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Geologen klopfen Risiko ab

Fachbüro nimmt Burgruine Wielandstein unter die Lupe – Ende April liegt voraussichtlich Gutachten vor

So mancher Wanderer wird langsam ungeduldig. Noch immer sind nach dem spektakulären Felssturz vom Januar die Wege unterhalb des Wielandsteins bei Oberlenningen gesperrt. Diese Woche hat ein Ingenieur den Felsen und insbesondere die ihn durchziehenden Klüfte vermessen.

Gut gesichert vermisst Achilles Häring Felsbrocken sowie Klüfte am Wielandstein und gibt die Daten an seine Kollegin Stefanie Sa
Gut gesichert vermisst Achilles Häring Felsbrocken sowie Klüfte am Wielandstein und gibt die Daten an seine Kollegin Stefanie Saalbach weiter. Damit wird ein Gutachten für das weitere Vorgehen nach dem Felssturz vom Januar erstellt.Foto: Dieter Ruoff

Lenningen. Kraxeln an dem einstigen Klettereldorado? Das ist derzeit, wie der Besuch der Ruine, strikt untersagt. Doch um abzuklopfen, was künftig doch noch möglich sein könnte, hat sich Achilles Häring in die Senkrechte begeben. „Kluft durch die ganze Felsnase“, diktiert der Bauingenieur der Geologin Stefanie Saalbach. Wieder drückt sie auf den Auslöser ihrer Kamera, um die Spalte auch bildlich zu dokumentieren. Mit dem Meterstab vermisst Häring Steinblöcke und Klüfte. Sein Geologenkompass zeigt an, wie sie verlaufen. „Die gehen hier in alle Richtungen. Das ist typisch für Massenkalk“, erklärt der Experte. Seine Erkenntnisse werden sich in einem Gutachten niederschlagen, das die Gemeinde zur Sicherung des Wielandsteins in Auftrag gegeben hat.

Akribisch nimmt Häring die Oberlenningen zugewandte Seite unter die Lupe, da darunter Pfade wie das Wielandsteinwegle verlaufen. Auf der Nordseite, wo im Januar rund 400 Kubikmeter Fels Richtung Tobeltal gedonnert waren, hat der Ingenieur eine ganz große Felsspalte ausgemacht. „Die ist schon länger offen und wird immer größer. Das Bild erinnert an den Abbruch.“ Dass das Büro für die riesige, seit Januar offene Wunde keine Vorschläge zur Sicherung unterbreiten wird, ist auch für Ronald Nordmann, Sprecher des Arbeitskreises Klettern und Naturschutz (AKN) Lenninger Tal, klar. „Dort kann man nicht mehr klettern. Das ist viel zu gefährlich“, sagt er, während er Achilles Häring, der den Fels gerade vom Innenhof der Ruine aus begutachtet, mit einem Seil sichert. Gehe es darum, den Felsen nur für Kletterer offenzuhalten, sei der Aufwand kleiner, erklärt der Ingenieur. „Die laufen ja nicht ungeschützt herum.“ Wolle man Wanderer wieder in die Ruine hineinlassen, müsse man mehr tun. Möglich wäre beispielsweise, Netze über die Felsen zu spannen.

„Hier innen ist bei dem Felssturz nichts passiert“, so der Ingenieur. Er macht jedoch „kleine Risiken“ aus. Hie und da hängt aufgelockertes Gestein in den Ritzen. Ein großer, an einen Hinkelstein erinnernder Brocken, beweist, dass auch in der Ruine ab und zu größere Kaliber zu Boden poltern. „Es gibt hier Sachen, die nicht schön aussehen“, sagt Häring. Entdeckt hat er unter anderem rund zehn Kubikmeter große Blöcke, die auf Gesteinsbrücken lagern. „Das Problem ist, dass man nicht weiß, wie groß diese Brücken sind.“ Sagt‘s und steigt aus seinem Klettergurt. In den nächsten Wochen ist Arbeit am Schreibtisch ohne Begleitmusik von hämmernden Spechten angesagt. Dann geht es an die Berechnungen zur Standsicherheit. Häring nimmt an, dass das Gutachten Ende April vorliegt.

„Wir wollen wissen, wie die Gesamtsituation des Felsens aussieht. Uns geht es um die Ruine“, betont Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht auf Nachfrage. Mit „Handauflegen“ sei es am Wielandstein nicht getan, weshalb die Gemeinde auf die Esslinger Ingenieurgesellschaft Dr. Spang setze. Ein Büro, das kletternde Fachleute wie Achilles Häring in seinen Reihen hat.

Für Schlecht und den Lenninger Gemeinderat genießt die Verkehrssicherheit um den Wielandstein höchste Priorität. Deshalb bleiben die ihn umgebenden Wege weiterhin zu. Von dem Gutachten erwartet sich die Gemeinde Vorschläge, die zeigen, wie es bei dem Lenninger Wahrzeichen weitergehen könnte. „Das Ergebnis ist offen“, betont der Bürgermeister. „Es geht nicht in die eine oder die andere Richtung.“ Die Steine gehörten schon immer zu Oberlenningen, und an dem Felsen sei seit jeher geklettert worden. Den Verwaltungschef treibt jedoch die Sorge um, dass die Sicherung des Felsens richtig teuer wird. Was genehmigt wird, entscheidet der Gemeinderat, wenn das Gutachten auf dem Tisch liegt.