Lokales

„Kirchheim braucht ein Hallenbad“

Ortsgruppe der DLRG unterstreicht ihre Forderung nach einem Neubau mit 4 705 Unterschriften

Unter dem ihr eigenen Aspekt der Lebensrettung hat die DLRG-Ortsgruppe Kirchheim gestern einen Ordner mit 4 705 Unterschriften an Kirchheims Oberbürgermeisterin übergeben. Was die Unterstützer der Petition fordern, haben sie in einem einfachen Aussagesatz zusammengefasst: „Kirchheim braucht ein Hallenbad“.

DLRG Kirchheim übergibt Unterschriftenliste für ein Hallenbad an die OBin Matt-Heidecker
DLRG Kirchheim übergibt Unterschriftenliste für ein Hallenbad an die OBin Matt-Heidecker

Andreas Volz

Kirchheim. Etwas ausführlicher lautet die Forderung der DLRG – in der mündlichen Version des Ortsgruppenvorsitzenden Steffen Bock: „Die Variante ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass das Hallenbad möglichst bald gebaut wird.“ Die Unterstützer wollten mit ihrer Unterschrift „ge­genüber Rat und Verwaltung der Großen Kreisstadt Kirchheim“ bekunden, dass sie „die Verwendung öffentlicher Gelder für den Bau eines neuen Hallenbades befürworten“.

Weil die Unterschriften zwischen Mitte Februar und dem vergangenen Montag nicht nur in der persönlichen Begegnung in Kirchheims Innenstadt gesammelt wurden, sondern auch online, gibt es eine Vielzahl von Kommentaren, die Unterstützer im Internet zu ihren Namen hinzugefügt haben. Der stellvertretende Ortsgruppenleiter Ulrich Baade fasst die Hauptaussagen einiger Kommentare zusammen: „Eine Stadt mit 40 000 Einwohnern braucht ein Hallenbad“, heißt es da etwa, oder auch: „Ein Hallenbad steht für Lebensqualität und gehört zur Daseinsfürsorge.“ Eine weitere Meinung besagt, dass eine Stadt, die sich gerne als „Sportstadt“ bezeichne, auch ein Hallenbad brauche: „Eine Sportstadt ohne Hallenbad, das geht gar nicht.“

Von den 4 705 Unterschriften, die die beiden Vorsitzenden gestern gemeinsam mit Manuel Schäffer, dem stellvertretenden Technischen Leiter Einsatz, übergeben haben, gehören 3 121 zu Einwohnern Kirchheims. Weitere 1 128 Unterschriften stammen von Menschen aus dem Kreisgebiet. 456 Unterschriften haben Leute geleistet, die noch weiter entfernt von Kirchheim wohnen.

Alle, die sich an der Aktion beteiligt haben, teilen in irgendeiner Weise die Sorge der DLRG-Ortsgruppe Kirchheim, dass es eines Tages gar kein Hallenbad mehr im direkten Umfeld geben könnte – weder in Kirchheim noch in Dettingen. „Ohne Hallenbad wäre unser Verein am Sterben“, sagte Steffen Bock gestern klar und deutlich. Auch auf die Frage, warum ein Hallenbad so wichtig ist, wenn es doch auch ein Freibad gibt, antwortete er ganz eindeutig: „Unsere Haupttrainingszeiten sind alle an das Hallenbad gekoppelt. Wenn uns ein Hallenbad wegbricht, dann bricht uns fast 100 Prozent unseres Trainingsbetriebs weg.“

Die DLRG-Mitglieder seien natürlich sehr gerne auch im Freibad. Allerdings gehe das nur für eine sehr begrenzte Zeit im Jahr – und das auch nur an einigen wenigen Abenden und auf zwei Bahnen, die dann für die übrigen Freibadbesucher gesperrt sind. Zudem sei das Training im Freibad auch noch stark von der Witterung abhängig.

Ulrich Baade zufolge hat die DLRG ihre Petition unabhängig von Sportvereinen gestartet, weil es seinem Verein hier ausschließlich um den Aspekt der Lebensrettung ging. Das dazugehörige Plakat zeigt deshalb auch einen Menschen, der sich kaum noch über Wasser halten kann. Für das Foto, das im Februar im größten der drei Bürgerseen entstanden war, hatte sich Manuel Schäffer wagemutig in die kalten Fluten gestürzt.

Zum Retten von Menschenleben gehört für die DLRG-Mitglieder der Einsatz von Rettungsschwimmern. Dabei gibt es aber nicht nur einen Typus von Rettungsschwimmern, berichteten sie gestern der Oberbürgermeisterin. Neben speziellen Tauchern kommen auch speziell ausgebildete „Strömungsretter“ zum Einsatz. Die Einsätze wiederum können sehr vielfältig sein. So erzählte Steffen Bock von einem Einsatz im Neckar, an dem er kürzlich in Esslingen beteiligt war: Ein Mann, der an einer Schlägerei beteiligt war, hatte sich der Fahndung durch die Polizei entziehen wollen, und das ausgerechnet durch einen Sprung ins Wasser. Die DLRG konnte den Mann eine halbe Stunde später nur noch tot bergen.

Andere Einsätze aber helfen dabei, Leben präventiv zu retten. So nannte Ulrich Baade gestern das letzte Elbhochwasser als Beispiel: DLRG-Strömungsretter aus dem Kreisgebiet Esslingen waren daran beteiligt, Sandsäcke unterhalb der Wasserlinie anzubringen, um dadurch Dammbrüche zu verhindern. – Dazu kommt natürlich auch der regelmäßige ehrenamtliche Wachdienst an Wochenenden während der Freibadsaison.

Die beste Art, präventiv Leben zu retten, im Fall der DLRG also dem Tod durch Ertrinken vorzubeugen, ist der Schwimmunterricht. Wer schwimmen kann, ist in der Lage, sich ziemlich lange über Wasser zu halten. „Wir sind wichtig für die Erstausbildung“, sagte Ulrich Baade gestern ohne falsche Bescheidenheit. Seit der Schließung des Kirchheimer Hallenbads zum Ende der Wintersaison 2010/11 habe es sehr lange Wartelisten für Schwimmkurse gegeben. Die Wartezeiten seien mittlerweile zwar verkürzt worden, aber unter anderem deshalb, weil die DLRG Kirchheim ihre Schwimmkurse auch nicht mehr so intensiv bewirbt.

Ein Flachwasserbecken in einem neuen Hallenbad ist übrigens kein Luxus, sondern laut Ulrich Baade unabdingbar für die „Erstwassergewöhnung“ von Babys und Kleinkindern. Für diese Altersgruppe ist die DLRG bereits auf andere Bäder ausgewichen, etwa auf das Bad in der Dettinger Verbundschule oder gar nach Beuren. Speziell nach Beuren sind die Anfahrtswege natürlich viel länger.

Weitere Entfernungen, die jemand zum Schulschwimmen oder zum Training zurücklegen muss, wollte Angelika Matt-Heidecker gestern allerdings nicht gelten lassen: „Es ist nicht umständlicher und dauert auch nicht länger, wenn eine Schulklasse mit dem Bus nach Dettingen fährt anstatt ins alte Kirchheimer Hallenbad.“ Was sie dagegen als Argument gelten ließ, war die Tatsache, dass immer weniger Kinder von zuhause aus bereits Schwimmkenntnisse mitbringen, bevor sie in die Schule kommen. Das liege aber häufig auch an den Eltern und nicht unbedingt am geschlossenen Hallenbad.

Zur augenblicklichen Situation sagte sie, dass die Stadt Kirchheim mit der Gemeinde Dettingen einen Vertrag abgeschlossen habe, demzufolge sich Kirchheim bis 2016 mit einer gewissen Anzahl an Schwimmstunden in Dettingen einkauft. Danach gebe es die Option, den Vertrag Jahr für Jahr zu verlängern.

Was den Neubau eines Kirchhei­mer Hallenbads betrifft, bereite die Stadtverwaltung derzeit alle Fakten auf, die der Gemeinderat brauche, um eine Entscheidung dafür oder dagegen zu treffen – allerdings nicht vor der Sommerpause. Das große Problem sei jedoch weniger der Neubau selbst. Die dafür veranschlagten zwölf Millionen Euro würden sich sicher irgendwie finanzieren lassen. Aber der jährliche Unterhalt liege bei mindestens 1,2 Millionen Euro, sodass der Unterhalt in zehn Jahren so viel Geld verschlingt wie der Bau selbst. „Ein Hallenbad ist und bleibt ein Zuschussbetrieb“, stellte die Oberbürgermeisterin fest. Ob – und gegebenenfalls wann – sich die Stadt Kirchheim diesen Zuschussbetrieb leisten möchte, darüber entscheide allein der Gemeinderat.