Kirchheim. Einheitliche Regeln zur Handynutzung innerhalb des Schulamtsbezirks gibt es nicht. „Das machen die Schulen im Rahmen ihrer jeweiligen Hausordnung“, sagt der Leiter des Nürtinger Schulamts, Dr. Günter Klein. Ihm ist wichtig, auf den strafrechtlichen Rahmen hinzuweisen. „Manche Schüler sind sich nicht im Klaren darüber, dass unerlaubte Aufnahmen von anderen sie in strafrechtlich blöde Situationen bringen können.“ Immer wieder gebe es Fälle von Cybermobbing. Schulen seien berechtigt, den Gebrauch von Handys beispielsweise in Prüfungen zu untersagen. „Eine Schule kann aber nicht generell verbieten, Handys mitzubringen“, betont Klein.
Auch Kirchheimer Schulen gehen unterschiedlich mit der Frage um. Bei Zusammenkünften der Rektoren tausche man sich zwar darüber aus, doch sei es ein „leidiges Thema“, sagt der geschäftsführende Schulleiter Wolfgang Wörner, Rektor an der Kirchheimer Teck-Realschule. „Das ist wie mit dem Rauchen. Das handhabt jeder anders.“ In der Teck-Realschule darf das Handy auf dem Schulgelände benutzt werden, nicht aber im Schulgebäude. „Dort sollen die Schüler miteinander kommunizieren“, so Wörner. Werden Jugendliche doch dabei erwischt, wenn sie auf dem Smartphone schreiben oder damit telefonieren wollen, gibt es einen Eintrag, der zweistündiges Nachsitzen beinhaltet. Werden sie angerufen, zieht es eine Verwarnung nach sich. „In der Pause nutzen die Schüler ihre Handys auch, um Musik zu hören“, sagt Wörner. Ihm ist eine Lösung wichtig, mit der alle leben können.
Wie streng die Regelung sei, hänge im Grunde davon ab, wie die Schüler damit umgingen. Strikt wird geahndet, wenn fotografiert oder gefilmt wird. „Das hat eine Strafe zur Folge, und wir behalten das Handy bis Unterrichtsschluss ein“, sagt Wörner. Er erinnert sich an einen Fall, als ein Lehrer gefilmt wurde. „In solchen Situationen schalte ich sehr gerne die Polizei ein. Denn damit bin ich überfordert.“ Auch ist der Rektor von der abschreckenden Wirkung überzeugt. Die Jugendsachbearbeiter arbeiteten hervorragend mit den Schulen zusammen. Schwerwiegende Verstöße, bei denen ein anderer in eine peinliche Situation gebracht werde, kämen ungefähr einmal pro Jahr vor. Trotz Handyverbots: Auch im Unterricht können die Lehrer nicht zu 100 Prozent ausschließen, dass im Schulranzen auf dem Smartphone herumgetippt wird. Wörner berichtet von einem Fall, bei dem ein Schüler dabei erwischt wurde, dass er die komplette Klassenarbeit bereits auf seinem Handy hatte. Dafür kassierte er eine glatte Sechs.
Prinzipiell restriktiver geht die Lenninger Grund- und Werkrealschule vor. „Dabei haben ja, es muss aber ausgeschaltet sein“, sagt der Rektor Erich Merkle. Das gilt auch in den Pausen, über Mittag und im Bereich der Ganztagsschule. Einzige Ausnahme sind Räume der offenen Jugendarbeit. „Auf dem Schulgelände bringen Handys keine Vorteile“, erklärt Merkle nüchtern. Der Schulleiter ist sich im Klaren darüber, dass sich Schüler immer wieder über das strenge Handyverbot hinwegsetzen. Werden sie ertappt, wird das Smartphone bis zum Ende des Unterrichts eingezogen. Das Argument, im Notfall dringend zu Hause anrufen zu müssen, lässt Merkle nicht gelten. Dafür gebe es in der Schule Telefone. Häufig würden die Handys für Ärger sorgen. Das beginne damit, dass sie runterfallen, verschwinden oder angeblich geklaut werden und reiche bis zum Cybermobbing. – Ein Thema, das in der Freizeit eine große Rolle spiele, müsse man nicht noch mehr in den Schulalltag holen. Denn ohnehin werde vieles von dem, was über die Smartphones nachmittags und abends laufe, in die Schule getragen. „Wenn es große Probleme gibt, arbeiten die Lehrer das mit den Betroffenen auf“, so Merkle.
Um Kinder und Eltern zu sensibilisieren, laden viele Schulen regelmäßig Medienbeauftragte ein, die Kinder und Eltern verschiedener Klassenstufen auf Gefahren im Internet hinweisen.
Regelmäßig wird die Schulpsychologische Beratungsstelle des Nürtinger Schulamts zu Fortbildungen in Sachen Mobbing an Schulen angefragt. Auch melden sich Eltern oder Schüler häufig wegen Mobbings in der Schule in der Beratungsstelle. Ausschließlich wegen Cybermobbings dagegen eher selten, sagt der Schulpsychologe Johannes Hitzler. „Mobbing findet meist für Erwachsene schwer beobachtbar statt, zum Beispiel in der Pause, im Sportunterricht oder auf dem Nachhauseweg“, so Hitzler. Weil Handys einen relativ kontrollfreien Raum böten, nutzten Jugendliche sie teilweise auch, um andere anzugreifen oder bloßzustellen. „Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich Probleme von Angesicht zu Angesicht anspreche oder per WhatsApp“, gibt der Schulpsychologe zu bedenken. Manchmal meine der Absender es gar nicht so, wie es ankomme. „Was fehlt, ist die Feedback-Schleife. Ich bekomme über das Smartphone nicht mit, was das Gesagte beim Gegenüber auslöst.“