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Spannender Blick hinter die Kulissen

Kreiskliniken Esslingen - Klinik NŸrtingen - KrankenhausOperation, OP, Patiente, Ärzte, Arzt, OperationssaalHüftgelenksoperation
Kreiskliniken Esslingen - Klinik NŸrtingen - KrankenhausOperation, OP, Patiente, Ärzte, Arzt, OperationssaalHüftgelenksoperationNeues Hüftgelenk

Nürtingen. 8.15 Uhr: Im ersten von sechs OP-Sälen des Klinikums Nürtingen herrscht einmal mehr die Farbe blau vor. Blau bedeutet 100-prozentige Sterilität. „Oberstes Gebot bei der Endoprothetik ist die Hygiene“, sagt Dr. med. Florian Bopp, Chefarzt der Unfall- und orthopädischen Chirurgie. Und die wird während der gesamten rund 45-minütigen Operation von einer OP-Schwester überwacht.

Das zu operierende Bein eines älteren Patienten, der an diesem Morgen eine neue Hüfte verpasst bekommt, wird von Dr. Bopp, Oberarzt Dr. Bernd Hagelmayer und Assistent Claudiu Henrich desinfiziert, in einen weißen Strumpf gepackt, mit blauen Tüchern abgedeckt und in die für die Operation notwendige Lagerung gebracht.

Von all der konzentrierten Geschäftigkeit bemerkt der Patient „in Blau“ natürlich nichts. Er liegt narkotisiert auf dem OP-Tisch, den Oberkörper in eine schützende Wärmedecke eingepackt. Neben dessen Kopfende überwacht die Anästhesistin unter anderem Kreislauf, Blutdruck, Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung.

Einer der Monitore an der Wand des OP-Saals zeigt ein Röntgenbild des Beckens, in das Chefarzt Dr. Bopp in Vorbereitung auf die OP die genaue Lage der Hüftprothese sowie die Beinlängendifferenz eingezeichnet hat. Geplant ist eine 60er-Pfanne und ein 14er-Schaft. „Wir arbeiten mit einem minimalinvasiven Zugang zur Hüfte“, erklärt Florian Bopp. Das bedeutet für den Chirurgen, so zu schneiden, dass die Muskulatur nicht geschädigt wird. Deshalb brachte das OP-Team den Patienten zuvor in eine spezielle Lage. Ein sauberer gerader Schnitt – keine Muskeln werden durchtrennt.

Dr. Bopp entfernt jetzt die Gelenkkapsel und lässt sich von OP-Schwes­ter Jaqueline den Meisel reichen. „Manche Hüften sind so eingemauert, dass man sie mit dem Meisel befreien muss“, erklärt der Chefarzt das scheinbar brutale Vorgehen. Im nächsten Operationsschritt sägt er den Schenkelhals ab, nimmt die Kapsel heraus und macht den Gelenkrand frei.

Auch der Anblick der kugelförmigen Fräse ist für den Laien ungewohnt. „Für die Verankerung der Hüftpfanne wollen wir einen sauberen, frischen Knochen haben“, erklärt der Endoprothetik-Spezialist. Die Wunde wird gespült und die Keramikschale eingesetzt. Dann schlägt der Chirurg den zuvor ausgewählten Titanschaft des Hüftgelenkimplantats ins Mark des Oberschenkelknochens. Millimeter für Millimeter. Anschließend überprüft er mithilfe eines Röntgengeräts, dem sogenannten C-Bogen, den richtigen Sitz des Schafts. Die Prothese wird im oberen Schaftanteil verankert. Jetzt fehlt nur noch die Keramikkugel, die Dr. Bopp auf dem Schaft anbringt. Damit hat er die hochwertigste Gleitpaarung gewählt – Keramik auf Keramik. Rund 15 bis 20 Jahre hält das Implantat.

Nach der endgültigen Ausrichtung der Gelenkprothese greift der Chirurg zu Nadel und Faden, um die Wunde zu vernähen. Anschließend wird der Patient „ausgepackt“ und in seinem Bett in den Aufwachraum mit acht Überwachungsplätzen geschoben. Währenddessen wird die nächste Patientin vor dem OP-Saal bereits auf ihre Hüftoperation vorbereitet. Im Saal selbst legt Schwester Jaqueline alle im Laufe der Operation benutzten Instrumente in Kisten. Sie kommen anschließend in die Zent­ralsterilisation im Untergeschoss der Nürtinger Klinik. Auch der OP-Raum wird gesäubert, bevor die nächste Patientin auf den OP-Tisch gehievt wird.

Rund 550 Endoprothesen, also Knie- und Hüftoperationen, pro Jahr werden in der Nürtinger Kreisklinik durchgeführt. Hinzu kommen rund 200 im Kirchheimer Krankenhaus. Seltener sind sogenannte Wechsel­operationen, bei denen alte Knie- beziehungsweise Hüftprothesen durch neue ersetzt werden, wie Chefarzt Dr. Florian Bopp sagt. Bei Osteoporosepatienten zum Beispiel kann der Chirurg nicht auf reine Titanimplantate zurückgreifen. Hier helfen nur noch Stahl und Zement.

60 bis 70 Prozent seiner Operationen finden für den Chefarzt in Nürtingen statt, nämlich montags, mittwochs und freitags, 30 bis 40 Prozent gehen in Kirchheim über die Bühne. Dienstags und donnerstags operiert Dr. Bopp in der Kreisklinik der Teckstadt.