Lokales

Erst planen, dann Geld bereitstellen

Gemeinderat beschließt mit knapper Mehrheit, den Neubau der Mörike-Halle nicht vorzuziehen

Die Eduard-Mörike-Halle wird jetzt doch nicht so schnell durch einen Neubau ersetzt: Der Gemeinderat hat dem Ansinnen aus Ötlingen und Lindorf eine Absage erteilt. Auch wenn die Abstimmung denkbar knapp ausging, bedeutet sie doch, dass sich die Hoffnungen der Ötlinger auf eine neue Halle in nächster Zeit nicht erfüllen.

Noch auf unbestimmte Zeit müssen die Ötlinger und die Lindorfer mit der altenEduard-Mörike-Halle zurechtkommen: Den Neubau, den
Noch auf unbestimmte Zeit müssen die Ötlinger und die Lindorfer mit der altenEduard-Mörike-Halle zurechtkommen: Den Neubau, den der Technische Ausschuss schon für 2016 und 2017 finanzieren wollte, hat der Gemeinderat jetzt auf Eis gelegt.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Im Ausschuss für Technik und Umwelt hatte das handstreichartige Vorpreschen aus Ötlingen letzte Woche zu einem Überraschungserfolg geführt: Mit elf zu sieben Stimmen hatte sich der Ausschuss dafür ausgesprochen, den Hallenbau schnellstmöglich zu verwirklichen. Das hätte bedeutet, dass in der Finanzplanung für die Jahre 2016 und 2017 insgesamt drei Millionen Euro für die neue Halle in Ötlingen bereitgestellt werden.

Der Gemeinderat hat nun die lebhafte Diskussion aus dem Ausschuss fortgeführt, wobei vor allem an einem Punkt Einigkeit herrschte: Am maroden Zustand der bisherigen Halle, die schon etwas über 50 Jahre alt ist, zeigt sich tatsächlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Das konnte und wollte niemand im Ratsrund bestreiten. Die entscheidende Frage war deshalb die nach der richtigen Vorgehensweise, um eines Tages zu einem Neubau zu gelangen.

Für den Ötlinger Dr. Thilo Rose, den Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Gemeinderat, stand am Ende seiner leidenschaftlichen Rede fest: „Die Halle muss im Haushaltsplan bleiben, und sie muss 2016 gebaut werden.“ Albert Kahle (FDP/KiBü) konnte es „nicht nachvollziehen, warum Ötlingen immer verzichten muss“, und zwei Ortsvorsteher machten sich ebenfalls für den Neubau stark: Stefan Würtele verwies auf die Bedeutung, die diese Halle in direkter Nachbarschaft auch für die Lindorfer Vereine habe. Hermann Kik erinnerte daran, dass die Ötlinger schon lange genug auf eine neue Halle warteten: „Das steht seit 20 Jahren auf der Agenda.“ Mit diesem Argument wehrte er sich auch gegen den Vorwurf, vorschnell gehandelt zu haben. Nach einem Vorlauf von 20 Jahren könne man dem Ötlinger Ortschaftsrat nicht vorwerfen, aus der Hüfte geschossen zu haben.

Genau diesen Vorwurf machte beispielsweise Andreas Kenner (SPD) den Ötlingern: „Dass wir aus der Lamäng drei Millionen Euro bereitstellen sollen, hat mich doch überrascht.“ Bevor er aber einem Neubau der Eduard-Mörike-Halle zustimme, brauche er erst einmal „eine Gesamtschau auf die Kirchheimer Hallen“. So dringend eine Lösung in Ötlingen sein mag, für Andreas Kenner wäre der Neubau einer Stadthalle viel wichtiger. In jedem Fall aber gelte es, die Ergebnisse der Haushaltskonsolidierung abzuwarten, und außerdem könne der Gemeinderat keine Millionenausgaben für die Eduard-Mörike-Halle beschließen, ohne dass es dazu Vorberatungen gegeben hat und ohne dass ein Hallenkonzept vorliegt.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Sabine Bur am Orde-Käß, erinnerte ebenfalls an die anstehende Haushaltskonsolidierung und an viele weitere Bauprojekte, die bereits zur Debatte stehen: „Vor diesem Hintergrund kommt der Antrag für die Eduard-Mörike-Halle völlig zur Unzeit.“ Der Wunsch aus Ötlingen sei zwar berechtigt, aber andere Projekte stünden im Vordergrund. Ihr Fraktionskollege Dr. Jürgen Berghold verdeutlichte: „Mit einem Beschluss für den Neubau der Eduard-Mörike-Halle geht das neue Hallenbad baden.“

Für die Freien Wähler stellte Ulrich Kübler fest, dass die Fronten verhärtet seien. Auch er hielt den Bedarf in Ötlingen für „unbestritten“. Trotzdem stelle sich die Frage, „wann und wie gebaut wird“. – Genau diese Frage stellte auch Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker. Zur Beschlussempfehlung des Technischen Ausschusses, ohne jede Planung einfach drei Millionen Euro für 2016 und 2017 bereitzustellen, sagte sie: „Das ist ein Vorgehen, das wir noch nie hatten. Wenn wir Hallen bauen, dann werden sie vorher geplant.“

Für Thilo Rose war das ein entscheidender Punkt, um gleich noch etwas draufzusatteln: Die drei Millionen Euro wollte er einerseits mit jeweils 1,5 Millionen Euro auf 2016 und 2017 verteilen. Andererseits aber stellte er den Antrag, die Planungsrate für 2015 von 20 000 Euro auf 80 000 Euro zu erhöhen, um besser und konkreter planen zu können.

Als dieser Antrag zur Abstimmung kam, zeigte sich, dass die Ötlinger damit wohl zu hoch gepokert hatten – womöglich nur um ein kleines bisschen: 15 Befürworter fand der Antrag, während 16 Ratsmitglieder ihn ablehnten. Die drei Enthaltungen hätten der Abstimmung auch eine andere Wende geben können. So allerdings ist der Antrag für den raschen Neubau einer Halle in Ötlingen knapp gescheitert. Es bleibt bei der Planungsrate von 20 000 Euro für 2015 – und weitere Mittel für die Finanzplanung sind bislang nicht vorgesehen.

Eduard-Mörike-Halle in Ötlingen
Eduard-Mörike-Halle in Ötlingen

Kurzer TriumphKommentar

Genau eine Woche lang konnten sich die Ötlinger über den Neubau der Eduard-Mörike-Halle freuen: Der Technische Ausschuss hatte überraschend den entsprechenden Beschluss gefasst und dabei die üblichen Vorgehensweisen für Bauvorhaben und Haushaltsbeschlüsse umgangen. Letzteres dürfte die Befürworter des raschen Neubaus kaum gestört haben, denn der Zweck heiligt nun einmal die Mittel. Nun aber hat der Gemeinderat „zurückgeschlagen“ oder auch „die Dinge wieder zurechtgerückt“.

Was bleibt den Ötlingern? Zunächst ein Wechselbad der Gefühle: Auf den überraschenden Triumph folgten eine Woche später der Absturz in die Trübsal und das Gefühl, mit leeren Händen dazustehen. Die Ötlinger hatten für eine ganz kurze Zeit ihre neue Halle durchgesetzt. Das erinnert an die vier Minuten, in denen sich der FC Schalke 04 im Jahr 2001 als Deutscher Fußballmeister fühlen konnte. – Eines aber mag die Ötlinger in diesem Zusammenhang trösten: Die Chancen stehen gut, dass es in Ötlingen längst eine neue Halle gibt, bevor man in Gelsenkirchen auch nur ansatzweise in die Nähe eines Meistertitels kommt.ANDREAS VOLZ