Lokales

Holpriger Start ins neue Schuljahr

Neuvergabe der Fahrten zur Rohräckerschule sorgt für Unruhe bei Transportunternehmen und Eltern

Das Landratsamt hat für das laufende Schuljahr 2014/15 die Schülerbeförderung zur Esslinger Rohräckerschule neu vergeben. Aktuell gibt es allerdings nur eine Interimslösung für ein Schuljahr. Klagen bisheriger Transportunternehmen, die zum Teil nicht mehr beauftragt wurden, hatten zu erheblichen Verzögerungen geführt. Die Folge war ein recht holpriger Start ins neue Schuljahr – besonders für die Eltern und Kinder des Schulzentrums auf dem Zollberg.

Ein Kommen und Gehen: Die Schülerbeförderung zur Rohräckerschule und wieder zurück läuft derzeit nicht so rund, wie sich die Elt
Ein Kommen und Gehen: Die Schülerbeförderung zur Rohräckerschule und wieder zurück läuft derzeit nicht so rund, wie sich die Eltern das wünschen. Foto: Bulgrin

Esslingen. Ursula Hofmanns Tochter Anne ist zwölf Jahre alt und schwerbehindert – ebenso wie die elfjährige Tochter Vanessa der Familie Häcker. Bis Freitagnachmittag vor dem Schulstart am 15. September wussten beide Familien nicht, dass die Kinder künftig nicht mehr wie bislang von den Johannitern gefahren werden, sondern vom neu beauftragten Mannheimer Unternehmen Köhler-Transfer. Mehrere Telefonate mit den Johannitern, der Schule und schließlich dem Mannheimer Unternehmen selbst brachten dann Gewissheit.

Erst am Wochenende vor dem Schulbeginn trafen die Familien erstmals die neuen Fahrer. Viel zu kurzfristig, so ihre Kritik. Detaillierte Infos zu den Kindern – wie speziell benötigte Sitze oder die Notwendigkeit einer Begleitperson – seien nicht vermerkt gewesen. Zudem seien die Abholzeiten sehr eng getaktet gewesen, sodass ein rechtzeitiges Eintreffen an der Schule praktisch unmöglich war, berichten Hofmann und Häcker.

Während sich das mittlerweile besser eingespielt habe, habe es aber innerhalb der kurzen Zeitspanne bis heute bereits Wechsel bei den Begleitpersonen gegeben: „Für die Kinder ist es aber ungemein wichtig, dass sie feste Bezugspersonen haben“, betont Ursula Hofmann. Ein weiteres Manko: „Unsere Fahrerin hat erst am Freitag vor Schulbeginn ihren Vertrag unterschrieben. Da fragt man sich auch, wie Zeit für eine normal übliche Schulung geblieben sein soll.“ Bei Familie Häcker fehlte am ersten Schultag die Sitzerhöhung und eine Begleitperson im Bus: „Vanessa hat Epilepsie, kann sich nicht kon­trolliert äußern und ist auf einem Auge blind. Schon für die Sicherheit ist es in solchen Fällen unbedingt nötig, dass eine Begleitperson im Bus mitfährt. Hier werden Menschen und keine Getränkekisten transportiert“, kritisiert Sandra Häcker.

Aktuell seien die Touren im Rahmen der einjährigen Interimslösung bis zum neuen Schuljahr neben der Mannheimer Firma Köhler an das DRK Esslingen, die Johanniter Esslingen sowie das Göppinger Unternehmen Trick-Reisen vergeben, so Peter Keck, Sprecher des Esslinger Landratsamts. Mit gut vier Wochen Vorlauf habe man die Details zu den künftigen Touren erfahren, berichtet Oliver Cosalter, Dienststellenleiter der Johanniter in Esslingen. „Sechs Wochen wären natürlich organisatorisch etwas entspannter gewesen.“ Schon allein aufgrund der Urlaubszeit habe man so manche Eltern nicht rechtzeitig erreicht. Die Schulung für neue Fahrer brauche ebenfalls einen Vorlauf: „Dazu zählen ein zweitägiger Erste-Hilfe-Kurs, die technischen Gegebenheiten der Fahrzeuge müssen erläutert werden, ebenso wie der Umgang mit den Kindern.“ Zudem hospitieren neue Mitarbeiter bei den Johannitern zunächst bei erfahrenen Fahrern. Ein Vertrauensverhältnis zwischen den Kindern und den jeweiligen Mitarbeitern sei wichtig: „Einen ständigen Wechsel sollte es daher möglichst nicht geben.“

Dem DRK Nürtingen-Kirchheim bleibt derzeit nur noch eine von vormals zwölf Touren zur Rohräckerschule. Kreisgeschäftsführer Klaus Rau kritisiert, dass bei der Neuvergabe „weiche Faktoren“ wie etwa die langjährigen Bezugspersonen nicht zählten. Man warte nun die neue Hauptvergabe für die nächsten vier Jahre ab dem Schuljahr 2015/16 ab. Die entsprechenden Angebote habe man beim Landratsamt eingereicht. „Wenn wir dauerhaft weniger Touren bekommen, wirkt sich das natürlich auch personell aus.“

Landratsamtssprecher Keck erklärt, die europaweite Ausschreibung sei bereits im Dezember 2013 erfolgt, bis Januar habe die ursprüngliche Angebotsfrist gedauert, aufgrund „mehrerer Hundert Rügen seitens der Transportunternehmen wurde diese bis Februar verlängert“. Im März hätten die Vergabe und die Information der nicht berücksichtigten Unternehmen eigentlich stattfinden sollen. Keck: „Unterm Strich musste die Ausschreibung dann im August aufgehoben werden, es fand stattdessen eine Direktvergabe an das Mannheimer Unternehmen Köhler im Rahmen einer Interimslösung statt. Das war am 13. August. Die Mannheimer sind in Esslingen erstmals dabei. Dadurch, dass die Transportunternehmen sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft haben, kam es zu einer erheblichen Verzögerung bei der Vergabe.“

Dem Landratsamt seien die Probleme der ersten beiden Schulwochen bekannt. Schon in der ersten Woche habe es daher eine Besprechung zwischen der Firma Köhler, der Kreisbehörde und der Schulleitung gegeben. Keck: „Wir wissen, dass beispielsweise die Tourenzeiten auch in der zweiten Woche noch problematisch waren. Sollte die Organisation weiterhin nicht funktionieren, wird das juristische Konsequenzen haben. Wir hoffen aber, dass sich alles einspielt.“

Zum Thema „weiche Vergabefaktoren“ betont Keck: „Es gibt konkrete Vorschriften. Dabei sind Qualitätsstandards genau definiert. Dazu zählt nicht, dass ein Unternehmen schon lange fährt oder ob die Fahrer aus der Region stammen.“ Aktuell plane man, die nächste Hauptvergabe ab dem Schuljahr 2015/16 im Oktober abzuschließen.