Lokales

Loblied in Dur mit leichten Dissonanzen

Alleenstrasse bei HaugAmpelÜbergang Marktstraße in die Dettinger StraßeAlleenring
Alleenstrasse bei HaugAmpelÜbergang Marktstraße in die Dettinger StraßeAlleenring

Kirchheim. Beim Probelauf klang‘s noch ganz anders, doch mittlerweile hat sich der Übergang über den Alleenring am Alten Haus voll und

Irene Strifler

ganz etabliert: Im Technikausschuss des Kirchheimer Gemeinderats wurde lautstark ein Loblied auf die Kreuzungslösung gesungen.

Die Tonart hatte die Verwaltung vorgegeben: Eine umfangreiche Pro- und Kontra-Liste mit starkem Schwerpunkt bei Pro fasste die Bilanz des sechsmonatigen Probebetriebs zusammen. Zum Auftakt das Wichtigste: keinerlei Unfälle. Gegenseitige Rücksichtnahme funktioniere gut, Fußgänger könnten zügig queren, auch der motorisierte Verkehr fließe flüssiger. Die Verkehrskommission ist zufrieden. Wichtig für die Einkaufsstadt Kirchheim: Der Geschäftsbereich in der Dettinger Straße ist gefühlt näher an die Innenstadt herangerückt, was die Geschäftsleute zu schätzen wissen.

Mit Variationen stimmten Sprecher verschiedener Fraktionen in das allgemeine Loblied ein: „Die Stadt profitiert“, setzte Grünen-Fraktionsvorsitzende Sabine Bur am Orde-Käß an. Dem stimmte sogleich Hans Kiefer von der CIK zu, der wie die meisten als einziges Problem die Fahrradfahrer benannte. „Ich bin froh, dass wir den Mut zu diesem Versuch hatten“, meinte Mathias Waggershauser aus den Reihen der CDU. SPD-Mann Hans Gregor sah im Überweg einen gelungenen Schritt zu einer erweiterten Fußgängerzone in der Dettinger Straße. Von einem „Fortschritt“ sprach Eva Frohnmeyer-Carey von der Frauenliste.

Leichte Dissonanzen brachte CDU-Mann Dietmar Hoyler ins Spiel. Er warnte, der Gewöhnungseffekt für Autofahrer sei erkennbar

„Wir können keinen Radfahrer zum Absteigen zwingen“

noch nicht abgeschlossen. Hagen Zweifel, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, räumte dennoch ein: „Das Ganze funktioniert besser als von uns befürchtet.“

Dass das Miteinander von Pkws und Fußgängern überwiegend gut klappt, wird jedem klar, der die Kreuzung eine Weile beobachtet. Als Rowdys werden aber oft Radler wahrgenommen. Sie überqueren den Überweg meist fahrend, mitunter in atemberaubendem Tempo.

Grundsätzlich sind die Pedaleure nicht im Unrecht. Ordnungsamtschef Marcus Deger schuf Klarheit: Ein Radler dürfe den Weg radelnd überqueren, genieße dann aber nicht das Vorrecht der Fußgänger, sondern mache dies auf eigenes Risiko. Einem Fußgänger rechtlich gleichgestellt ist er, wenn er sich rollend mit einem Fuß am Boden dem Überweg nähert. „Wir können niemanden zum Absteigen zwingen“, so das Resümee des Fachmanns in Sachen Recht und Ordnung.

Wer den Führerschein vor geraumer Zeit erworben hat, für den dürfte dies neu sein. Einen „Erziehungseffekt“ bei Autofahrern hat aber schon Mathias Waggershauser bemerkt, der wie die meisten Verkehrsteilnehmer zwar die „Pappe“ in der Tasche hat, aber gern per Drahtesel in Kirchheim unterwegs ist. „Der Radverkehr wird heute grundsätzlich eher dem fließenden Verkehr zugeordnet“, machte Günter Riemer klar, dass längst nicht mehr Radler und Fußgänger sprichwörtlich im gleichen Boot sitzen. Als wichtigsten Maßstab nannte der Bürgermeister den toleranten Umgang aller Verkehrsteilnehmer miteinander.

Der scheint sich am Alleenring durchzusetzen, im Verkehr wie auch in der Diskussion darüber. Auch Bettina Schmauder vom BDS und Jochen Nägele vom City Ring berichteten von einer überwiegend positiven Einschätzung des Provisoriums durch ihre Mitglieder. Für Verdruss

„Was ist eigentlich ein Stau?“

sorgten nur samstägliche Rückstaus bis zum Kronekreisel. Bürgermeister Riemer nahm das Problem auf der 150 Meter langen Strecke von der philosophischen Seite: „Was ist eigentlich ein Stau?“ Gleichzeitig stellte er in Aussicht, dass sich die Zufahrt in die Stadt deutlich verbessern werde, sobald die gesperrte Hahnweidstraße wieder offen sei.

Mit zwei Enthaltungen der FDP/KiBü fiel der Beschluss einstimmig, den Überweg wie bisher weiterzubetreiben. Langfristig soll der ganze Platz zwischen Rossmarkt und Altem Haus neu gestaltet werden.