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Partnerschaft blüht neu auf

Esslinger Kreisdelegation besucht den polnischen Powiat Pruszkowski

Der Landkreis Esslingen hat seine Beziehungen zum polnischen Partnerkreis Pruszków „runderneuert“: Nachdem der Austausch für einige Jahre in einen Dornröschenschlaf verfallen war, hat der aktuelle Besuch einer Esslinger Delegation in Polen dazu beigetragen, neue freundschaftliche Bande zu knüpfen.

Die Bilder zeigen im Uhrzeigersinn: die Landräte Sipiera (links) und Eininger beim „Wimpeltausch“, ein Folklore-Gesangsquartett,
Die Bilder zeigen im Uhrzeigersinn: die Landräte Sipiera (links) und Eininger beim „Wimpeltausch“, ein Folklore-Gesangsquartett, die Warschauer Altstadt und das Wappen des Landkreises Pruszków. Fotos: Andreas Volz

Andreas Volz

Pruszków. Getragen wurde der Besuch der 20-köpfigen Gruppe aus Deutschland im Powiat Pruszkowski von zwei wichtigen Säulen: von großer Gastfreundschaft und Herzlichkeit im Umgang miteinander sowie vom Austausch über Herausforderungen im Bildungs- und Gesundheitswesen auf Landkreisebene. Das straffe Programm sah unter anderem vor, sich gegenseitig über die Strukturen der Landkreise sowie über Krankenhäuser, Berufs- und Sonderschulen zu informieren.

Der Austausch unter Jugendlichen stand ohnehin ganz am Anfang der deutsch-polnischen Partnerschaft zwischen Esslingen und Pruszków: Begonnen hatte alles 1966 mit Kontakten des Esslinger Kreisjugendrings zum Studentenverband der Technischen Universität Warschau. Inzwischen ist die Partnerschaft längst auf Landkreise übergegangen: auf den Kreis Esslingen sowie auf den Landkreis Pruszków (auf Polnisch „Powiat Pruszkowski“), der 1999 gegründet wurde. Zu diesem Kreis südwestlich von Warschau mit rund 150 000 Einwohnern gehören drei Stadt- und vier Landgemeinden. Die Lage am Rand der polnischen Hauptstadt ist ähnlich der Lage des Landkreises Esslingen am südöstlichen Rand der Landeshauptstadt Stuttgart.

Wie jede Beziehung, steht und fällt auch die Beziehung zwischen den beiden Landkreisen mit dem persönlichen Engagement der handelnden Personen. Wichtig in diesem Zusammenhang war jetzt, dass Zdzislaw Sipiera im vergangenen Herbst nach mehreren Jahren Pause erneut zum Landrat gewählt wurde. Die Gratulation zur Wahl, die der Esslinger Landrat Heinz Eininger nach Pruszków schickte, führte recht schnell dazu, dass das brachliegende Feld der Partnerschaft jetzt wieder neu und intensiv beackert wird.

Am Ende des viertägigen Besuchs zog Zdzislaw Sipiera, an die Esslinger Delegation gewandt, folgendes Fazit: „Wir haben viele wichtige Themen besprochen, und manche Ihrer Lösungen sind für uns als musterhaft anzusehen. Wir hoffen, schnell zu lernen.“ Bezogen auf unterschiedliche Standards in Baden-Württemberg und im vergleichsweise jungen EU-Land Polen, meinte Prusz­kóws Landrat: „Ich hoffe, dass wir nicht so schlecht dastehen, gemessen an dem, was Sie bei sich zuhause gewöhnt sind.“

Landrat Eininger übte sich gleichfalls in diplomatischer Bescheidenheit und hob besonders die Leistungen auf polnischer Seite hervor, die beim Thema „Inklusion“ bereits vollbracht seien: „Da können wir gegenseitig von unseren Erfahrungen profitieren, und wir in Esslingen können dabei sogar noch einiges vom Landkreis Pruszków lernen.“

Gelernt und profitiert haben ganz offensichtlich auch die polnischen Partner vom deutschen Nachbarn – vor allem was die deutsche Berufsausbildung betrifft: Im Berufsschulzentrum Pruszków konnte sich die Esslinger Kreisdelegation in einer Werkhalle für angehende Dachdecker davon überzeugen lassen, wie erfolgreich das duale System auch in Polen betrieben wird: Zumindest in der dreijährigen, stark praxisorientierten Ausbildung sind Betriebe und Schulen eng miteinander verzahnt. Dazu gibt es noch eine vierjährige technische Oberschule, die weniger praxisbezogen und ohne direkte Bindung an einen Betrieb zur beruflich ausgerichteten Hochschulreife führt.

Gerade bei den Schulen sind derzeit weitere Austauschprogramme vorgesehen: Ende April begegnen sich in Pruszków Lehrkräfte der dortigen „Jan-Twardowski-Schule für besondere erzieherische Bedürfnisse“ und der Nürtinger Bodelschwingh-Schule. Ebenfalls im April und ebenfalls aus Nürtingen reisen Schüler und Lehrer der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule nach Pruszków, weil sowohl an der deutschen als auch an der polnischen Berufsschule die Bauberufe im Mittelpunkt stehen. In den Sommerferien wiederum sollen polnische Schüler Praktika im Landkreis Esslingen absolvieren, unter anderem in einem Weilheimer Bauunternehmen.

Weitere Begegnungen, die für die Zukunft vereinbart sind, sollen auch verstärkt auf kommunaler Ebene stattfinden. Das war ein wichtiges Anliegen Zdzislaw Sipieras während des Besuchs, das sein Kollege Heinz Eininger gerne aufgriff: Auch auf unterster staatlicher Ebene könnten beide Seiten Erfahrungen austauschen und voneinander profitieren.