen Heizkosten rechnen. Liegen sie dagegen im grünen Bereich, sind die Heizkosten vermutlich überschaubar. Foto: Jean-Luc Jacques

Anbieter von Immobilien müssen seit einem guten halben Jahr angeben, welchen Energiebedarf beziehungsweise -verbrauch eine Wohnung oder ein Haus hat. Wird diese Information von den Käufern geschätzt?

Patrick Rosenberger: Der Energieausweis ist ein Baustein. Ein kundiger Käufer sieht jedoch, wie alt eine Heizung ist, und wie es beispielsweise um den Wärmeschutz bestellt ist. Gut ist, jemanden zu Rate zu ziehen, der sachkundig ist. Mit jeder energetischen Sanierungsmaßnahme müsste im Übrigen ein neuer Energieausweis erstellt werden, damit er wieder aktuell ist.

Noch immer gibt es nicht für alle Immobilien, die zum Verkauf anstehen,

Energieausweise. Worin liegen dafür die Gründe?

Rosenberger: Vielen Eigentümern fällt dieses Thema schwer. Wir unterstützen unsere Verkäufer bei der Erstellung des Energieausweises. Wer einen Energieausweis benötigt, kann sich beispielsweise an einen Energieberater, einen Kaminfeger oder an die Deutsche Energie-Agentur wenden. Letztere ist bei der Expertensuche behilflich.

Inwiefern wirkt sich der Energieverbrauch auf den Preis einer Immobilie

aus?

Rosenberger: Ein Stück weit hat der Verbrauch schon Auswirkungen. Sind die Fenster sehr alt und das Gebäude hat zum Beispiel keinen Vollwärmeschutz, ist es natürlich nicht ganz so wertig, da nach dem Kauf investiert werden muss. Entscheidend für den Preis sind aber in erster Linie die Lage und der Gesamtzustand einer Immobilie.

Lassen sich ältere Immobilien, die viel Energie benötigen, also nach wie vor gut verkaufen, obwohl die Energiekosten drastisch steigen und der Energieausweis die Daten nun offenlegt?

Rosenberger: Die Nachfrage nach Immobilien im Ballungsraum und in Kirchheim ist seit Jahren sehr groß und übersteigt bei Weitem das Angebot. Die Lage hat sich kontinuierlich verschärft. Da spielt der Energieverbrauch zunächst eine untergeordnetere Rolle; Nach dem Kauf werden dann Energie einsparende Renovierungsarbeiten vorgenommen. Diese Maßnahmen werden teilweise durch

zinsgünstige Darlehen oder staatliche Zuschüsse gefördert.

Lässt sich damit erklären, dass Immobilien mit niedrigen Energiekosten von Seiten der Anbieter nicht offensiver beworben werden?

Rosenberger: Da muss man unterscheiden: Bauträger haben für Neubauobjekte oft durchdachte Energiekonzepte. Sie können dadurch mit niedrigen Verbräuchen werben. Was wir und andere Immobilienmakler anbieten, sind dagegen meist Bestandsimmobilien. Da ist die energetische Situation gegeben.

Es lohnt sich also nicht, vor dem Verkauf selbst eine grundlegende energetische Sanierung vorzunehmen.

Rosenberger: Nein, was Sie da investieren, werden Sie vermutlich nicht ein zu eins wiederbekommen. Angenommen, Sie entscheiden sich für braune Fensterrahmen, junge Leute wünschen aber graue, dann ist die Sanierung für den Interessenten kein großes Kaufargument.

Spielt bei der Entscheidung für oder gegen den Kauf einer Immobilie der

Energieträger eine Rolle?

Rosenberger: Öl ist eher auf dem Rückzug, dagegen wird Gas oft als Pluspunkt gesehen. Bei einer umfassenden Heizungssanierung nach dem Kauf stellen aber immer mehr auf regenerative Energien wie beispielsweise Holzpellets oder Luft-Wärme-Pumpen um. Scheitholz als Hauptenergieträger ist in eher städtischen Bereichen kein großes Thema. Da schaffen sich die Leute vor allem wegen der Wohlfühlatmosphäre einen Kaminofen an.

Wissenswertes rund um den Energieausweis

Ein Energieausweis ist erforderlich, wenn ein Haus oder eine Wohnung verkauft beziehungsweise neu vermietet wird. Verschärft wurde die Pflicht für Energieausweise zum 1. Mai dieses Jahres. Seitdem müssen sie bereits in Immobilienanzeigen vorhanden sein, dem Interessenten spätestens aber bei der Besichtigung vorliegen. Ähnlich wie bei Haushaltsgeräten oder Fahrzeugen geben Energieausweise Auskunft über den Energiebedarf beziehungsweise -verbrauch sowie die Energieeffizienzklasse eines Gebäudes. Aufgeschlüsselt wird der Bedarf pro Quadratmeter Nutzfläche und Jahr. Die Skala der Energieeffizienzklassen reicht von A+ bis H. Letzteres entspricht einem Bedarf von mehr als 250 Kilowattstunden. Je nachdem, wie viele Wohnungen ein Gebäude hat, wann es errichtet und ob es bereits saniert wurde, benötigen Verkäufer einen bedarfs- beziehungsweise verbrauchsbasierten Energieausweis. Wie Christina Rocker, Projektleiterin Energieeffiziente Gebäude der Deutschen Energie-Agentur (dena) erklärt, nimmt der Fachmann beim Bedarfsausweis in einer technischen Analyse die Bausubstanz und die Heizungsanlage des Gebäudes unter die Lupe. Er deckt die energetischen Schwachstellen auf und gibt fundierte Tipps für eine Modernisierung. Aufgrund des energetischen Zustands des Gebäudes berechnet er die Energie, die für Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung bei durchschnittlicher Nutzung benötigt wird. Der Verbrauchsausweis entsteht auf der Grundlage der Heizkostenabrechnungen und gibt den Energieverbrauch der Gebäudenutzer bei Heizung und Warmwasser in den letzten drei Jahren an. Die Bewertung eines Gebäudes im Verbrauchsausweis hängt somit auch vom Heizverhalten der Bewohner ab: „Eine Familie mit einem kleinen Kind heizt anders als ein berufstätiges Paar, das nur abends zu Hause ist“, gibt Rocker zu bedenken. Nähere Informationen gibt es bei der Deutschen Energie-Agentur im Internet unter der Adresse www.dena.de. Eine Datenbank, die bundesweit Experten auflistet, findet man unter www.zukunft-haus.info/experten. Erstinformationen gibt es zudem bei der dena unter der Hotline 0 80 00 73 67 34. ank