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Wenn Eltern an ihre Grenzen kommenInfo

Psychologische Beratungsstelle bietet Gruppe für Kinder in schwierigen Familiensituationen

Kinder zu starken Persönlichkeiten zu erziehen, ist keine leichte Aufgabe. Insbesondere dann, wenn Eltern aufgrund eigener Probleme die Bedürfnisse des Nachwuchses aus dem Blick verlieren. Betroffene Kinder in schwierigen Familiensituationen zu stärken, darauf zielt ein Angebot der Psychologischen Familien- und Lebensberatungsstelle ab, das im April startet.

Nürtingen. Wenn Eltern an ihre Grenzen kommen, sich selbst nach Trennung oder Erkrankung überfordert fühlen, sind Kinder oft die Leidtragenden. „Wir wollen für die Kinder ein Sprungnetz aufspannen, das ihren Lebenskräften auf die Sprünge hilft“, sagt Alexander Wessel. Der Leiter der Psychologischen Familien- und Lebensberatung Esslingen-Nürtingen der Caritas bietet zusammen mit Diplom-Pädagogin Christina Vogel ab Dienstag, 14. April, eine Kindergruppe für Neun- bis Elfjährige an, in der die Mädchen und Jungen mit ihren Problemen aufgefangen werden.

Um zu verdeutlichen, was sie darunter verstehen, holt Christina Vogel einen Frosch aus Papier aus der Tasche und ein Sprungseil. „Das Seil soll unser Netz darstellen, das die Kinder auffängt und ihre Lebenskräfte mobilisiert. Kinder, die in der Familie Gewalt erfahren oder immer wieder Streitigkeiten zwischen Vater und Mutter miterleben oder zum Spielball bei einer Trennung werden, erleben Gefühle von Ohnmacht und Hilflosigkeit. Dasselbe gilt bei psychischen Erkrankungen eines Elternteils sowie Verlusterfahrungen. „Die Kinder plagen Schuldgefühle und Trennungsängste und Unsicherheit, sie erleben Ausgrenzungen und Stigmatisierung im sozialen Umfeld.“ Häufig, so Alexander Wessel, gebe es niemand, mit dem die Kinder über die belastende Situation reden könnten. „Oftmals gibt es auch ein Rede- und Kommunikationsverbot innerhalb der Familie“, ergänzt Christina Vogel. Belas­tend für Kinder kann auch sein, wenn sie für jüngere Geschwister Verantwortung übernehmen müssen, zur Haushaltsführung mit herangezogen werden oder in Trennungssituationen eine unangemessene Rollenzuweisung als Bündnispartner in elterlichen Auseinandersetzungen erhalten.

Das Gruppenangebot richtet sich an Mädchen und Jungen, die in der Familie durch außergewöhnliche Belastungen in ihrer Entwicklung gefährdet sind. „Die Kindergruppe zielt darauf ab, den Kindern zu zeigen, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind.“ Ergänzend sollen auch Eltern in Gesprächen Unterstützung erhalten.

Wessel und Vogel wollen die Kinder stärken und ihnen Strategien zeigen, um mit den schwierigen Familiensituationen umzugehen. „Sie sollen Bewältigungskompetenzen entwickeln und erweitern, um relativ unbeschadet mit den Folgen herausfordernder und belastender Lebensumstände umgehen zu können“, erklärt Alexander Wessel. Christina Vogel vergleicht die Situation mit einer Lotusblüte: „Das Besondere an den Blättern des Lotus ist, dass sie flüssigkeitsabweisend sind und Wasser abperlt.“ So blieben die Blätter stets sauber und es könnten sich keine Pilze und andere Organismen auf ihnen bilden, die der Pflanze schaden könnten. „Das nennt man Resilienz.“ Übertragen auf die Kinder heiße dies, „wenn es Kindern gelingt, relativ unbeschadet mit den Folgen herausfordernder beziehungsweise belastender Lebensumstände umzugehen und dafür Bewältigungskompetenzen zu entwickeln, spricht man von Resilienz“. In erster Linie, so Alexander Wessel, diene die Gruppe der psychischen Stabilisierung der Kinder. Hier stehe vor allem das Erlernen und Erweitern von Resilienz im Vordergrund. Es sei wichtig, die Schutzfaktoren in den Fokus zu stellen, um die Wirkung mancher Risikofaktoren zu minimieren.

Die Kindergruppe soll Kinder unterstützen, die Selbsthilfepotenziale aktivieren und ihr Selbstwertgefühl stärken. In einem geschützten Rahmen will man ihnen zeigen, dass sie in ihrer vertrackten Situation nicht alleine sind. Sie sollen Freude, Entspannung und Entlastung in der Gruppe erfahren. Außerdem will man ihnen Verhaltensweisen zum Schutz vor Konflikt- und Bedrohungssituationen vermitteln. Die Gruppe trifft sich ab 14. April immer dienstags von 14 bis 16 Uhr, insgesamt zehnmal, im katholischen Gemeindehaus in der Vendelaustraße in Nürtingen.

Anmeldungen nimmt die Psychologische Familien- und Lebensberatung Esslingen-Nürtingen unter der Telefonnummer 0 70 22/2 15 80 entgegen.