Lokales

Nur genial sein, genügt nicht

Selbst gegründet und ständig auf Trab: Kirchheimer Netzwerk begleitet seit einem Jahr Frauen in die Selbstständigkeit

Das Kirchheimer Gründerinnennetzwerk „selbst und ständig“ in der Kirchheimer Linde gibt es seit einem Jahr. Es unterstützt Frauen, die sich selbstständig machen wollen. Auch wenn ­viele zukünftige Unternehmerinnen nur so vor Geschäftsideen sprudeln, kommen die meisten an ihre Grenzen, wenn es da­rum geht, den Businessplan zu erstellen und die zahlreichen Hürden den Bürokratie zu überwinden.

Diane König tanzt mit ihren „Schützlingen“. In den Stunden steht nicht der sportliche Wettkampf, sondern der Spaß im Vordergrund
Diane König tanzt mit ihren „Schützlingen“. In den Stunden steht nicht der sportliche Wettkampf, sondern der Spaß im Vordergrund.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Simone Schrötter und Diane König haben die Unterstützung des Netzwerkes beide wahrgenommen – und sind jetzt seit ein paar Monaten glückliche Gründerinnen.

Es handelt sich dabei um ein Projekt nur für Gründerinnen und nicht etwa für ihre männlichen Mitstreiter. Laut Organisatorin Anja Hezinger liegt dies daran, dass man eine andere Atmosphäre und einen geschützten Raum schaffen möchte. „In gemischten Gruppen nehmen Männer erwiesenermaßen oft mehr Redezeit ein.“, sagt sie und erntet ein zustimmendes Nicken der beiden frischgebackenen Unternehmerinnen. Außerdem, so Hezinger weiter, müssten viele Frauen erst noch lernen, Netzwerke wie dieses zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen. Diese Gelegenheit gibt ihnen das Gründerinnennetzwerk.

Simone Schrötter hat sich im Februar als Webdesignerin selbstständig gemacht. Zuvor lebte sie dreieinhalb Jahre in Shanghai und absolvierte ein Fernstudium in „Webdesign“ und Multimedia. Mitgerissen von der dort herrschenden Aufbruchsstimmung, wollte sie eigentlich sofort mit ihrem eigenen Unternehmen loslegen. Doch der anfängliche Gründungswille wich bald der nüchternen Erkenntnis, dass es bis zur Erfüllung ihres Traumes noch ein langer Weg sein würde.

Der Businessplan für ihr Unternehmen „Molihua Design“ war erst eine große und zeitaufwendige He­rausforderung, stellte sich aber im Nachhinein als sehr nützlich dar. Dadurch sei man gezwungen, am Anfang einmal alles genau zu überdenken: Funktioniert die Idee, oder nicht? Was sind die Alleinstellungsmerkmale meiner Firma? Wie viel Geld werde ich in den nächsten Jahren einnehmen? Wie viel davon brauche ich, um die Kosten zu decken? „Die Kosten“, sagt Simone Schrötter, „werden sehr oft unterschätzt.“ Sie hat sich ihr Büro zu Hause eingerichtet, wo sie schon den einen oder anderen Auftrag entgegennahm. Für sie hat das Gründerinnennetzwerk noch einen weiteren, erfreulichen Effekt: einige der Frauen haben im Zuge ihrer Firmengründung Bedarf an der Vermarktung im Netz, sie die Lösungen.

Als Tanzlehrerin hat sich die zweite im Bunde, Diane König, selbstständig gemacht. Mit ihrem Projekt „Diane Dance“ macht sie es sich zur Aufgabe, Kindern und Erwachsenen das Tanzen näherzubringen. In ihrem Repertoire liegen Jazz Dance, Hip-Hop und Zumba sowie kreativer Kindertanz. Vorher war sie Informatikerin und machte nun ihre seit 30  Jahren währende Leidenschaft zum Beruf. Sie hat den Absprung gewagt. „Besser als keine Entscheidung zu treffen, ist es, irgendeine Entscheidung zu treffen“, meint sie.

Frustrierend sei, dass man ständig kleine Rückschläge einzustecken habe: wenn ein Zuschuss plötzlich wegfällt oder mal eine Unterrichtsstunde nicht so läuft, wie sie soll. In der Anfangsphase verbringe man oft mehr Zeit mit der Organisation des ganzen Projektes, als mit dem Projekt selbst. Selbstständig sein auf Teilzeit scheint ziemlich utopisch.

Diane König wird letztlich für den Mut belohnt, ihr eigenes Ding durchzuziehen. „Dass man sich frei fühlt zu entscheiden, was man will und wohin man will, löst wirklich Glücksgefühle aus“, sagt sie. Bei den Treffen den eigenen Fortschritt zu sehen – das macht selbstbewusst. Und das sieht man auch. Die Selbstständigkeit hat Spuren hinterlassen – positive in erster Linie: Sie hat aus zwei Frauen mit ihren Ideen zwei selbstbewusste Unternehmerinnen gemacht, die Tag für Tag glücklich über ihre Arbeit sind – trotz Schwierigkeiten. Der Stolz auf das eigene Werk, da stimmen sie beide überein, sei viel größer als auf das, was man im Angestelltenverhältnis geleistet hat.

Einmal im Monat finden die Treffen des Gründerinnennetzwerkes in der Kirchheimer Linde statt. In moderierten Gesprächsgruppen widmet sich die Runde jeden Monat einem anderen Thema: Mal steht die Buchhaltung auf dem Programm, mal das Marketing oder die Fördermöglichkeiten für Selbstständige. Zu Gast sind Referenten von verschiedenen Institutionen aus der Region. Die Auswahl ist bunt, genau wie die Bereiche, in denen die Frauen zu Expertinnen werden müssen. Für die Selbstständigkeit kann man nicht bloß genial in seinem Metier sein, man muss Fachmann für alles werden. Das haben Simone Schrötter und Diane König gelernt.

Jahresabschluss

Am Donnerstag, 13. November, ab 18 Uhr findet die Jahresabschlussveranstaltung des Gründerinnennetzwerkes „selbst und ständig“ im Mehrgenerationenhaus Linde statt. Der Abend ist offen für alle inte­ressierten Frauen.