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Der Dienst an denen, „die es verdient haben“

Seit mehr als 30 Jahren kümmert sich die „Russ Foundation“ vom Fuß der Teck aus um Bedürftige in Südindien

Der Dienst an denen, „die es verdient haben“
Der Dienst an denen, „die es verdient haben“

Owen. „Serving the deserving“ – unter diesem Motto unterstützt die „Russ Foundation“ seit über 30 Jahren im südindischen Madurai hilfsbedürftige Menschen – in erster Linie Kinder und Jugendliche. Im englischen Motto schwingt so manches

an Zwischentönen mit: „Serving“ bedeutet „dienen“, das zumindest ist eindeutig. Wem aber soll da gedient werden? Der Begriff „the deserving“ meint in der deutschen Abwandlung des Mottos diejenigen, „die es nötig haben“. Wörtlich dagegen sind „the deserving“ vor allem diejenigen, „die es verdient haben“, dass man ihnen dient, aber auch diejenigen, „die es wert sind“ oder „die würdig sind“.

In diesen Definitionen steckt eine ganze Menge christlicher Ethik. In der Tat ist die Verbindung der Kirch­heimer Familie Russ zu Hilfsprojekten in Indien auch eng verflochten mit dem entsprechenden Engagement des Kirchheimer CVJM, des Christlichen Vereins Junger Menschen. Begonnen hat alles vor über 50 Jahren: Siegfried Russ, Gesellschafter des Autohauses Russ, hat sich 1963 für längere Zeit in Indien aufgehalten und damals bereits Kontakte zum Sekretär des YMCA (CVJM) Madurai geknüpft. Mit der Finanzierung eines Waisenhauses und einer Lehrwerkstatt im Jahr 1984 wurde schließlich der Grundstein der heutigen „Russ Foundation“, also der „Russ-Stiftung“ gelegt. Seit 1992 handelt es sich dabei auch um eine offiziell in Indien registrierte Stiftung.

Freundschaftliche Beziehungen zwischen der Teck-Region und Südindien bestehen also seit langer Zeit, wobei die Besuche über Jahrzehnte hinweg eher einseitig erfolgten, von Deutschland nach Indien. Immer wieder gab es aber auch Gegenbesuche, so wie jüngst zum 30-jährigen Bestehen der Stiftung: Berlin Jose, der Sohn des einstigen und mittlerweile verstorbenen YMCA-Sekretärs von Madurai, führt die Geschäfte der „Russ Foundation“ fort und berichtete nun darüber. Rechenschaft leistete er aber nicht nur in privaten Gesprächen, sondern auch im größeren Rahmen: Bei einem öffentlichen Vortragsabend, zu dem unter anderem die „Lions-Freunde“ von Siegfried Russ in den Owener „Adler“ eingeladen waren, stellte Berlin Jose die vielfältigen Hilfsprojekte vor.

Im Kinderheim leben zwischen 30 und 40 Kinder und Jugendliche, die meisten von ihnen Vollwaisen. Sie erhalten eine gute Schulbildung. Auch um die anschließende Berufsausbildung kümmert sich die „Russ Foundation“. Gesundheitsvorsorge ist ebenfalls ein wichtiger Punkt des gesellschaftlichen Engagements vor Ort. Dazu gehören Programme zur Bekämpfung von Tuberkulose und von AIDS. Nicht zu vergessen ist die Enttabuisierung der Immunschwächekrankheit und die Integration von HIV-Infizierten in ihrem Umfeld. Es geht auch darum, die Menschen frühzeitig über die Gefahren der Krankheit sowie über die Ansteckungswege aufzuklären und sie zu ermuntern, dass sie sich testen lassen. Berlin Jose: „Wir schaffen dafür das nötige Bewusstsein.“

In einem Film stellte er Menschen und deren Schicksale vor. Zu sehen war im Film beispielsweise eine Frau mit zwei Kindern. Ihr Mann hatte sie mit HIV infiziert und anschließend die Familie verlassen. – Es gab aber auch die schöne Geschichte von einem Mädchen, das 1992 ins Waisenheim kam und jetzt im Sommer 2014 geheiratet hat.

Für Siegfried Russ ist es wichtig, mit der Arbeit der Stiftung gerade auch den ländlichen Raum in der Region um Madurai zu stärken: „Man will ja erreichen, dass die Menschen auf dem Land bleiben und nicht in die Slums der Großstädte ziehen.“ Das klingt als Ziel bescheiden und ist hoffentlich auch einigermaßen realistisch. Wesentlich überschwenglicher drückte sich Berlin Jose aus: „Worum sich unsere Regierung nicht kümmert, darum kümmert sich die ,Russ Foundation‘.“ Und auch in dieser Aussage klingt der entscheidende Zwischenton mit: „um diejenigen die es wert sind, dass man sich um sie kümmert“.

Der Dienst an denen, „die es verdient haben“
Der Dienst an denen, „die es verdient haben“