Lokales

Mit Bussen, Kuchen und Humor durch ein Jahrhundert

Emma Fischer, Seniorchefin der gleichnamigen Weilheimer Omnibusfirma, feiert morgen ihren 100. Geburtstag

In den Dreißigerjahren baute sie zusammen mit ihrem Mann das Unternehmen Fischer Omnisbusreisen in Weilheim auf. Nach dessen Tod führte sie die Firma alleine weiter, zog ihre Kinder groß, backte Kuchen für Familie und Kunden. Den Mut und ihre gute Laune hat Emma Fischer dabei nie verloren. Am morgigen Sonntag wird die Fischer-Seniorchefin 100 Jahre alt.

Emma Fischer, Seniorchefin von Omnibus Fischer in Weilheim wird am 21.9. 100 Jahre alt, Forststraße 22 in Weilheim
Emma Fischer, Seniorchefin von Omnibus Fischer in Weilheim wird am 21.9. 100 Jahre alt, Forststraße 22 in Weilheim

Weilheim. Ein Bein stellt Emma Fischer auf ihre Küchenbank. Dann lehnt sie sich mit dem Rücken gegen die Arbeitsplatte, drückt sich in den Stütz – und schwups, ist sie oben. „Hier sitze ich oft, weil ich da viel besser nach draußen auf die Straße sehen kann“, sagt Emma Fischer und lacht. Gleich darauf demons­triert sie, wie sie mit einem kleinen Sprung wieder nach unten kommt. Ungläubige Blicke von Besuchern kommentiert sie ganz schlicht mit der Aussage: „Ich war ja schließlich im Turnverein.“ So hat Emma Fischer vor Kurzem auch eine Urkunde des TSV Weilheim bekommen – eine Auszeichnung für ihre langjährige Mitgliedschaft und die Ernennung zum Ehrenmitglied.

Auch sonst steht Emma Fischer noch mit beiden Beinen im Leben. Sie wohnt in ihrer eigenen Wohnung, bereitet sich selbst ihr Frühstück zu und macht das Bett. „Ich stehe morgens immer um 6 Uhr auf und hole den Teckboten rein“, erzählt sie. Hin und wieder werkelt sie auch noch ein bisschen im Garten.

Wenn ihre Kinder und Enkel zu Besuch sind, erkundigt sich Emma Fischer stets, wie es im Geschäft läuft. „Sie kennt noch immer alle Busfahrer“, verrät Sybille Bauer, die die Firma zusammen mit ihrem Bruder Karl-Hans in dritter Generation leitet. „Auf das Unternehmen bin ich schon stolz“, sagt Emma Fischer. Schließlich ist aus dem einstigen Zweimannbetrieb ein modernes mittelständisches Unternehmen geworden.

Am allerschönsten ist es für Emma Fischer aber, wenn Urenkel Luca zu Besuch kommt. „Er ist mein Ein und Alles“, sagt sie und erzählt, wie sie den jüngsten Spross der Familie vor knapp zehn Jahren noch regelmäßig im Kinderwagen spazieren fuhr. Ohnehin: Kinder mag Emma Fischer sehr gerne. Eine große Freude war es für sie, als in der Nachbarschaft neue Häuser gebaut wurden und junge Familien einzogen. „Ich habe so nette Nachbarn“, schwärmt die Jubilarin. Zu Ostern und Nikolaus hält sie für den Nachwuchs dort auch stets gefüllte Nester und Stiefel bereit.

Aufgewachsen ist Emma Fischer geborene Bauer als jüngstes von vier Kindern in einer Weilheimer Bäckersfamilie, die nebenher eine Landwirtschaft betrieb. Schon früh packte sie mit an. „Als junges Mädchen habe ich immer die Wiesen gemäht“, erinnert sie sich. Auch half sie in der Bäckerei und dem Laden mit. Die Liebe zur Backkunst ist geblieben. „Noch bis vor wenigen Jahren habe ich jeden Samstag Kuchen gebacken.“ Mit den Leckereien versorgte sie die ganze Familie, aber auch Kunden und Nachbarn. „Ich war berühmt für meinen Hefekranz“, berichtet sie stolz.

In der Bäckerei ihres Vaters lernte Emma Fischer auch ihren späteren Mann Karl kennen, einen Hepsisauer. „Er kam immer abends nach der Arbeit vorbei und hat mir von seinem Tag erzählt, während ich strickte.“

Im Jahr 1937 gründete sie zusammen mit ihm die Firma Fischer Omnibusreisen in Weilheim. „Ich habe viel gearbeitet“, beschreibt sie die kommenden Jahre. Emma Fischer kümmerte sich um die Kinder und das Haus, arbeitete im Büro mit und putzte nachts die Omnibusse. „Da mussten auch die Mädels mithelfen.“ Als der Zweite Weltkrieg kam und Karl Fischer eingezogen wurde, schlug sie sich jahrelang alleine durch.

Aber es sollte sie noch härter treffen. 1954 starb Karl Fischer nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 43 Jahren. „Wir hatten gerade mal zehn Monate in unserem neuen Haus gewohnt“, erinnert sich Emma Fischer zurück. Schrecklich sei die Zeit nach dem Tod ihres Mannes gewesen. Fünf Jahre führte sie das Unternehmen alleine – bis ihre ältere Tochter Helga heiratete und Schwiegersohn Ernst Fischer, dessen Eltern eine Spedition in Weilheim betrieben und der zufällig den gleichen Nachnamen trug, in die Firma einstieg.

Bis dahin umschiffte Emma Fischer so einige Klippen. Aktiv wurde sie zum Beispiel, als die Bahnstrecke von Weilheim nach Kirchheim kam und die Buskonzession der Bahn zufiel. Damals fuhr Emma Fischer zusammen mit dem Weilheimer Bürgermeister Georg Kandenwein nach Stuttgart und machte sich dafür stark, dass ihr Unternehmen die Linie weiter fahren durfte – mit Erfolg.

„In meinem Leben hat es viel Blitz und Donner gegeben“, resümiert Emma Fischer. Den Mut hat sie trotzdem nie verloren: „Nach jedem Regen scheint auch wieder die Sonne, daran glaube ich ganz fest“, sagt sie. „Und im Alter ist es mir wieder gut gegangen.“

Die positive Ausstrahlung und den Humor der Fischer-Seniorchefin schätzen viele Menschen in ihrem Umfeld. Auch Tochter Helga Fischer und Enkelin Sybille Bauer. Letztere erinnert sich zum Beispiel noch an Busausflüge, an denen sie als Kind zusammen mit ihrer Großmutter teilgenommen hat. Emma Fischer sorgte stets für gute Laune unter den Mitreisenden. „Wenn sie dabei war, war es immer lustig.“ Lustig ging es auch bei den Faschingspartys zu, die Emma Fischer ausrichtete – und zwar noch im Alter von über 80 Jahren. „Zusammen mit alten Schulfreundinnen hat sie sich verkleidet und Girlanden aufgehängt“, erzählt Helga Fischer.

Apropos Feier: „Ich war ein richtiger Lausbub früher“, gesteht die rüstige Seniorin und erzählt schmunzelnd eine Anekdote aus ihrer Jugend. An ihrem 20. Geburtstag, den sie mit Freunden in Häringen bis in die frühen Morgenstunden feierte, erhielt sie wegen nächtlicher Ruhestörung einen Strafzettel über fünf Reichsmark. „Aber das war’s wert“, sagt sie lachend. Die Strafe sei übrigens die einzige in ihrem Leben geblieben.

Etwas ruhiger wird es wohl morgen beim Fest zu Emma Fischers 100. Geburtstag zugehen – wenn auch nicht allzu ruhig: 30 Gäste sind zum Essen in die Limburghalle eingeladen. Und eines darf dann abends nicht fehlen: „Ein Rotweinschorle“, sagt Emma Fischer und lacht.