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Grünes Licht für ÖPNV-Pakt

Kreistag begrüßt Einigung nach langem Kompetenzgerangel – Finanzierung unter Vorbehalt

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in der Region Stuttgart soll attraktiver werden. Im Gespräch sind beispielsweise Expressbusse von Kirchheim zum Flughafen beziehungsweise nach Göppingen. Der in zähen Diskussionen ausgehandelte ÖPNV-Pakt 2025 passierte nun ohne Gegenstimme den Esslinger Kreistag.

Die S-Bahn soll das Rückgrat des ÖPNV in der Region bleiben.Foto: Jean-Luc Jacques
Die S-Bahn wird aufgepäppelt, mit neuen Zügen und neuer Steuerungstechnik. Foto: Jean-Luc Jacques

Kreis Esslingen. „Ohne Moos nix los.“ So salopp fasste Landrat Heinz Eininger den Finanzierungsvorbehalt des ambitionierten ÖPNV-Ausbaus zusammen. Überschrieben ist die Erklärung mit dem sperrigen Namen „Nachhaltig mobil: Für einen zukunftsorientierten ÖPNV in der Region Stuttgart.“ Moderiert von Landesverkehrsminister Winfried Hermann, hatten das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart (VRS), die Landeshauptstadt Stuttgart und die vier Umlandkreise das Papier unterzeichnet. Nach der Zustimmung der Regionalversammlung erteilte erwartungsgemäß auch der Esslinger Kreistag dem ÖPNV-Pakt grünes Licht.

Heinz Eininger nannte die gemeinsame Erklärung einen guten Kompromiss, der allen Beteiligten viel abverlange. Positiv für die Landkreise ist unter anderem, dass sie weiterhin für Busse sowie Stadt- und Nebenbahnen zuständig sind. „Wir nehmen aber auch Platz am Tisch, wenn es um die Verteilung der Einnahmen im VVS geht.“

Das Papier regelt darüber hinaus, dass der VRS für den S-Bahn-Verkehr verantwortlich bleibt. Er koordiniert künftig zudem das regionale Verkehrsmanagement. Dazu gehören der Bau und Betrieb von Park-and-Ride-Anlagen. Ebenfalls unter seiner Ägide sollen Expressbuslinien eingerichtet werden. „Die Umsetzung belastet die Landkreise finanziell noch nicht bezifferbar“, verdeutlichte Eininger. Gefordert sein werden die Landkreise insbesondere, um einheitliche Standards für die S-Bahn-Zubringer zu gewährleisten. Das Papier sei eine tragfähige Lösung, mit der man die nächsten Jahre angehen könne, so der Landrat. „Damit müssen wir uns nicht mehr in Zuständigkeitsfragen ergehen, sondern kümmern uns um den Fortschritt des ÖPNV.“ Weitere Gesprächsrunden stehen schon fest. Wie Eininger betonte, werde bereits an der Umsetzung gearbeitet. „Das nutzt den Fahrgästen. Dazu sind wir da.“

Der ÖPNV brauche mehr Mitei­nander der Träger und vor allem mehr Geld von Bund und Land, meinte der Fraktionschef der Freien Wähler im Kreistag, Alfred Bachofer. „Bei den kreisübergreifenden Expressbussen redet man von über fünf Millionen Euro.“ Damit diese Busse nicht im Stau stecken bleiben, braucht es seiner Ansicht nach punktuell eigene Busspuren und geänderte Kreuzungen. Metropol-Express-Züge, die den Stuttgarter Kessel queren und als zweites Nahverkehrssystem die S-Bahn ergänzen sollen, sind für die Freien Wähler eins der Hauptargumente für Stuttgart 21. Den Wert des Bauprojekts für den Regionalverkehr habe nun endlich auch Verkehrsminister Hermann erkannt.

Gerhard Schneider erwartete als Sprecher der CDU-Fraktion, dass mit der gemeinsamen Erklärung der Kompetenzstreit der Vergangenheit angehört. „Die Nutzer wollen einen pünktlichen und bezahlbaren ÖPNV aus einem Guss“, betonte Schneider. Angesichts der Ausgaben für ÖPNV und Schülerbeförderung in Höhe von 30 Millionen Euro sowie der Vermögensumlage an den VRS aus der Kreiskasse hielt er es für legitim, bei der Finanzverteilung mitreden zu dürfen. Ziele des ÖPNV-Paktes, wie ein Plus von 20 Prozent bei den Nutzern in den nächsten zehn Jahren, bezeichnete der CDU-Kreisrat als ambitioniert. Bei der Anbindung der nächtlichen S-Bahnen seien auch die Städte und Gemeinden gefordert.

SPD-Kreisrat Bertram Schiebel signalisierte wie alle übrigen Redner Zustimmung zu dem Papier. Im ÖPNV steckten neben kommunalen Geldern enorme Fördermittel von Bund und Land. Sie müssten nun effektiver genutzt werden. „Mehr Fahrgäste mit einem verbesserten Kosten-Nutzen-Verhältnis“, so lautete Schiebels Slogan.

Als größten Erfolg der Verhandlungen zwischen Region und Landkreisen wertete Walburga Duong (Grüne), dass nun eine vernetzte, über Kreis- und Stadtgrenzen hinausgehende ÖPNV-Planung möglich sei. Dringend überarbeitet werden müsse aus Sicht der Grünen das Nachtbuskonzept des Kreises. Sie wollen zudem geklärt haben, was als ländlicher Raum gelte. Denn nur dort sei ein Anruf-Sammel-Taxi zu rechtfertigen.

Auch FDP-Fraktionschef Ulrich Fehrlen begrüßte die Erklärung und sah die Interessen des Landkreises weitgehend gewahrt. „Es darf aber keine Blankoschecks für unrentable Buslinien geben.“

Skeptisch sah Ulrich Deuschle, Vorsitzender der Republikaner, die Fahrten von Nachtschwärmern aus Steuergeldern zu finanzieren. Peter Rauscher (Linke) stellte den Nutzen von Expressbussen infrage: „Worin liegt der Mehrwert, wenn zusätzliche Busse beispielsweise zwischen Kirchheim und dem Flughafen mit im täglichen Stau stehen?“ Wie seine Vorredner stimmte jedoch auch er dem ÖPNV-Pakt zu.