Lokales

Harte Fronten weichen sich auf

Der Arbeitskreis Klettern und Naturschutz Lenninger Alb informierte über den Natursport

Den gestrigen Tag des Kletterns in Baden-Württemberg nutzte der Arbeitskreis Klettern und Naturschutz (AKN) Lenninger Alb, um mit Vertretern von Naturschutzbehörden und Verbänden ins Gespräch zu kommen. Und nicht nur das: Wer wollte, konnte sich selbst am Fels versuchen.

Klettertag Ba.-Wü. Arbeitskreise Klettern + Naturschutz stellen ihr Arbeitsgebiet und ihre Tätigkeiten vor Klettern am Wielandst
Klettertag Ba.-Wü. Arbeitskreise Klettern + Naturschutz stellen ihr Arbeitsgebiet und ihre Tätigkeiten vor Klettern am Wielandstein

Anke Kirsammer

Lenningen. „Klettern ist eine der komplettesten Sportarten überhaupt“, meinte AKN-Sprecher Ronald Nordmann auf die Frage, was denn die Faszination des Kletterns in der Natur für ihn ausmacht. Neben Koordination und Muskelkraft sei der Kopf bei schwierigen Routen enorm gefordert. Einen trotz Hürden gangbaren Weg zu finden, ist indes auch das Ziel der Kooperation von Naturschutz und im AKN zusammengeschlossenen Kletterern.

Dass die in den 80er und 90er Jahren verhärteten Fronten längst aufgeweicht sind, zeigte sich an der Teilnehmerliste des Klettertags. Der Einladung gefolgt waren unter anderem Vertreter des Naturschutzzentrums Schopflocher Alb, der Unteren Naturschutzbehörde, der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz (AGW), der Biosphärengebiets-Verwaltung, der Interessengemeinschaft Klettern Schwäbische Alb und der Bergwacht Lenninger Tal. Unisono wurde begrüßt, dass sich Kletterer und diejenigen, die sich dem Naturschutz verschrieben haben, in den vergangenen zehn Jahren aufeinander zubewegt haben. „Wir helfen beispielsweise beim Beringen von Wanderfalken und Kolkraben“, sagte Felix Gollob, stellvertretender AKN-Sprecher. Auch mit dem Meiden von Felsköpfen und anderen von seltenen Pflanzen bewachsenen Felszonen leisteten die Sportler einen Beitrag.

„Klettern macht Spaß und ist gesund“, betonte Nordmann. Es erlebe derzeit einen regelrechten Boom. Zum Beweis nannte er Zahlen: „Die beiden großen Alpenvereinssektionen in Stuttgart haben fast 50 000 Mitglieder.“ In Deutschland gebe es Schätzungen zufolge gut 400 000 Kletterer. Die Natur unmittelbar zu erleben, sei insbesondere in der Kinder- und Jugendarbeit ein wertvoller Aspekt. Gerade die wohnortnahen Klettergebiete böten dazu unersetzbare Möglichkeiten. Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg elf Arbeitskreise Klettern und Naturschutz. „Sie sorgen vom Schwarzwald über die Schwäbische Alb bis zum Odenwald dafür, dass das Klettern am Fels möglichst naturverträglich und sicher gestaltet wird“, erklärte der AKN-Sprecher. Auf der Lenninger Alb wird an 17 Felsgruppen geklettert. Instand gehalten werden fast 800 Kletterrouten mit rund 4 000 Haken zur Sicherung.

Nordmann blickte auch über den Tellerrand hinaus: So sei in Italien der Klettersport in manchen Regionen ein nicht mehr wegzudenkender Wirtschaftsfaktor. In Österreich gebe es ein sogenanntes „Climbers Paradise“, und im nördlichen Frankenjura hätten Tourismusverbände das Klettern als Imageträger erkannt.

Für die Kletterreviere der Schwäbischen Alb würden sich die Sportler das „Pfälzer Modell“ wünschen, bei dem Felsen für Kletterer geöffnet werden, wenn beispielsweise die Brutzeit von Vögeln vorbei ist. Entsprechend begrüßte Gollob, dass der „Gelbe Felsen“ unweit der Burg Teck in einen Pilotversuch aufgenommen wurde, der eine flexible Regelung vorsieht. „Dazu ist ein Schulterschluss von AKN und privaten Naturschutzverbänden notwendig“, sagte Gollob. An anderen Felsen herrschen nach wie vor starre Regelungen, so beispielswiese bei den Tobelfelsen, wo genau festgelegt ist, welche zum Teil als Kletterfelsen freigegeben sind und an welchen das Klettern tabu ist.

Bevor sich auch Ungeübte am Wielandstein oberhalb des Lenninger Tals unter fachkundiger Anleitung in den Fels wagen konnten, unternahm der Kletterführer-Autor Achim Pasold einen bebilderten Streifzug durch die Geschichte des Kletterns. Er spannte einen Bogen vom ausgehenden 19. Jahrhundert, als auf der Schwäbischen Alb mit dem Klettern begonnen wurde, über die 30er und 40er Jahre, als im Gebirge immer steilere, abweisendere Wände angegangen wurden, bis zur heutigen Zeit, in der man Sport- und Genusskletterer unterscheidet. „Kletterer waren schon immer Leute, die in die Natur strebten“, so Pasold. „Dass sie dort nicht machen können, was sie wollen, haben sie längst eingesehen.“ Wie die übrigen Teilnehmer zeigte er sich erfreut darüber, dass sich Naturschützer und Sportler nicht mehr beharken, sondern jetzt gemeinsam nach Lösungen suchen.

Klettertag Ba.-Wü. Arbeitskreise Klettern + Naturschutz stellen ihr Arbeitsgebiet und ihre Tätigkeiten vor Klettern am Wielandst
Klettertag Ba.-Wü. Arbeitskreise Klettern + Naturschutz stellen ihr Arbeitsgebiet und ihre Tätigkeiten vor Klettern am Wielandstein