Lokales

Schwäbische Besonderheiten

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zu Gast auf dem Sulzburghof in Unterlenningen

Beeindruckt von den Bergen rund um den Sulzburghof zeigte sich gestern Stephan Weil, Ministerpräsident des Landes Niedersachsen. Der Sozialdemokrat unterstützt seinen Parteifreund Rainer Arnold im Wahlkampf und informierte sich gleichzeitig über die Landwirtschaft im Süden.

Auf Einladung von Rainer Arnold war Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zu Gast auf dem Sulzburghof in Unterlenningen,
Auf Einladung von Rainer Arnold war Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zu Gast auf dem Sulzburghof in Unterlenningen, wo ihm Bernhard und Michael Kuch ihren Betrieb vorstellten (von rechts nach links).Foto: Deniz Calagan

Lenningen. Der Hofhund protestierte lautstark über die Verbannung in den Kuhstall, zu gerne hätte er die Gäste mitbegrüßt. Doch bei Hausherr Bernhard Kuch wog die Sorge um saubere Anzugshosen mehr, als die Seelennöte des Berner Sennenhundes. „Wir wollen Stephan Weil eine andere Art der Landwirtschaft zeigen, als er es aus Niedersachsen gewohnt ist. Dank der unterschiedlichen Erbfolge sind die Höfe dort in der Regel wesentlich größer, teilweise richtige Agrarfabriken“, erklärte Rainer Arnold, Bundestagskandidat der SPD im Wahlkreis Kirchheim, und verschwieg die unterschiedlichen politischen Auffassungen in dieser Frage innerhalb der Fraktion nicht.

Der Gast aus Hannover gibt sich erfrischend unkompliziert und zeigt sich dem schwäbischen Dialekt aufgeschlossen. Ein Dolmetscher-Angebot seines Parteifreunds lehnt er dankend ab. So erfährt er von Seniorchef Heinz Gökeler, dass es viel Diesel braucht, um die Wiesen und Äcker auf der Alb zu erreichen. 400 Höhenmeter kommen da schnell zusammen. „Das hier ist eindeutig nicht die norddeutsche Tiefebene“, war der Ministerpräsident vom Albtrauf sichtlich beeindruckt.

Erstaunt erfuhr er von Bernhard Kuch, sich im bevölkerungsreichsten Landkreis Deutschlands zu befinden. Zudem vereint die Lenninger Gemarkung sämtliche Schutzgebiete. „Wir müssen mit den Gegebenheiten arbeiten, die wir vorfinden. Das ist zum einen die schwierige Topografie, zum andern ist aber eine gewisse Kaufkraft dank des Stuttgarter Ballungsraums vorhanden“, zeigt der Landwirt die Licht- und Schattenseiten auf. Den Hofladen mit seinem bunten Sortiment und der Selbstvermarktung von Brot, Kartoffeln, Käse, Apfelsaft und Konditor-Waren sieht er als Nische. „Wir holen das Beste aus unserm Hof raus“, ist er überzeugt. Auch wenn sein Käse nicht Gourmetqualität habe, könne er seinen Kunden die Kühe zeigen, die die Milch dafür produzieren. „Das sind keine Schwarzbunten, die sie aus Norddeutschland kennen, sondern Fleckvieh. Das ist ein Zweinutzungsrind, das zwar nicht so viel Milch gibt, dafür aber eine gute Fleischqualität liefert“, so Bernhard Kuch. Für ihn ist die Rinderzucht eine Herzenssache. „Wenn im Frühjahr das Jungvieh wieder auf die Weide darf – das ist einfach toll“, kommt er bei dieser Erinnerung regelrecht ins Schwärmen.

Weil es im Lenninger Tal wenig Ackerflächen gibt, schließe sich Schweinemast von selbst aus, verdeutlichte der Landwirt einen weiteren Unterschied zu Niedersachsen. Der wird auch deutlich, als der Weg durch den Hof an den großen Holzkisten mit Äpfeln aus Streuobstwiesen vorbeiführt. „Wir haben eine Sammelmaschine und machen unseren eigenen Apfelsaft“, nannte er eine weitere Besonderheit der Region. Von dessen Qualität konnte sich Stephan Weil selbst überzeugen, ebenso vom Sortiment des Hofladens. Dort wurde er von Angelika Kuch auf den „Lenninger Gsälzbär“ aufmerksam gemacht. „Der Schwabe sagt zu Marmelade Gsälz, und weil Lenningen sieben Ortsteile hat, besteht der Gsälzbär aus sieben verschiedenen Früchten“, erklärte die Landwirtin ihrem niedersächsischen Gast ihre hofeigene Spezialität.

Nach dem stärkenden Imbiss mit malerischer Kulisse auf dem Sulzburghof besuchten Stephan Weil und Rainer Arnold die Papierfabrik Scheufelen, und von dort ging es für den Ministerpräsidenten weiter nach Biberach. Gespräche mit Mitgliedern von Energiegenossenschaften in Baden-Württemberg standen dabei auf dem Programm.