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Die Innenstadt geht online

Freies W-Lan kommt in Kirchheim – allen gesundheitlichen Bedenken zum Trotz

Als erste deutsche Großstadt mit freiem W-Lan hat Pforzheim vor einem Jahr Furore gemacht. Viele Städte ziehen nach, jetzt auch Kirchheim – gesundheitlichen Bedenken zum Trotz.

Mit dem Tablett oder Smartphone kostenlos im Internet surfen. - Dieses Angebot soll es in der Kirchheimer Innenstadt bald geben,
Mit dem Tablett oder Smartphone kostenlos im Internet surfen. - Dieses Angebot soll es in der Kirchheimer Innenstadt bald geben, zunächst im Bereich zwischen Max-Eyth-Haus und Stadtbücherei.Foto: Deniz Calagan

Kirchheim. Nicht, dass Kirchheim W-Lan-freie Zone wäre: Wer durch die Fußgängerzone bummelt, durchquert in ein wahres Gewirr aus Netzen. Allerdings ohne davon einen Nutzen zu haben. Sie sind nämlich verschlüsselt. Das ärgert vor allem jüngere Zeitgenossen, für die es selbstverständlich ist, immer und überall online gehen zu können. Auch die Nachwuchsorganisationen der großen Parteien haben sich freies W-Lan auf die Fahnen geschrieben. Nicht zuletzt wird seitens der Wirtschaft längst die Notwendigkeit gesehen, öffentliches W-Lan anzubieten. Alles andere ist nicht mehr zeitgemäß, so das Argument der Befürworter.

Sie alle haben jetzt Grund zum Jubeln: Nahe der Bücherei am Alleenring soll der erste öffentliche Einwahlpunkt entstehen, finanziert von der Stadt. Weitere folgen.

Doch es gibt auch Stimmen, die um die Gesundheit der Menschen fürchten. In der Ratsdebatte siegten letztlich ganz konkrete wirtschaftliche Argumente über eher vage gesundheitliche Bedenken. Reichlich entgegengesetzte Positionen vertraten diesmal die CDU und die Freien Wähler. Für „flächendeckendes W-Lan“ machte sich CDU-Mann Michael Gänßle stark und sah darin die Chance für Kirchheim, sich attraktiv zu machen. Mit einzelnen wenigen Hotspots will er sich aber nicht zufrieden geben: Diese verfehlten ihren Zweck, denn gerade wenn man spontan gemütlich im Café sitze, benötige man den Internetzugang.

„Wir lehnen das großflächige W-Lan ab“, setzte Dr. Christoph Miller, Vorsitzender der Freien Wähler, dagegen und machte gesundheitliche Bedenken geltend. Die Auswirkungen auf den menschlichen Körper seien noch unklar, argumentierte er unter Verweis auf wissenschaftliche Studien, und zog historische Parallelen zu Röntgenstrahlen.

Den Freien Wählern schloss sich Katja Seybold von der CIK an: „Bei so einer umstrittenen Sache möchte ich als Stadträtin nicht Vorreiterin sein“, fasste sie die Sorge um Strahlenbelastung und elektromagnetische Wellen in Worte.

Die Sprecher der anderen Fraktionen positionierten sich zwischen den Extremen. Marc Eisenmann von der SPD signalisierte ein „klares Ja“ zum freien W-Lan – allerdings mit dem Hinweis, Gesundheitsaspekte oder auch eine mögliche Lärmsteigerung durch surfende Internetnutzer nach dem nächtlichen Kneipenbesuch müssten unbedingt im Auge behalten werden.

Die Wünsche junger Leute waren maßgeblich für die Entscheidungsfindung der Grünen und der Frauenliste: „Ich weiß, wie das Votum der Jugendlichen ausfallen würde und möchte mich zu deren Sprachrohr machen“, argumentierte die Vorsitzende der Frauenliste, Dr. Silvia Oberhauser. Im Übrigen gebe es in der Innenstadt bereits zahllose Netze.

Auch der zweite Mediziner im Ratsrund, Dr. Jürgen Berghold von den Grünen, bezeichnete W-Lan als wichtig für junge Menschen. Sie hätten im Gemeinderat eh kaum eine Stimme, weswegen die Grünen geschlossen mit Pro stimmen wollten.

Um nicht als „Fanatiker“ zu gelten, wollten die Freien Wähler sich dem W-Lan-Wunsch nicht ganz verschließen. Sie stellten den Antrag auf eine „kleine W-Lan-Lösung“ mit einem Einwahlpunkt bei der Stadtbücherei. Mit 14 Pro- und 16 Gegenstimmen verfehlte dieser Antrag allerdings die Mehrheit. Das Gros der Räte stellte sich hinter den Vorschlag der Verwaltung: In einer ersten Ausbaustufe werden die Hauptachsen der Innenstadt kostenloses W-Lan erhalten. Los geht es mit dem Bereich um Stadtbücherei und Max-Eyth-Haus. Weitere Ausbaustufen sind angedacht.