Lokales

Dettinger Bücherei bleibt am Leben

Freie Wählergemeinschaft stellte die Einrichtung infrage - Luxus in Zeiten knapper Kassen?

Alle Leseratten und Besucher der Dettinger Ortsbücherei können aufatmen: Trotz knapper Kassen einigte sich der Gemeinderat nach langer Diskussion darauf, die defizitäre Einrichtung am Leben zu lassen.

Bücherei im Rathaus
Bücherei im Rathaus

Dettingen. Kann sich die Gemeinde Dettingen in Zeiten knapper Kassen eine Ortsbücherei noch leisten? Diese Frage erhitzte in der jüngsten Gemeinderatssitzung die Gemüter. „Die Menschen, die ein größeres Angebot suchen, fahren sowieso nach Kirchheim in die Bücherei“, räumte Bürgermeister Rainer Haußmann ein. „Aber für diejenigen, die den Weg nach Kirchheim nicht zurücklegen können - also Kinder, aber auch Senioren -, brauchen wir eine Bücherei am Ort.“ Hinzu komme, dass sich die Schullandschaft in Richtung Ganztagsschule entwickle, sagte Rainer Haußmann. „Wir müssen den Tag füllen. Da werden wir froh sein, wenn es dann die Bücherei noch gibt.“

Auch Hermann Pölkow von der SPD sprach sich für den Erhalt der Bücherei aus: „Wer als Kind nicht liest, der tut es sein ganzes Leben lang nicht. Deshalb ist das Angebot, sozusagen in der Nachbarschaft Bücher ausleihen zu können, ganz wichtig.“ Die Schüler in die Teckstadt zu schicken, findet Hermann Pölkow „nicht richtig“. „Außerdem reden wir hier über 12 000 Euro im Jahr. Es gibt ganz andere Summen, über die wir diskutieren könnten.“ Sein Fraktionskollege Dietmar Vogt fügte hinzu, dass der Trend bei den Ausleihzahlen positiv sei. So besuchten noch vor zwei Jahren 513 Kinder unter zwölf Jahren die Einrichtung, im vergangenen Jahr waren es fast doppelt so viele. Insgesamt nutzten im letzten Jahr 1 588 Dettinger die Bücherei.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte die Fraktion der Freien Wählergemeinschaft (FWG), die die Dettinger Einrichtung wegen der schwierigen Finanzsituation der Gemeinde infrage stellte. „Voraussetzung für eine zukunftsorientierte Bücherei ist eine hohe Qualität des Angebots. Hierfür sind zusätzliche Mittel notwendig“, gab Dr. Werner Hack von der FWG in seiner Haushaltsrede zu bedenken. Ob dies allerdings in einem vertretbaren Rahmen möglich sei, daran hegte Werner Hack Zweifel. Deshalb schlug er vor, mit der Stadt Kirchheim zu kooperieren.

Auch Roland Sigel von der CDU/Freie Wählervereinigung ging in seiner Haushaltsrede auf das Thema Bücherei ein. Bei den Haushaltsberatungen seiner Fraktion sei die Schließung im Raum gestanden, erzählte er. Letztlich sprach sich die CDU/FWV aber für den Erhalt der Einrichtung aus - allerdings mit Einschränkungen. So schlug die Fraktion zum Beispiel vor, das Budget für die Aktualisierung des Medienbestands zu kürzen.

Beim anschließenden „Schwur“ stimmte mit neun von zwölf anwesenden Ratsmitgliedern schließlich die Mehrheit gegen die Schließung der Bücherei, die sich im Rathaus befindet und dienstags und donnerstags jeweils von 15.30 bis 18.30 Uhr geöffnet hat. Außerdem einigten sich die Räte darauf, die im Haushaltsplan vorgesehen Ausgaben für neue Regale und eine Leseecke in Höhe von 2 000 Euro zu streichen.

Für Diskussionsbedarf sorgte darüber hinaus das Thema Steuererhöhung. Denn die Verwaltung hatte im Rahmen der Haushaltseinbringung am 7. Februar eine Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer A um 10 auf 350 Prozentpunkte, für die Grundsteuer B um 10 auf 380 Prozentpunkte und für die Gewerbesteuer um 15 auf 365 Prozentpunkte rückwirkend zum 1. Januar vorgeschlagen. „Nach strikter Analyse kommen wir nicht umhin, die Hebesätze auf den Prüfstand zu stellen“, sagte Roland Sigel, der sich mit der Erhöhung der Grundsteuer einverstanden erklärte. Bei der Gewerbesteuer allerdings plädierte er dafür, den Hebesatz lediglich auf 360 Prozentpunkte anzuheben. „Unsere Unternehmen haben während der Wirtschaftskrise versucht, ihre Mitarbeiter zu halten. Dabei sind viele Betriebe an ihre Belastungs- und Liquiditätsgrenzen gestoßen.“ Zudem würden die Gewerbetreibenden künftig durch die gesplittete Abwassergebühr zusätzlich zur Kasse gebeten.

Das sah Werner Hack, der den Vorschlag der Verwaltung hinsichtlich der Gewerbesteuer unterstützte, indes ganz anders: „In den vergangenen Jahren haben wir aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen immer auf eine Gewerbesteuererhöhung verzichtet.“ Zudem sei bei Einzelunternehmen eine Verrechnung mit der Einkommensteuer möglich. Werner Hack fügte hinzu, dass die FWG eine Anhebung der Grundsteuer allerdings nicht mittragen wolle - was wiederum Hermann Pölkow schwer nachvollziehen konnte: „Um in Zukunft auf die Aufnahme zusätzlicher Kredite verzichten zu können, brauchen wir mehr Einnahmen.“ Die Dettinger Bürger bekämen für die höheren Steuern auch etwas zurück, unterstrich der SPDler. „Die Gemeinde bietet viel an Lebensqualität und Infrastruktur sowie viel für Kinder und Bildung.“

Damit zeigte sich die Mehrheit im Ratsrund letztlich einverstanden und stimmte für den Vorschlag der Verwaltung, die Grund- und Gewerbesteuer zu erhöhen.

Die Gemeinderäte beschlossen darüber hinaus, die im Haushaltsplan vorgesehene Anschaffung von neuen Geräten für die Skatingbahn zu streichen. Verzichtet wird auch auf die Sanierung der Brücke an der Haldenstraße.

Außerdem will die Verwaltung die Notwendigkeit des „Anruf-Sammel-Taxis“, an dem elf Kommunen in der Region rund um die Teck beteiligt sind, überprüfen. „Aus wirtschaftlicher Sicht ist es nicht effizient. Denn nur wenige Dettinger nutzen dieses Taxi“, informierte Rainer Haußmann. Wichtig sei ihm aber, nichts übers Knie zu brechen und sich zunächst mit den anderen beteiligten Gemeinden zu besprechen.