Lokales

„Einfach anders wohnen“

Teckboten-Weihnachtsaktion unterstützt inklusives Wohnprojekt der Kirchheimer Lebenshilfe

Die Zahl der Menschen mit Behinderung, die alleine und möglichst selbstbestimmt leben wollen, wächst. Mit einem neuen, innovativen Wohnprojekt in Bahnhofsnähe will die Kirchheimer Lebenshilfe diesem Wunsch Sorge tragen.

Wohnen mitten in der Stadt: Im Wohn- und Geschäftshaus „Quartier 107°“ gegenüber dem Kirchheimer Bahnhof an der Ecke Schöllkopfs
Wohnen mitten in der Stadt: Im Wohn- und Geschäftshaus „Quartier 107°“ gegenüber dem Kirchheimer Bahnhof an der Ecke Schöllkopfstraße/Kolbstraße schafft die Lebenshilfe Kirchheim zwölf Plätze im stationären und fünf Plätze im ambulanten Wohnen.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Das Thema Inklusion ist in aller Munde. „Es bewegt sich viel in diesem Bereich“, sagt Martin Wirthensohn, Geschäftsführer der Lebenshilfe Kirchheim. „Wir wollen dazu beitragen, dass das Wohnen mitten in der Stadt auch für Menschen mit Behinderung eine realistische Perspektive darstellt.“ Mit dem Wohnprojekt „Quartier 107°“, das gegenüber dem Kirchheimer Bahnhof entsteht, soll dies bald Wirklichkeit werden. Unter dem Motto „Einfach anders wohnen“ wirbt die Kirchheimer Lebenshilfe gemeinsam mit dem Bauträger „Dyck Bauen und Wohnen“ dafür.

In dem neu entstehenden Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Kolbstraße/Schöllkopfstraße wird die Lebenshilfe im ersten Stock zwölf Plätze im stationären Wohnen und im Erdgeschoss fünf Plätze im ambulanten Wohnen anbieten. Diese Plätze sind in der Bedarfsplanung des Landkreises berücksichtigt, die Interessentenliste umfasst bereits 30 Personen. „Das ambulante Angebot ist für Menschen konzipiert, die Interesse an einer weitgehend eigenständigen Wohnform haben“, sagt Wirthensohn. Die fünf Appartments im Erdgeschoss seien aber auch geeignet für Menschen, die in Bezug auf eigenständiges Wohnen Bedenken haben und die räumliche Nähe zur stationären Wohngruppe als hilfreich und entlastend erleben.

Im „Quartier 107°“, das seinen Namen der Krümmung der Außenwand verdankt, sollen aber nicht nur Menschen mit Behinderung leben: Es ist ein Gebäude mit gemischter Belegung. Neben den Räumlichkeiten der Lebenshilfe bietet das Wohnprojekt im zweiten Obergeschoss weitere Wohnungen und darüber drei Penthouse-Wohnungen mit ansprechendem Patio. Durch die zentrale Lage mit kurzen Wegen zu Kindergärten und Schulen wird das Quartier auch für andere Menschen und vor allem junge Familien interessant.

„Die Lage trägt sehr zum Gelingen der Inklusion bei“, ist Wirthensohn überzeugt. Die unmittelbare Nähe zum Bahnhof und zur Innenstadt bietet vielfältige Möglichkeiten, den Alltag und die Freizeit der Bewohner mit Erholungs- und Kulturmöglichkeiten zu gestalten. „Sie sind nicht ausschließlich auf die Angebote der Mitarbeiter angewiesen“, freut sich Wirthensohn. Sie können selbstständig an kulturellen, sportlichen und bildungsfördernden Veranstaltungen in der Stadt teilnehmen. Das Krankenhaus liegt nur einen Kilometer entfernt, und auch die ambulante medizinische Versorgung mit Zahn-, Fach- und Hausärzten ist durch die städtische Struktur sichergestellt.

Mit dem Wohnprojekt erfüllt sich die Lebenshilfe einen Wunsch, den sie schon seit Langem mit sich herumträgt. „Es war schon seit Jahren im Gespräch“, erklärt Wirthensohn. „Wir hegten lange die Hoffnung, es vielleicht im Steingauquartier auf dem ehemaligen EZA-Gelände verwirklichen zu können.“ Mit der jetzigen Lösung ist man aber sehr zufrieden. „Die Zusammenarbeit mit dem Bauträger und der Stadt ist vorbildlich.“ Die Bagger sind bereits angerollt, es wird mit einem Bezugstermin im Juni 2016 gerechnet.

Für die Kirchheimer Lebenshilfe schlägt das Vorhaben insgesamt mit einer Summe von rund 1,3 Millionen Euro zu Buche – dies umfasst aber nur den reinen, schlüsselfertigen Kauf der Räume, ohne Küche und sonstige Ausstattung. Gefördert wird das Projekt unter anderem durch das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren des Landes Baden-Württemberg, den Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) und die Aktion Mensch. Der Rest wird durch Eigenmittel und Spenden finanziert. „Wir freuen uns sehr über die finanzielle Unterstützung“, bedankt sich Wirthensohn dafür, dass das Projekt durch die Weihnachtsaktion des Teckboten unterstützt wird.

Von dem Geld möchte die Lebenshilfe vor allem den Außenbereich des Wohnprojekts gestalten. Die großzügige Außenanlage mit einem gemütlichen Garten soll Begegnungen schaffen, Platz für Sommerfeste bieten, zum Verweilen einladen und so das Kennenlernen innerhalb der künftigen Hausgemeinschaft fördern.