Lokales

Blick durchs Schlüsselloch

Kreiskliniken Kirchheim
Kreiskliniken Kirchheim

Kirchheim. Es ist 8.30 Uhr, und die Patientin, die narkotisiert auf dem OP-Tisch in der Klinik Kirchheim liegt, ist kurz davor, ihre Gallenblase einzubüßen. Um es gleich vorwegzusagen: Skalpelle spielen in dieser Geschichte keine Rolle. Blut fließt auch fast keines. Am Ende wird die Patientin vier winzige Narben davontragen und nach drei Tagen entlassen werden – der minimalinvasiven Chirurgie sei Dank.

Die minimalinvasive Chirugie, auch Schlüsselloch-Chirurgie genannt, ist aus dem Kirchheimer Klinikalltag inzwischen nicht mehr wegzudenken. Im Gegensatz zur offenen Operation arbeiten die Chirurgen dabei nicht auf Sicht, sondern mithilfe einer Kamera und Instrumenten, die über starre Metallröhren, sogenannte Trokare, in Bauch-oder Brustraum eingeführt werden.

Bevor der leitende Oberarzt Dr. Thomas Mayer-Lilienthal, Oberarzt Ingo Holler und die beiden OP-Schwes­tern ans Werk gehen, wird der Bauch mit Kohlendioxid so aufgebläht, dass zwischen Bauchdecke und Organen genügend Platz ist. Nach einer Minute ist der Bauch so prall wie ein Luftballon. Jetzt kann‘s losgehen: Ingo Holler führt die Kamera durch den Nabel in die Bauchhöhle ein. Auf dem Monitor ist nun das Innenleben der Patientin abgebildet. Ingo Holler arbeitet sich zur Gallenblase vor, die birnenförmig zwischen Dickdarm und Leber liegt. Leider liegt das Organ nicht frei, sondern ist mit den umliegenden Organen verwachsen. „Das deutet auf eine frühere Entzündung hin“, erklärt Thomas Mayer-Lilienthal, während sein Kollege Ingo Holler die Gallenblase mit einem elektrischen Haken vorsichtig freipräpariert. Dabei ist Millimeterarbeit gefragt, denn in unmittelbarer Nähe zur Gallenblase befinden sich lebenswichtige Organe, die nicht verletzt werden dürfen.

Nach circa einer Stunde wird die Gallenblase in ein Beutelchen verpackt und durch den Bauchnabel herausgezogen. Die OP-Schwester schneidet das Organ auf, das etwa 40 kleine Gallensteine enthält. Thomas Mayer-Lilienthal näht die kleinen Wunden zu, anschließend wird die Patientin über die Schleuse in den Aufwachraum geschoben. Eine halbe Stunde später ist sie wieder bei Bewusstsein. „Die Narkosezeiten werden heute gezielt kurz gehalten“, erklärt Ingo Holler. Später wird die Patientin 40 frisch gewaschene Gallensteine in einem Gläschen entgegennehmen – als Andenken. Die Gallenblase dagegen sieht sie nicht wieder. Die ist in der Pathologie zur Untersuchung.

Im vergangenen Jahr wurden in Kirchheim bei 154 Patienten die Gallenblasen entfernt, bei den meisten minimalinvasiv. Die Vorteile der Methode liegen für Ingo Holler auf der Hand. „Früher waren die Patienten zwei Wochen hier. Heute dürfen sie nach drei Tagen nach Hause“, erklärt er. Aufstehen können die Patienten sogar gleich am ersten Tag.